KdiH

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39.4.23. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 5518

Bearbeitet von Rainer Leng

KdiH-Band 4/2

Datierung:

Letztes Drittel des 15. Jahrhunderts (nach Unterkircher [1957] S. 107 erste Hälfte 15. Jahrhundert; Wasserzeichen Buchstabe P Piccard IV,3, IX,1285: Frankfurt 1473, 1474 und weitere Buchstaben P, Vor- und Nachsatzblätter Buchstabe K im Kreis Briquet 8263: Augsburg 1566).

Lokalisierung:

Süddeutschland.

Besitzgeschichte:

Auftraggeber und erste Besitzer unbekannt, nach Stummvoll (1968) S. 49 greifbar in einem Inventar der Sammlung Maximilians I. in der Innsbrucker Burg aus dem Jahr 1536, Gottlieb (1900) Nr. 309: noch ain klains [sc. streittbuech] in weiss pergamen gebunden; aus Innsbruck auf Schloß Ambras (1r MS. Ambras. 229 von der Hand Lambecks) und 1665 durch Peter Lambeck nach Wien verbracht.

Inhalt:
1. 1r–6v Kriegstechnischer Bildkatalog ohne Beischriften
2. 7r–82v Konrad Kyeser, ›Bellifortis‹, lateinische Bearbeitung

›Currus belligerus formetur sic ferramentis‹

I. Kodikologische Beschreibung:

Papier 6 + 83 + 8 Blätter (sechs Vor- und neun Nachsatzblätter im 16. Jahrhundert zugebunden, nicht foliiert; ältere Tintenfoliierung beginnend mit dem ersten alten Blatt bis 83 auf dem ersten neuen Nachsatzblatt, darunter ältere Nummerierung der Stücke, teils fehlerhaft oder verbunden), 288 × 205 mm, Bastarda von einer Hand mit Textbeischriften in wechselnden Zeilenzahlen, rubriziert.

II. Bildausstattung:

154 Seiten mit meist einer, teils mehreren aquarellierten Federzeichnungen; die ersten Zeichnungen 1r–6v von einer unbekannten Hand, möglicherweise etwas jünger als die ›Bellifortis‹-Bearbeitung anzusetzten; die folgenden Zeichnungen vermutlich von einer weiteren Hand aus einer unbekannten süddeutschen Werkstatt; möglicherweise schwäbisch, Personendarstellung, Rüstungsdetails und Gesichtszeichnung verweisen aber auch auf das Umfeld Nürnberger Werkstätten mit Ähnlichkeiten zu München, Cgm 582 (siehe Nr. 38.6.1.), olim Donaueschingen, Cod. 862 (Nr. 38.2.3.) und Wien, KK 5012 (Nr. 38.1.5.).

Format und Anordnung:

Teil 1 jeweils ganzseitig von 90 × 185 mm bis seitenfüllend wechselnd im Hoch- oder Querformat ohne Beischriften; Teil 2 ganzseitig von 100 × 175 mm bis seitenfüllend, rahmenlos, unter mehrzeiligen Beischriften.

Bildaufbau und -ausführung:

Im ersten Teil nur in Seitenansicht gezeichnete Geräte (nur 1r Ansatz zur erhöten Perspektive) mit deutlichen perspektivischen Schwächen, einfache Lavierungen in Grau oder Braun; im zweiten Teil kräftige Federvorzeichnungen mit Ansätzen zur perspektivischen Verbesserung der Vorlage (14v), Personen umrißartig, statisch und mit stereotypen Kleidungs-, Rüstungs- und Gesichtszeichnungen; bei längeren Gewändern Faltenwurf meist nur mit Federstrichen angedeutet und flächig (nur selten schattierend) koloriert; Rüstungen meist voll einschließlich Beinschutz, Handschuhen und Kugelhelmen, gelegentlich mit gezaddelten Waffenröcken; Abschattierung durch Federschraffuren nur bei wenigen Geräten und architektonischen Details, sonst überwiegend durch grob schattierende Kolorierung; Kolorierung in kräftigen Farben mit dickem Pinsel meist flächig aufgetragen, gelegentlich abschattiert und den Umrißen folgend; die meisten Kriegsgeräte ohne Hintergrund in einfacher seitlicher Ansicht mit seltenem Ansatz zu überhöhter Perspektive; Kampfszenen und Burgen auf kräftig grünem Grund, oft wie ausgehobene, mit Wellenlinien begrenzte Bodenstücke wirkend (hier Ähnlichkeiten zu Wien, Cod. 2952 [siehe Nr. 39.4.18.]); gelegentlich mit Baumbestand (29r, 32v, 33r); Burgen und Gebäude grobschlächtig gezeichnet, Kolorierung meist rot, grün und braun mit kräftig aufgetragenen senkrechten Pinselstrichen; Tiefe ansatzweise durch Kolorierung wiedergegeben (häufig zugewandte Teile rot, abgewandte braun, schräge Dachflächen grün.

Bildthemen:

1r fußgetriebene Mühle (ähnlich schon bei Taccola) mit Antrieb über Schwengel, Kurbelwelle mit Schwungrad und Zapfenrad, 2r großes Tretrad mit mehreren Rollen zum Antrieb von Loren, 2v–5r Hebezeug und Flaschenzüge, wasserradbetriebene Saug-Druck-Pumpe; 7r–18v Belagerungsgerät, Ebenhöhen, Bliden, 19r–26v Werkzeuge, Tauchergürtel, 27r Zwieback mit lateinischer Anleitung, 27v–36r Belagerung von Burgen, 36v–40v Schuß- und Stichwaffen, 41r–43r Wassertechnik, Aufzug, 43v–44r Küche und Ofen, 44v–48v Wassertechnik und Brücken, 49r Räucherkammer mit nach dem Wind drehendem Kamin, 49v–74r Streitkarren, Bliden, Feuerfässer, Armbrüste und Spanngerät, Steigzeug, Brunnen, Wasserleitungen, 74v–78v Feuer- und Feuerwaffen, 79r–82v Taucher, Stinköfchen, Werkzeug, Keuschheitsgürtel und aufblasbare Matratze; die Vorlagen für den ersten Teil sind nicht präzise auszumachen, einige der einfacheren Züge erinnern an den ›Hussitenkriegsingenieur‹, die Mühlen an ähnliche Abbildungen im späteren Kriegsbuch Ludwigs von Eyb (Erlangen, MS.B 26 [siehe Nr. 38.9.4.]); die ›Bellifortis‹-Bearbeitung hat zweifellos die selben Wurzeln wie die deutlich ältere Bearbeitung in Wien, Cod. 3068 (siehe Nr. 39.4.20.), mit der sie bis auf leichte Änderungen in der Auswahl und Reihenfolge der Abbildungen und bis in Details hinein auch in der zeichnerischen Gestaltung übereinstimmt; hier dürfte eine gemeinsame, wahrscheinlich lateinische Vorlage anzunehmen sein, der Cod. 5518 sehr genau folgte, während Cod. 3068 die Texte verdeutschte; die schon in Cod. 3068 extrahierten und an den Schluß gestellten Planetenbilder sind hier völlig unterdrückt.

Farben:

Grau, Braun, Gelb, Ocker, Rot, Blau, Grün.

Literatur:

Tabulae 4 (1870) S. 147; Unterkircher (1957) S. 107. – Jähns (1889) S. 256; Ambraser Kunst- und Wunderkammer (1965) S. 37, Abb. 17 (8v); Quarg (1967) S. XXX; Schmidtchen/Hils (1985) S. 481; Hall (1979) S. 133; Waldburg (2000) S. 25; Leng (2002) Bd. 2, S. 440.

Abb. 100: 1r. Anonymer Bildkatalog: fußgetriebene Mühle mit Antrieb über Schwengel, Kurbelwelle mit Schwungrad und Zapfenrad.

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Abb. 100.