KdiH

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39.4.20. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 3068

Bearbeitet von Rainer Leng

KdiH-Band 4/2

Datierung:

Um 1430 (Wasserzeichen Krone ähnlich Piccard I, I,313: Bern, Sennheim i. Els. u. a. 1428–1462 und Schlüssel ähnlich Piccard VIII, III,211: Köln u. a. 1433–1436; nach Menhardt 2 [1961] S. 857 um 1440 und 1499).

Lokalisierung:

Elsaß.

Besitzgeschichte:

Auftraggeber und Erstbesitzer nicht bekannt; diverse Namenseintragungen und Federproben sowie Urkundenfragmente (jetzt herausgelöst in der Fragmentensammlung) deuten nach Menhardt 2 (1961) S. 857 auf mögliche Besitzer im Aargau und südlichen Elsaß; in habsburgischem Besitz erstmals greifbar in einem Inventar der Sammlung Maximilians I. in der Innsbrucker Burg aus dem Jahr 1536, Gottlieb (1900) Nr. 307: zwei streittbuecher mit figuren auf papier in rot gepunden das ain hat pucklen, vgl. auch Stummvoll (1968) S. 46; aus Innsbruck auf Schloß Ambras und 1665 durch Peter Lambeck nach Wien verbracht (1r MS. Ambras. 230 von der Hand Lambecks).

Inhalt:
1. 1r–82v Konrad Kyeser, ›Bellifortis‹, deutsche Bearbeitung

›Dieser stritwagen sol nach dieser form mit geschmid geuestnet sin Vnd mit einem schirm als hie gezeichnet stat die daruff stritent die sullent wapen haben als hie gemalet stat‹

2. 83r–92r Planetentexte aus dem ›Bellifortis‹ mit Abbildungen, 81v und 90v lateinisch, sonst deutsch

›Saturnus bin Ich genant der höchst planet gar wol bekant‹

3. 90v–92r Landsknechtslied wider die Schweizer 1499 (Liliencron II, Nr. 209)
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 3 + 94 Blätter (zwei neue Vorsatzblätter und ein neues Nachsatzblatt modern mit Blei foliiert I, II, I*, neuere Bleistiftfoliierung 1–94, zu Fehlern einer älteren Tintenfoliierung und Blattverlusten Menhardt 2 [1961] S. 857), 295 × 215 mm, in den ›Bellifortis‹-Teilen Bastarda von einer Hand mit stark wechselnden Zeilenzahlen in den Beischriften, keine Lombarden, nicht rubriziert; zu den Schreibern der Nachträge und Federproben vgl. Menhardt 2 (1961) S. 857.

Schreibsprache:

alemannisch.

II. Bildausstattung:

174 Seiten mit meist einer, stellenweise mehreren aquarellierten Federzeichnungen von einer geübten, aber flüchtig arbeitenden Hand aus einer unbekannten, vermutlich elsässischen Werkstatt; dazu mehrere nachgetragene Skizzen: 11r fahrbare Schutzwand, 92v Federzeichnung Allianzwappen, 1. und 4. Feld geteilt, im rechten Feld drei aufsteigende Pfeilspitzen, im 2. und 3. Feld gekrönter Adler, zwei einander zugewandte Spangenhelme mit rechts männlicher, links weiblicher Halbfigur mit federbesteckten Kronen, 93r weitere skizzierte kleine Wappen, 93v Skizzen einer Büchse und eines Weidenzauns.

Format und Anordnung:

Zeichnungen überwiegend ganzseitig 170 × 120 mm bis seitenfüllend, rahmenlos unter Beischrift (36r und 56r Beischrift quer am linken Rand) mit häufigen Verweisen (1r als hie gemalet stat etc.); nur 83r–92r ganzseitig mit voran- bzw. auf den gegenüberliegenden Versoseiten stehenden Planetentexten (in der Zeichnung dann nur noch der Name des Planetenbildes), durchgehend rahmenlos.

Bildaufbau und -ausführung:

Feine und bei den technischen Geräten präzise Federzeichnungen mit gelegentlichen Ansätzen perspektivischer Verbesserungen gegenüber den älteren Vorlagen, stereotype Physiognomien, Kleidungs- und Rüstungsdetails mit Schraffuren und Kringelreihen herausgearbeitet, meist einfache Gewänder mit Zaddeln, nur 88r Mercurius mit stärkerem, durch Schraffuren betontem Faltenwurf; zu- und abgewandte architektonische Elemente und Geräteteile durch unterschiedliche Mischungen der Kolorierung schattiert, teils mit fließenden Übergängen; Kolorierung bei den technischen Geräten leichter bis hin zur Lavierung, bei Kampf- und Belagerungsszenen mit kräftigen Farben; Kolorierung durchgehend mit grobem Pinsel ungenau gearbeitet und die Federstriche häufig überschreitend, bei fast allen Zeichnungen kräftiger Rasengrund aus verschiedenen stark aufgetragenen Grün- und Brauntönen mit angedeutetem Pflanzenwuchs.

Bildthemen:

1r–10v Belagerungsgerät, 11r besonders haltbares Brot (Zwieback), 11v–20r Burgenserie, dazwischen 18r Türkisches Zelt mit Beischrift mit der kluͦgheit uberwindent die Turcken den kunig von vngern, 20v–34v Werkzeuge, Tauchgürtel, Steigzeug, Armbrustspanner, Stabschlinge, 35r–40r Badetechnik, Küchen, Räucherkammer mit nach dem Wind drehendem Rauchabzug (37r abgebrochenes Kochrezept, 38r fortgesetzt), 40v–43v Pfeile, Bolzen, Spanngeräte, 44r–77v Brücken, Streitkarren, Feuerwaffen etc. ohne erkennbare Gliederung, 78r–82v Feuertechnik, Stinköfen und sonstige Geräte; abgesehen von den Küchenszenen fast kompletter ›Bellifortis‹ mit wenigen Anklängen an den lateinischen Text; im Laufe der Abschrift fortschreitende Auflösung der Kapitel, die Planetentexte wurden extrahiert und am Schluß gesammelt; bei den Erweiterungen, besonders dem drehbaren Rauchfang, Anklänge an die wohl etwas jüngere Handschrift Karlsruhe, Cod. Durlach 11 (siehe Nr. 39.4.7.), die aber nicht unmittelbare Vorlage gewesen sein kann, sowie olim Donaueschingen, Cod. 860; Bildprogramm und -folge in den ›Bellifortis‹-Partien weitgehend übereinstimmend mit dem späteren Wien, Cod. 5518 (siehe Nr. 39.4.23.).

Farben:

Grün, Braun, Rot, Rosé, Gelb, Ocker, Mischungen.

Literatur:

Tabulae 2 (1868) S. 190; Menhardt 2 (1961) S. 856 f.; Unterkircher (1957) S. 90. – Saxl (1927) S. 116f.; Quarg (1967) S. XXV. XXX; Ambraser Kunst- und Wunderkammer (1965) S. 27, Abb. 16 (28r); Unterkircher (1984) S. 3386, Abb. S. 3406 (42v). S. 3407 (11v/12r). S. 3408 (65v). S. 3409 (74r, 74v); Schmidtchen/Hils (1985) Sp. 481; Leuchtendes Mittelalter (1990) S. 188 f. 238 ff.; Frank Fürbeth: Johannes Hartlieb. Untersuchungen zu Leben und Werk. Tübingen 1992 (Hermaea N. F. 64) S. 42; Natur und Kunst (1995) S. 42–44, Abb. S. 43 (55r); Waldburg (2000) S. 25; Leng (2002) Bd. 2, S. 439.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Taf. XXIIb: 38r. Konrad Kyeser, ›Bellifortis‹ (Bearbeitung): Offene Küche mit einem nach dem Wind drehenden Kamin.

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Taf. XXIIb.