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39.10. Michael Ott von Achterdingen

Bearbeitet von Rainer Leng

KdiH-Band 4/2

Michael Ott von Achterdingen († 1532) zählt zu den an der Wende zur Neuzeit im Kriegsdienst aufgestiegenen adeligen Söldnerführern. Er diente unter den Kaisern Maximilian I., Ferdinand und Karl V. als Oberster Feldzeugmeister und kaiserlicher Rat. 1524/25 zog er in habsburgischem Auftrag gegen Frankreich, 1526 gegen die Türken, 1529 im Dienst des Schwäbischen Bundes gegen Herzog Ulrich von Württemberg. Auch im Bauernkrieg war er aktiv.

Einige Teile seines ›Kriegsregiments‹ treten erstmals in einer anonymen und Ott nur gewidmeten bzw. zur Prüfung vorgelegten Handschrift aus dem Jahr 1530 hervor (Heidelberg, Cod. Pal. germ. 123, nicht illustriert). Die Handschrift besitzt einen charakteristischen Lederkoperteinband mit Rollenstempeln, eine Klappe mit Messingspange und Ösen. Den gleichen Einband sowie denselben, nur um wenige Textbestandteile erweiterten Inhalt hat dann eine Serie weiterer Abschriften von derselben Hand, in denen sich der Schreiber Jacob Preuß nennt. Dieser war Zeugdiener der Artillerie des sächsischen Kurfürsten Johann des Beständigen und stand in enger Beziehung zu Achterdingen. Er stammte aus Ellwangen, kämpfte mit Ott 1529 in Württemberg und war sein Adjutant und Bevollmächtigter in einem Prozeß gegen den Schwäbischen Bund. Das ›Kriegsregiment‹ darf als Gemeinschaftsproduktion von Michael Ott von Achterdingen und Jacob Preuß gelten.

Der Text befaßt sich hauptsächlich mit Fragen der Heeresorganisation. In drei größeren Bestandteilen werden zunächst eine Besatzungsordnung (mit Artikelbrief, Überschlag über die benötigten Personen, Geschützordnung, Besetzung des Kriegsrates, Wachordnung, Aufgabe von Belagerungen Rückzug), dann eine Artillerieordnung (verschiedene Geschützarten, Soldordnung für Artillerieangehörige, Eide und Artikel, Kostenrechnung) und zuletzt eine Fußknechtsordnung (Artikelbriefe, Eide, Sold- und Musterungsordnung) aneinandergereiht.

Einige sämtlich um 1530 von Jacob Preuß geschriebene Abschriften mit identischem Einband und Ausstattung wurden wohl gezielt hochrangigen Empfängern zugestellt. Anhand eingetragener Empfängerwappen oder aufgrund früher Nennungen in fürstlichen Bücherverzeichnissen sind für Darmstadt, Hs 3098 die Grafen von Solms-Münzenberg (siehe Nr. 39.10.4.), für Frankfurt, Ms. germ. qu. 16 die Stadt Frankfurt (siehe Nr. 39.10.6.), für Kassel, 2o Ms. math. 18 die Grafen von Wertheim (siehe Nr. 39.10.7.) und für Weimar, Fol 352 Anton Fugger (siehe Nr. 39.10.8.) zu belegen. In dieselbe Serie gehört auch die Handschrift Dresden, Mscr. C 94b (siehe Nr. 39.10.5.), die mit einigen Erweiterungen versehen wurde. Ein Nachweis in den frühen sächsischen Bücherverzeichnissen gelingt hier allerdings nicht.

Abgesehen von den nicht präzise einzuordnenden verschollenen Exemplaren der Berliner Zeughausbibliothek (Nr. 39.10.1.Nr. 39.10.2.) sind noch einige spätere und nicht mehr von Jacob Preuß herrührende illustrierte Abschriften zu verzeichnen. Die besonders aufwendige Pergamenthandschrift Berlin, Ms. germ. fol. 5 aus den Jahren 1541/1542 (siehe Nr. 39.10.3.) diente vermutlich als Geschenk Kaiser Karls V. (1520–1556) an Kurfürst Joachim II. von Brandenburg (1535–1571). An nicht illustrierten Abschriften sind neben der ältesten Textfassung in Heidelberg, Cod. Pal. germ 123, zu nennen:

Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. fol. 6

Gotha, Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt-Gotha, Chart. A 563

Trier, Stadtbibliothek, Hs. 1951/1413 4o

Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 10940

Das ›Kriegsregiment‹ ging mit zahlreichen weiteren Ordnungen auch in eine 1572 entstandene ›Kriegslehre‹ des Soldaten, Abenteurers, Waffen- und Naturaliensammlers, Druckers, Apothekerarztes und Hofalchimisten Leonhard Thurneiser (1530–1596) ein (Berlin, Staatsbibliothek, Ms. germ. fol. 98).

Die illustrierten Fassungen des ›Kriegsregiments‹ verfügen in der Regel über ein relativ konstantes Bildprogramm von meist fünf ganzseitigen Illustrationen, die aus Empfängerwappen, Darstellungen der höheren Heeresämter (Feldhauptmann und Feldmarschall, Oberster Feldzeugmeister, Oberster der Fußknechte) sowie dem Wappen des Schreibers bzw. Mitverfassers Jacob Preuß bestehen. Bei den Handschriften der ersten Serie Darmstadt, Hs 3098 (siehe Nr. 39.10.4.), Dresden, Mscr. C 94b (siehe Nr. 39.10.5.) und Weimar, Fol 352 (siehe Nr. 39.10.8.) dürfte Jacob Preuß selbst die verhältnismäßig einfache Illustration aus aquarellierten Federzeichnungen der Wappen bzw. Personendarstellungen mit Attributen übernommen haben. Für Frankfurt, Ms. germ. qu. 16 (Nr. 39.10.6.) und Kassel, 2o Ms. math. 18 (Nr. 39.10.7.) nimmt Schilling (1929) S. 235 eine Arbeit aus dem Umkreis von Hans Sebald Beham an. Für die aufwendiger gestaltete Handschrift Berlin, Ms. germ. fol. 5 (Nr. 39.10.3.) mit Farbinitialen, Rankenwerk, Akanthusblättern und Deckfarbenmalereien wurden Hans Döring oder Sebastian Heidegger als Illustratoren vermutet.

In den Druck gelangte das ›Kriegsregiment‹ mit dem Verfassernamen Ott unter dem Titel Kriegs ordnung neu gemacht in mehreren Auflagen ab 1530: Augsburg, Silvan Otmar um 1530 (VD16 O 1451); Leipzig, Michael Blum 1534 (VD16 O 1452, mit Holzschnitten); Simmern, Hieronymus Rodler um 1534 (VD16 O 1453, mit Holzschnitten); Augsburg, Alexander Weißenhorn um 1535 (VD16 O 1454). Da auch unter dem Namen Jacob Preuß mehrere Drucke aus dem Bereich der Kriegsordnungen und der Artillerie verzeichnet sind (Ordnung / Namen / vnd Regiment Alles Kriegs volcks, Straßburg, Christian Egenolph 1530, VD16 P 4772; derselbe Text im Anhang zu: Von Gschoß / Büchsen / Pulver / Salpeter vnd Feuerwerck, Frankfurt, Christian Egenolph 1534, VD16 B 9130) könnte Jacob Preuß die Drucklegung des ›Kriegsregiments‹ vermittelt haben. Die Drucke unter seinem Namen sind mit dem ›Kriegsregiment‹ jedoch nicht verwandt.

Literatur zu den Illustrationen:

Max Jähns: Geschichte der Kriegswissenschaften vornehmlich in Deutschland. Bd. 1. München und Leipzig 1889, S. 481–490; Rainer Leng: Ars belli. Deutsche taktische und kriegstechnische Bilderhandschriften und Traktate im 15. und 16. Jahrhundert. Bd. 1: Entstehung und Entwicklung. Wiesbaden 2002 (Imagines medii aevi 12), S. 295–301.