KdiH

KdiH

_ (der Unterstrich) ist Platzhalter für genau ein Zeichen.
% (das Prozentzeichen) ist Platzhalter für kein, ein oder mehr als ein Zeichen.

Ganz am Anfang und ganz am Ende der Sucheingabe sind die Platzhalterzeichen überflüssig.

ß · © ª º « » × æ œ Ç ç č š Ł ł ́ ̀ ̃ ̈ ̄ ̊ ̇ ̋ ͣ ͤ ͥ ͦ ͧ ͮ Α Β Γ Δ Ε Ζ Η Θ Ι Κ Λ Μ Ν Ξ Ο Π Ρ Σ Τ Υ Φ Χ Ψ Ω α β γ δ ε ζ η θ ι κ λ μ ν ξ ο π ρ σ ς τ υ φ χ ψ ω ͅ ̕ ̔

100. Pilgerbücher

Bearbeitet von Pia Rudolph und Nicola Zotz

KdiH-Band 10

Diese Stoffgruppe umfasst deutschsprachige Texte, die eine Pilgerfahrt nach Jerusalem oder Rom beschreiben und mit Illustrationen versehen sind. Sie sind sämtlich in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts entstanden. Abgefasst sind sie häufig in Berichtsform, wobei sie anleitenden Charakter haben können.

Die Berichte der Pilgerfahrten nach Jerusalem sind standardisiert aufgebaut (zum Ablauf der Reise und zur Route siehe Reichert/Denke [2015] S. 8–27). Wichtig sind stets die Schilderungen von zentralen Pilgerstätten, und auch die Reise an den Zielort oder von einer Stätte zur anderen kann Thema sein. Dennoch ist es nicht möglich, eine für alle Texte gültige Beschreibung des Genres zu erstellen (Bremer [1992]; Überlegungen zur Gattungsfrage und eine ausführliche Bibliografie finden sich außerdem bei Bremer/Röhl [2007]).

Die Reihenfolge der Untergruppen orientiert sich an der Entstehungszeit der Texte, wobei zunächst die sieben Jerusalem-Pilgerberichte berücksichtigt sind und am Ende die ›Mirabilia Romae vel potius Historia et descriptio urbis Romae‹, deutsch (Untergruppe 100.8.), der einzige Rompilgerführer.

Viele der Handschriften blieben, besonders wenn ihr Berichtscharakter im Vordergrund stand, an ihren Verfasser rückgebunden und befanden sich über Generationen im Familienbesitz (z. B. Untergruppe 100.5., 100.7.). Dem stehen Anleitungen für Pilgerreisen gegenüber, die sich an ein größeres Publikum richten und für die Vorbereitung der Reise gedacht waren; sie können in mehreren Handschriften überliefert sein. Besonders ausgeprägt ist dieser Zug bei den ›Mirabilia Romae‹, die eine bedeutende Drucktradition aufweisen.

Innerhalb der sehr breiten handschriftlichen Überlieferung ist eine Ausstattung mit Illustrationen eher die Ausnahme. Von den zwölf erhaltenen bebilderten (oder im Fall von Nr. 100.5.1. zur Bebilderung vorgesehenen) Handschriften mit Pilgerbüchern enthält ein Großteil architektonische Darstellungen (von einzelnen Bauwerken bis hin zu Stadtansichten; allgemein zur Darstellung von Architektur des Heiligen Lands siehe Moore [2017]). Dabei sind nicht nur die heiligen Stätten, wie die Grabeskirche (Untergruppe 100.1., 100.2., 100.3. und 100.6.), eingefangen, sondern es gibt auch Abbildungen von unterwegs besuchten Städten, etwa Venedig (Nr. 100.3.1., Nr. 100.6.1., Nr. 100.6.2. und Nr. 100.7.1.). Auch der Rom-Pilgerführer (Untergruppe 100.8.) legt neben der Darstellung des Schweißtuchs der Veronika, also der zentralen römischen Reliquie, einen Schwerpunkt auf Bilder der heiligen Stätten (Kirchen, in denen Ablass zu bekommen war). Die einzige Ausnahme von dieser Tradition sind die Illustrationen zu Georgs von Ehingen Pilger- und Reisebericht, die keine Bauwerke, dafür aber alle dort genannten Herrscher zeigen (Nr. 100.4.1.).

Auf manchen der Bilder sind Figuren in die architektonischen Darstellungen eingefügt. Dies kann biblisches Personal sein, was zu einer Charakterisierung der Orte beitragen kann (Nr. 100.3.1.), oder auch fremde Völker, was den Pilgerbericht in die Nähe eines Reiseberichts rückt (Nr. 100.6.1.; zum Reisebericht siehe unten und künftig Stoffgruppe 107.). Auch die Darstellung des Pilgers selbst kann seine Rolle als Reisender hervorheben, so bei Nr. 100.7.1.; demgegenüber erinnert die Art, wie der betende und mit seinem Wappen gekennzeichnete Jörg Mülich vor der Heilig-Grab-Kapelle kniet (Nr. 100.2.1.), eher an Stifterbildnisse.

Innerhalb dieser Stoffgruppe werden nur illustrierte Beschreibungen berücksichtigt, deren zentraler Aspekt die Pilgerfahrt ist. Die Grenzen zum Reisebericht sind dabei fließend (siehe künftig Stoffgruppe 107.). Aufgrund der fehlenden Gattungsumrisse klassifiziert Ridder sogar jegliche Form der Distanzerfahrung als Reiseliteratur: »sowohl räumliche, zeitliche wie auch religiös-spirituelle (beispielsweise die sogenannten Jenseitsreisen und -visionen)« (Ridder [1991] S. 4, mit zahlreichen Literaturhinweisen; zur Jenseitsvision siehe Stoffgruppe 62a.; zur spirituellen Pilgerfahrt siehe Rudy [2011] und die Einleitung zu Untergruppe 100.8.). Bei der Abgrenzung von Pilger- und Reisebuch im KdiH war die Berücksichtigung der jeweiligen Ikonografie hilfreich. Während im Pilgerbericht die Darstellung der heiligen Stätte im Vordergrund steht, bilden die Texte zur Reise andere Bildtraditionen aus. So finden sich in den eigentlichen ›Mirabilia Romae‹ (Nr. 107.2.) Sehenswürdigkeiten der Stadt Rom, unabhängig davon, ob sie dem Reisenden Ablass bringen, und in Nr. 107.3. wurden die diplomatischen Begegnungen von Sebastian Ilsung auf seiner Reise nach Santiago de Compostela ins Bild gesetzt. In den Handschriften, die Übersetzungen von Jean de Mandevilles Reisebericht aus der Mitte des 14. Jahrhunderts überliefern (Nr. 107.1.), sind vor allem die Stationen der Reise illustriert, die jenseits von Jerusalem in China, Indien und Afrika liegen. Das äußerst erfolgreiche Werk (mit einer breiten Drucküberlieferung) verbindet enzyklopädisches Wissen mit dem Genre des ritterlichen Abenteuerromans (Ridder [1991] S. 10f.).

Da Drucke, die keine handschriftliche Texttradition aufweisen, im Katalog nicht berücksichtigt werden, ist der berühmte Reisebericht von Bernhard von Breydenbach nicht aufgenommen. Er wurde vom Autor von Anfang an als Druckwerk auf Latein (Mainz: Erhard Reuwich, 11.2.1486; GW 5075) und Deutsch (ebd., 21.6.1486; GW 5077) konzipiert und mit Holzschnitten von Erhard Reuwich ausgestattet, der den Mainzer Domdekan auf seiner Fahrt begleitete (vgl. Timm [2006] mit grundlegendem Überblick zum bebilderten Pilgerbericht, zur Reise ins Heilige Land und zu handschriftlichen Quellen). Rezeptionsspuren des Werks finden sich in Grünembergs Pilgerbericht (Nr. 100.6.).

Für umfangreiche Vorarbeiten zur Stoffgruppe danken wir Ulrike Bausewein.

Editionen:

Siehe die jeweiligen Untergruppen-Einleitungen.

Literatur zu den Illustrationen:

Betschart (1996). Siehe auch die jeweiligen Untergruppen.

Siehe auch:
  • Nr. 62a. Jenseitsvisionen
  • Nr. 107. Reisebücher