100.6.1. Gotha, Forschungsbibliothek, Chart. A 541
Bearbeitet von Pia Rudolph
KdiH-Band 10
Um 1490 (Wasserzeichen).
Bodenseegebiet (wohl Konstanz).
Auftraggeber der Handschrift war Konrad Grünemberg (sein Wappen auf 96r). Wenige Federproben und Nachträge aus dem 16. Jahrhundert (vgl.
Papier, 103 Blätter (nach Bl. 52 und 90 jeweils ein Blatt ohne Textverlust ausgeschnitten, hinzugefügt wurden Bl. 20, 45, 57 mit Teilen von Bild 9, 24, 31; vgl.
schwäbisch-südalemannisches Übergangsgebiet.
48 kolorierte Federzeichnungen, darunter auch das Wappen (96r), hinzu kommen sechs Alphabete verschiedener Sprachen. Eine Werkstatt (die auch Nr. 100.6.2. bebildert hat, die als Vorlage diente).
Die Bilder variieren in der Größe, nur wenige Illustrationen sind halb- (23r, 30v, 71r) oder ganzseitig (30r, 40r, 47v, 51r, 53r, 69r, 84r, 85r, 96r). Die meisten Abbildungen erstrecken sich über eine Doppelseite hinweg, v. a. die zahlreichen Stadtansichten, aber auch das Schiff der Reisegesellschaft (10v–11r) oder die fremden Tiere (34v–35r). Gegenüber Nr. 100.6.2. sind kleinere Illustrationen eingefügt worden, die eine Spalte breit und nur wenige Zeilen hoch sind und die spezifische Details (31r Olivenzweig, 39v eine zerfallene steinerne Brücke, 71r Heiliges Grab) oder fremde Völker zeigen. Die Bilder sind so in den Text eingefügt, dass man beim Lesen die Begebenheiten der Reise direkt nachvollziehen kann. Außerdem sind die Stadtansichten meist mit Inschriften versehen, die wichtige Orte innerhalb der Stadt kennzeichnen. Zusätzlich sind die Städte durch ihre jeweiligen Wappen identifiziert, die über den Orten schweben.
Die Gebäude und Städte sind von oben zu sehen, wobei der Betrachter einen erhöhten Standpunkt außerhalb der Stadtmauer einnimmt. Durch die hohen Horizontlinien wirken die Städte aufgeklappt. Man blickt auf eine weite Landschaft, die nach hinten verblaut wird. Dabei deuten insbesondere blaue Punkte Baumreihen in der Ferne an. Diese Art der Raumdarstellung findet sich ebenso in Nr. 100.6.2. wieder. Auch die Farbpalette ist ähnlich, wobei in Gotha stärkere Umrisslinien auffallen.
siehe
Auch in dieser Handschrift ist wie bei Nr. 100.6.2. vereinzelt das Interesse an Ruinen zu erkennen. Auf 39v wird eine zerfallene steinerne Brücke bei Constantina zusätzlich zur Stadtansicht herausgegriffen und dargestellt. Allerdings sind hier sämtliche Orte und Gebäude in einem weniger zerfallenen Zustand abgebildet und vor allem mit ihren Bewohnern gezeigt, so dass sich eher ein Interesse an fremden Sitten, Völkern und Tieren offenbart, das auch im Text wiederzufinden ist (siehe Einleitung zur Untergruppe 100.6.).
Rot-, Blau-, Grün-, Grau- und Brauntöne; daneben kräftige rote und wenig gelbe Akzente.
Abb. 7: 53r. Moschee mit Reinigungsbrunnen bei Ramla.