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100.6. Konrad Grünemberg,
›Bericht über die Pilgerfahrt ins Heilige Land 1486‹

Bearbeitet von Pia Rudolph

KdiH-Band 10

Die beiden Handschriften, die den Pilgerbericht des Konstanzer Patriziers Konrad III. Grünemberg überliefern, sind von derselben Hand geschrieben und ähnlich gestaltet. Beide entstanden wohl in Konstanz um 1490, also mehrere Jahre nach Grünembergs Reise ins Heilige Land von April bis November oder Dezember 1486 (Denke [2011] S. 120–129; Reichert/Denke [2015] S. 28–43). Vom gleichen Schreiber stammt auch Grünembergs ›Wappenbuch‹ (Berlin, Geheimes Staatsarchiv – Preußischer Kulturbesitz, VIII. HA, II 21), das in enger Zusammenarbeit mit dem Autor ausgeführt wurde (Bilderwelten [2016] S. 66 [Karl-Georg Pfändtner]). Auch die Pilgerbücher müssen in enger Kooperation von Autor, Schreiber und Illustratoren erarbeitet worden sein. Die Darstellungen darin gleichen sich in der Gestaltung der Landschaft, der Ausführung der Stadtansichten und der Farbigkeit so stark, dass man davon ausgehen kann, dass sie in derselben Werkstatt entstanden sind (siehe Nr. 100.6.1.). Da der Karlsruher Codex (Nr. 100.6.2.) weniger Bilder beinhaltet, ist dieser wohl etwas früher zu datieren und diente vermutlich als Vorlage für Gotha (Nr. 100.6.1.).

Für die Gothaer Handschrift wurden einige Holzschnitte aus dem gedruckten Reisebericht Bernhards von Breydenbach abgezeichnet (Mainz: Erhard Reuwich, 11.2.1486; GW 5075). Hierbei ist auffällig, dass an manchen Stellen die Abbildungen der Vorlage (der Karlsruher Handschrift) durch Darstellungen aus Breydenbachs Druck ersetzt wurden. Zum Beispiel wurde die Frontansicht des Markusdoms in Venedig (Karlsruhe 5r) nicht in das Bildprogramm der Gothaer Handschrift aufgenommen und dafür ein Teil der Venedigansicht aus dem Druck kopiert (7v–8r). Offenbar sollten die Illustrationen aus dem gedruckten Reisebericht Bernhards von Breydenbach und aus den Handschriften sich gegenseitig ergänzen und die Perspektive für den Betrachter erweitern.

Breydenbachs Illustrationen werden zudem zur Folie, gegen die sich Grünembergs Abbildungen absetzen. Die Grabädikula wird beispielsweise bei Grünemberg von südöstlicher Ansicht gezeigt (Gotha 71r; Karlsruhe 45v) und im Druck von Nordosten (Timm [2006] S. 191, Abb. 77). Dass der Pilgerbericht von Grünemberg zu Erweiterungen des bisher Bekannten tendiert, ist auch für den Text beobachtet worden, der über die bislang gewohnten Beschreibungen der besuchten Orte und ihrer Bewohner hinausgeht (Welterfahrung und Innovation [2015] S. 12).

Trotz der großen Ähnlichkeit in der Ausführung der Abbildungen sind die Handschriften anhand ihrer Bildinhalte zu unterscheiden. In Karlsruhe sind praktisch keine Figuren in den Illustrationen zu finden, hier legte der Auftraggeber großen Wert auf die Darstellung der in Ruinen liegenden Orte. Dagegen nehmen in Gotha die fremden Völker und ihre Gebräuche viel Raum ein.

Es ist häufig zu lesen, dass es sich bei den Handschriften um Autografe handelt, was mittlerweile widerlegt wurde (Eisermann [2022] S. 108), da jeweils fehlerhafte Datierungen der Reise vorkommen (Gotha 10r, 95v; Karlsruhe 50v; siehe auch Denke [2011] S. 94). Außerdem soll die Karlsruher Handschrift (Nr. 100.6.2.) ein privates Exemplar darstellen, das von Grünemberg eigenhändig illustriert worden sei, und der Codex in Gotha (Nr. 100.6.1.) ein »überarbeitetes Prachtexemplar« oder ein »Widmungsexemplar« für einen Gönner mit Ergänzungen für nachfolgende Pilger und aufwendigeren Abbildungen (Denke [2011] S. 59f.). Auch diese These ist zweifelhaft, da die Illustrationen stilistisch einer Werkstatt zuzuordnen sind. Die Annahme, dass Grünemberg die Illustrationen in Karlsruhe allein und in Gotha zum Teil angefertigt habe, geht auf diese Aussage zurück: Vnd wie das sicht vff dis stund han ich och abgezaichnet (82r, nur in Gotha überliefert). Zwar weisen die Karlsruher Darstellungen tatsächlich einen eigenständigeren Charakter auf, die technisch komplizierte Abbildung von Gebäuden, Schiffen und Städten setzt jedoch einen professionellen Illustrator voraus. Typische Wendungen wie vnd sicht der tempel also (Karlsruhe 30v) oder also da gezaichnet stat (Karlsruhe 33v) bedeuten nicht zwangsläufig, dass die Bilder von Grünemberg stammen. Vielmehr sollen seine Augenzeugenschaft und exakten Beobachtungen betont werden.

Von Nr. 100.6.2. existiert eine Abschrift mit Bildlücken aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts: Aarau, Aargauer Kantonsbibliothek, MsWettF 33, 119r–178v. Eine Zusammenfassung des Pilgerberichts ist in einer Handschrift von 1592 überliefert: Luzern, Zentral- und Hochschulbibliothek, Ms. 254 4o, 90r–94v.

Editionen:

Goldfriedrich/Fränzel (1912); Denke (2011) S. 275–482. Übersetzung: Reichert/Denke (2015) S. 77–124.

Literatur zu den Illustrationen:

Lehmann-Haupt (1929a); Michels (1986); Betschart (1996) S. 300–309; Timm (2006) S. 191–193 u. ö.; Denke (2011) S. 222–268; Reichert/Denke (2015) S. 44–76.