100.6. Konrad Grünemberg,
›Bericht über die Pilgerfahrt ins Heilige Land 1486‹
Bearbeitet von Pia Rudolph
KdiH-Band 10
Die beiden Handschriften, die den Pilgerbericht des Konstanzer Patriziers Konrad III. Grünemberg überliefern, sind von derselben Hand geschrieben und ähnlich gestaltet. Beide entstanden wohl in Konstanz um 1490, also mehrere Jahre nach Grünembergs Reise ins Heilige Land von April bis November oder Dezember 1486 (
Für die Gothaer Handschrift wurden einige Holzschnitte aus dem gedruckten Reisebericht Bernhards von Breydenbach abgezeichnet (Mainz: Erhard Reuwich, 11.2.1486; GW 5075). Hierbei ist auffällig, dass an manchen Stellen die Abbildungen der Vorlage (der Karlsruher Handschrift) durch Darstellungen aus Breydenbachs Druck ersetzt wurden. Zum Beispiel wurde die Frontansicht des Markusdoms in Venedig (Karlsruhe 5r) nicht in das Bildprogramm der Gothaer Handschrift aufgenommen und dafür ein Teil der Venedigansicht aus dem Druck kopiert (7v–8r). Offenbar sollten die Illustrationen aus dem gedruckten Reisebericht Bernhards von Breydenbach und aus den Handschriften sich gegenseitig ergänzen und die Perspektive für den Betrachter erweitern.
Breydenbachs Illustrationen werden zudem zur Folie, gegen die sich Grünembergs Abbildungen absetzen. Die Grabädikula wird beispielsweise bei Grünemberg von südöstlicher Ansicht gezeigt (Gotha 71r; Karlsruhe 45v) und im Druck von Nordosten (
Trotz der großen Ähnlichkeit in der Ausführung der Abbildungen sind die Handschriften anhand ihrer Bildinhalte zu unterscheiden. In Karlsruhe sind praktisch keine Figuren in den Illustrationen zu finden, hier legte der Auftraggeber großen Wert auf die Darstellung der in Ruinen liegenden Orte. Dagegen nehmen in Gotha die fremden Völker und ihre Gebräuche viel Raum ein.
Es ist häufig zu lesen, dass es sich bei den Handschriften um Autografe handelt, was mittlerweile widerlegt wurde (
Von Nr. 100.6.2. existiert eine Abschrift mit Bildlücken aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts: Aarau, Aargauer Kantonsbibliothek, MsWettF 33, 119r–178v. Eine Zusammenfassung des Pilgerberichts ist in einer Handschrift von 1592 überliefert: Luzern, Zentral- und Hochschulbibliothek, Ms. 254 4o, 90r–94v.