KdiH

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9.1.12. München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 3974

Bearbeitet von Gisela Fischer-Heetfeld

KdiH-Band 1

Datierung:

Mitte 15. Jahrhundert (1446–1466).

Lokalisierung:

Bayern.

Besitzgeschichte:

Aus dem Benediktinerkloster St. Emmeram in Regensburg.

Inhalt: Sammelhandschrift, lateinisch und deutsch. Darin u. a. ›Speculum humanae salvationis‹ (1ra–51rb); Franz von Retz, ›Defensorium inviolatae virginitatis beatae Mariae‹, lateinisch und deutsch (92r–113v); Ulrich Boner, ›Edelstein‹ (124r–213r); ›Dialogus Salomonis et Marcolfi‹, deutsche und lateinische Fassung (209vb–212vb, 213va–215v); ›Biblia pauperum‹, lateinisch und deutsch (250ra–270vb);
53v–59v Kompilation von Vergänglichkeitsdichtungen, deutsch mit lateinischen Kapitelüberschriften, deutschen Beischriften und lateinischen Zusätzen
Dy werlt wirt vns wezaichnet hye ... (53v–54r), Von erst so sprichet der ewig got ... (54r–54v), Lebendig waz ich lieb vnd werd ... (55r), (drei Bildseiten ohne Text, nur lateinische Beischriften, [56r–57r]), ›Die drei Lebenden und die drei Toten Sey wir ez hewt, so seyt ir es morgen‹ (59v)
Abdruck: Cosacchi (1965) S. 476–491 passim.
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 321 Blätter, 295 × 210 mm, Bastarda, zehn nach Wasserzeichen und Entstehungszeit unterschiedliche Faszikel, davon aber nur zwei (92–113; 124–167) von anderer Hand (Hinweis Karin Schneider), wechselnde Spalten- und Zeilenzahl, rote Initialen, Überschriften, Unterstreichungen, Strichelung. Mundart der deutschen Texte: bairisch.

II. Bildausstattung:

Zahlreiche kolorierte Federzeichnungen aus verschiedenen Werkstätten zu den meisten der lateinischen und deutschen Texte; elf Bilder oder Bildgruppen zu der Memento-mori-Kompilation (53v, 54r [2], 54v [2], 55r, 56r, 56v, 57r, 59v [2]), ein Zeichner (oder zwei nahe verwandte Hände); nach Ziegler (s. u.) ist der Zeichner von 56r nicht Martinus Opifex, aber von ihm beeinflußt (anders Suckale, s. u.).

Format und Anordnung:

53v ganzseitig (ca. 225 × 155 mm), ungerahmt, von späteren Nachträgen umgeben, der zugehörige Text oben auf der nächsten Seite; 54r drei, 54v vier gerahmte Bildfelder übereinander am linken und rechten Rand der Seite, der Text dazwischen; 55r ein ungerahmtes Bild oben auf der Seite über den beiden Textspalten; [56r–57r drei ganzseitige Bild-Ensembles ohne Text, nur lateinische Beischriften]; 59v links und rechts jeweils übereinander drei Figuren mit Spruchbändern, keine Rahmung.

Bildaufbau und -ausführung, Bildthemen:

53v Oben im Bildfeld die blau gewandete Frau Welt mit Krone und Zepter, im zweirädrigen, von vier Löwen gezogenen Wagen durch die Luft fahrend, auf der Linken einen radschlagenden Pfau, mit der Rechten aus einem Beutel ihre Gaben ungleich verteilend: links regnen die Goldstücke auf eine Gruppe von drei Menschen, während rechts drei zerlumpte Arme leer ausgehen. – 54rv In den Feldern untereinander links als Halbfigur Christus im Wolkenband, Teufel im Flammenkranz, Engel, Sonne und Mond, Beichtvater und (über zwei Felder) groß der Tod als Jäger mit Pfeil und Bogen, in der rechten Bildleiste der Mensch, jugendlich und in modischer Zeittracht (Zaddelärmel), sechsmal unterschiedlich dargestellt. – 55r Im Grab, das als schwarze Grube aus brauner Erde ausgehoben ist, liegt der nackte Tote, ein Leichentuch um Lenden und Beine geschlungen. – [56r.56v.57r Im großen Mittelfeld jeweils der noch nicht skelettierte Tote mit gerafftem Leichentuch, in felsiger Landschaft vor dem offenen Grab stehend, oben und unten exemplarische Szenen aus dem menschlichen Leben]. – 59v Auf grünem Bodenstück stehend links die toten, rechts die lebenden Könige mit Krone und Zepter unter dekorativ sich schlingenden Spruchbändern mit den Tituli.

Auch in diesem Teil der Handschrift haben anscheinend mehrere Hände mitgearbeitet. Eng zusammen gehören das Bild der Welt und die drei ganzseitigen Totenbilder aus dem Umkreis des Martinus Opifex; sie sind von höherer Qualität als die übrigen Bilder und zeichnen sich durch die feine, malerische Behandlung von Figuren und Landschaft und die leicht zittrig geführten Umrißlinien aus. Im Stil verwandt, aber weniger qualitätsvoll sind die andern Zeichnungen der Kompilation mit Ausnahme der Bildleisten 54r + 54v, deren feste Federführung und holzschnittartige Manier wie auch die Art der Rahmung die Kopie nach einem Holzschnitt anzeigt. Die Vorlage war ein Einblattdruck, von dem ein zerschnittenes Exemplar in die Augsburger Handschrift 4o Cod. H. 27 eingeklebt ist, vgl. Nr. 9.1.1.

Farben:

Blau, Grün, Rot, Violett, Ocker, Grau, Schwarz.

Literatur:

Schmeller (1866) S. 410f.; Klaus Grubmüller: Elemente einer literarischen Gebrauchssituation. Zur Rezeption der aesopischen Fabel im 15. Jahrhundert. In: Würzburger Prosastudien II. Untersuchungen zur Literatur und Sprache des Mittelalters. München 1975, S. 140–142. – Künstle (1908) S. 45, Taf. IIIb (59v); Storck (1910) S. 26f.; Kozáky 2 (1944) S. VIf., Taf. VII (54r.54v.55r). VIII (56r.56v.57r). IX (59v); Rudolf (1957) S. 35f., Taf. 3 (55r). 5 (59v); Rotzler (1958) Sp. 520. 522 Abb. 6 (59v); Rotzler (1961) S. 208f., Abb. 28 (59v); Cosacchi (1965) S. 475–492, Taf. VII (54r.54v.55r). VIII (56r.56v.57r). IX (58r.59v); Stammler (1967) Sp. 848f.; Kiepe (1984) S. 237–241, Abb. 31 (58r). 32 (54r); Robert Suckale in: Regensburger Buchmalerei (1987) Nr. 97, Taf. 71 (56r); Charlotte Ziegler: Martinus Opifex. Wien 1988, S. 58, 69f.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 143: 53v. Frau Welt, begleitet von einem Pfau, fährt in einem von vier Löwen gezogenen Wagen und verteilt ihre Gaben ungleich an Arme und Reiche.

Abb. 144: 54v. Sonne und Mond, Beichtvater, der Tod als Jäger, gegenüber drei jungendliche Menschen.

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Abb. 143.
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Abb. 144.