KdiH

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87.2.15. Paris, Bibliothèque nationale de France, ms. allem. 124

Bearbeitet von Pia Rudolph und Kristina Freienhagen-Baumgardt

KdiH-Band 9

Datierung:

Mitte 15. Jahrhundert.

Besitzgeschichte:

Die Handschrift war wohl im Besitz des Straßburger Altphilologen Jeremias Jacob Oberlin (Oberlin 1r). Wüst (1905, S. 2f.) verweist auf ein einliegendes Papierblatt (heute anscheinend verloren, nicht digitalisiert), auf dem die hl. Ottilie erwähnt wird, und vermutet als Provenienz der Handschrift das im Elsass befindliche Kloster Odilienberg. Die ostmitteldeutsche Schreibart spricht allerdings gegen diese Annahme. Weiteres ist nicht zu der Handschrift bekannt.

Inhalt:
1. 1r–2r Gebete, lateinisch
Intemerata et jn eternum benedicta...O bone Jesu, exaudi me Et ne permittas me separari a te ab hoste maligno defende me in hora mortis voca me et pone me iuxta te vt cum angelis et sanctis tuis laudem te dominum salvatorem meum in saecula seculorum amen
2. 3r–18r Kalender
tabellarisch, astronomische Berechnungen
3. 18v–66r Gebete, deutsch
Item wen du wilt mesßenn horen ßo sprich mit andacht vor das gebethe...erbarme dich lieber herre obir mich vnd obir alle dy heilige cristenheit lebingin vnd toden hewte vnd vmer sey ich geseynet mit dem seyne do mit sancta maria geseynet wart do sy den heiligin geyst enphingk vnd gebar Amen
4. 66r–145v Papst Johannes XXII., ›Cursus Mariae‹, deutsch
5. 146v–193r Astrologisch-medizinische Traktate, deutsch
Aderlass, Mondkalender, goldene Zahl, astronomische Tabellen zum Zeitraum 1455–1462
I. Kodikologische Beschreibung:

Pergament, 193 Blätter (ein Blatt herausgeschnitten nach Bl. 2), 115 × 80 mm, Textura, zahlreiche Hände, einspaltig, 17 Zeilen, Initialen rubriziert, teilweise unausgeführt.

Schreibsprache:

ostmitteldeutsch.

II. Bildausstattung:

Elf kolorierte Federzeichnungen (15r, 146v, 159v, 162v, 164r, 164v, 168r, 170r, 179v, 180r, 193v), sechs anspruchsvoll gestaltete Rundbilder und Mondzeichnungen (179v, 180v, 182v, 183r, 188v, 189r). Ein Maler. Ein eingeklebter kolorierter Holzschnitt (Innendeckel) von einem zweiten Maler.

Format und Anordnung:

Die Illustrationen sind meist ganzseitig (Ausnahme 182v halbseitig unter dem Text; 188v, 189r längs neben der Tabelle), teilweise beschnitten, in den Text eingebettet.

Bildaufbau und -ausführung:

Der Holzschnitt ist sorgfältig geschnitten, wenig Schraffuren, die Kolorierung ist dagegen grob und unsauber ausgeführt. Er ist nicht von gleicher Hand wie die Federzeichnungen, aber etwa zeitgleich entstanden (Mitte 15. Jahrhundert).

Die Federzeichnungen sind mit geübter Hand ausgeführt, auch wenn die Linien nicht immer sorgfältig gezogen sind (Lebensrad 15r, Bottich 162v) und auch nicht immer sauber koloriert wurde (Engelsflügel 15r), Proportionen meist sicher (die Figur wirkt gestaucht 180r, die Körper der Affen [?] nicht gelungen 193v), Lavierung in wenigen Farben (Grün, Rot, Braun, Schwarz), geringe Modellierung durch wenige Striche und Farbgebung, Gesichter ausdrucksstark, teilweise holzschnittartig durch aufgetragene Linien (besonders 168r). Auffällig sind die Kopfbedeckungen einiger Aderlassmänner und -frauen (164r, 168r, 179v). Die Spruchbänder erläutern die Illustrationen.

Bildthemen:

Der im Vorderdeckel eingeklebte Holzschnitt zeigt ein segnendes Jesuskind (Spruchband: der Frid sey mit uech). Er steht thematisch im Kontext zu den Gebetstexten und ähnelt in der Komposition der Jesuskinddarstellung des Meisters E. S. Es zeigt nicht, wie Wüst (1905, S. 3) schreibt, »den Amor [...], der in einem Blumenbouquet steht.«

Zu Text 2 eingebettet in den Kalenderteil befindet sich ein ganzseitiges, oben und unten beschnittenes, motivisch an das Rad der Fortuna erinnerndes Rad zur christlichen Lebensführung: Gesellschaftlich erfolgreicher junger Mann, symbolisiert durch die Krone, ansonsten durch die Kleidung nicht als Herrscher ausgewiesen, begleitet durch den hinter ihm stehenden Engel, sitzt auf dem Rad, stürzt nach links (kopfüber), Verlust der Krone, unten am Tiefpunkt des Rades greift ein Teufel nach ihm, rechts mit Blick nach oben hält sich der Jüngling wieder am Rad. Der Text-Bild-Bezug kann dadurch hergestellt werden, dass die Illustration ebenso wie der Kalender den Fortgang der Zeit zeigt, ergänzt durch christlich-moralische Wertung.

Zu Text 5: 146v Zodiakusmann (Tierkreiszeichen als Beischriften), 159v Arzt mit einer Schale zur Blutschau; er deutet auf ein auf einem Kissen sitzendes Kind, das einen Ball in der rechten Hand hält. Im Text gibt es keinen Bezug zu dieser Darstellung. Die Überschrift zu den Ausführungen zum Aderlass verdeutlicht die Gesamtkomposition aus Text und Bild: Allne hebin sich an dy naturlichin aderlassunge als hirnach geschriben vnd gemalet ist. Nur in dieser Handschrift werden unterschiedliche Lassstellen auf verschiedene Aderlassmänner und -frauen verteilt: 162v Aderlassmann mit Bruchband (?) in einem Bottich stehend von vorne, 164r Aderlassfrau mit Kopfbedeckung auf einem grünen Podest stehend, von vorne mit roten Beischriften in den Spruchbändern (oben: Ventositates; unten: Microcosmus), 164v Aderlassmann von hinten mit Spruchband (mit kepffen laszn dy adern), 168r Aderlassmann mit Bruchband (?) (vgl. Sudhoff [1914] S. 155) mit Kopfbedeckung mit zweigeteiltem Spruchband (Contra pestilenciam), 170r Aderlass am Kopf ohne Beischrift, 172v Aderlassfrau mit einem um den Kopf geschlungenen Schal mit Spruchband (Microcos[mus] du salt lasenn), 180r Microcosmusmann (quer) mit Zuordnung der Planeten zu den Organen. Den Abschluss der Handschrift bilden zwei affenartige Wesen, von denen einer in einen Spiegel (Bild für Hochmut?) blickt und der andere auf dessen Rücken sitzt und in einen Becher einschenkt. Zwei abgeschnittene Spruchbänder kommentieren: ich vil dir in den ors senen. In welcher Weise diese Darstellung den Text kommentiert, ist unklar.

Farben:

dunkles und helles Rot, Inkarnat, Blau in verschiedenen Tönen, Gelb, Grün, Braun.

Literatur:

Huet (1895); Wüst (1905). – Sudhoff (1914) S. 138, 155, Anm. 3, S. 209, 219.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 80: 15r. Rad des Lebens.

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Abb. 80.