KdiH

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87.1.7. München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 349

Bearbeitet von Pia Rudolph

KdiH-Band 9

Datierung:

Zweite Hälfte 15. Jahrhundert.

Lokalisierung:

Bayern.

Besitzgeschichte:

Der Auftraggeber der Handschrift ist unbekannt. Im 16. Jahrhundert war die Handschrift im Besitz von Maximilian Keutzel († 1574), auf 1r–2r ist seine Familienchronik eingetragen. Auf Iv die Signatur der Hofbibliothek Manuscr. Teutsch St. 5 No 1, eine weitere Signatur von ca. 1800 No 217 und ein Hinweis auf Docens Repertorium II Cod. germ. chart. cat. p. 416.

Inhalt:
Ir–2r Nachträge
Ir Gartenbaurezept?, Iv Inc. Von den xij monaten des Jars schreibt maister Alexander; 1r–2r Familienchronik des Maximilian Keutzel
1. 2v–99r ›Iatromathematisches Hausbuch‹
2. 99v–105v ›Secretum secretorum‹, deutsch
Prosa (Fassung G3); siehe Nr. 87.4.
3. 106r–113v ›Secretum secretorum‹, deutsch
Verse (›Lehren des Aristoteles‹)
4. 114r–115r Kaspar Griessenpack, ›Rezepte zu gebrannten Wassern‹
5. 115v Rezepte zu Veilchen- und Rosenzucker/-öl, deutsch
6. 116v–117r Alphabetisches Pflanzenverzeichnis, deutsch und lateinisch
7. 118r–v Kochrezepte, deutsch
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, I + 118 Blätter (zudem vorne und hinten jeweils ein modernes Vorsatzblatt, zwischen Bl. 10 und 11 fehlt ein Blatt mit Text- und Bildverlust von Oktober, wohl Weinlese), 217 × 145 mm, eine Hand (der Schreiber stimmt vermutlich mit dem der Handschrift aus Stalden [Nr. 87.1.15.] überein; Nachträge verschiedener Hände: Ir–2r, 114r–115v, 116v–117r, 118r–v; Randbemerkungen und Zeigehände verschiedener Schreiber z. B. die Jahreszahl 1553 auf 70v), Bastarda, einspaltig, 22–25 Zeilen, rote Überschriften und Bildbeischriften, Lombarden, Rubrizierung.

Schreibsprache:

mittelbairisch.

II. Bildausstattung:

40 kolorierte Federzeichnungen zu Text 1 (Bildverlust siehe oben I.); eine Abbildung für Text 2 und 3: siehe Nr. 87.4.4. Zwei Hände?

Format und Anordnung:

Im Kalenderteil 2r–13v umfasst ein Monat jeweils eine Doppelseite: Links der Kalender, ohne Tierkreiszeichen (es ist unklar, ob diese vorgesehen waren, sonst nur Pürglitz, Cod. I e 7 [Nr. 87.1.3.] mit der Darstellung der Monatsarbeiten ohne Tierkreiszeichen). Rechts Monatsverse und -regimen mit Monatsarbeiten, rahmenlos, die Hälfte des unteren Schriftspiegels einnehmend. Ganzseitig und ohne Rahmen: die sieben Planeten (die ihnen zugeordneten Tierkreiszeichen unter den Figuren in Medaillons), der Zodiakusmann (unfertig, er steht nur auf zwei Fischen), der Aderlassmann (unfertig, ohne Beischrift). Die weiteren Illustrationen in Medaillons mit dekorativer, abwechslungsreicher Rahmung (16 Zeilen hoch, nehmen in der Breite mindestens zwei Drittel des Schriftspiegels ein; die Tierkreiszeichen sind mit ca. 14–16 Zeilen Höhe etwas kleiner).

Bildaufbau und -ausführung:

Die einfachen Federzeichnungen lassen eine geschickte Hand erkennen, die die Körper mit Parallelschraffuren plastisch zu gestalten weiß. Ein Tiefenraum wird u. a. durch Verkürzungen suggeriert, die z. B. beim liegenden Steinbock (28r) oder der Fußstellung bei Merkur (45v) zum Einsatz kommen. Zum Teil stehen die Figuren in weiten Landschaften, durch die sich ein Fluss schlängelt (Wassermann, 29r) oder in der am Horizont Berge, Häuschen und Kirchtürme auftauchen. Zum Teil wird der Hintergrund als einfache, leicht hügelige Rasenfläche (selten Bodenfliesen oder -bretter) und etwas blauen Himmel angedeutet. Manche Bildausschnitte sind auffällig, da sie die Figuren abschneiden, die besonders bei den Monatsarbeiten großflächig ins Bild gesetzt wurden (im März auf 5r sieht man nur wenig von dem Zugtier, der Pflug ist im Mittelpunkt, der Mann mit Strohhut wird auch etwas abgeschnitten). Hinzu kommt eventuell ein weniger geschickter Maler, der die Perspektive nicht so gut beherrschte und kleinere Bildelemente bzw. kleinteiligere Abbildungen ausführte, z. B. den liegenden Melancholiker (55r) oder die beiden Figuren im Badezuber (78r).

Bildthemen:

siehe Bildthementabelle in der Untergruppeneinleitung 87.1. Am Bildprogramm ist auffällig, dass die vier Temperamente nicht wie sonst üblich durch Mann und Frau repräsentiert werden, sondern andere Darstellungsformen erhalten haben: Der Melancholiker (55r) liegt schlafend in einer Landschaft (die Erde ist das ihn beherrschende Element), der Phlegmatiker (57r) sitzt mit einer kleinen Orgel auf dem Schoß auf einem grünen Hügel (er wurde mit Musik und Tanz verbunden), der Sanguiniker (57v) betrachtet sich im Spiegel (ihm wurde Hochmut nachgesagt), zwei Choleriker (58v) kämpfen, einer trägt ein Messer (sie seien stets kampfbereit). Diese Ikonografie zu den Temperamenten gibt es in dieser Untergruppe sonst nur in St. Gallen, Cod. 760 (Nr. 87.1.14.) und eventuell in Stalden (Nr. 87.1.15.). Diese Handschriften illustrieren außerdem nicht das Kapitel zur Harnschau, sondern das zum Klistieren, wobei in St. Gallen ein Einlauf gezeigt wird (S. 120) und sonst ein Arzt und ein Patient beim Stuhlgang (St. Gallen: 95r; Stalden: 92r). Eine solche Szene war gemäß dem Text auch in dem Londoner Codex MS Germ. 1, 89r (Nr. 87.1.5.) und der Münchner Handschrift Cgm 730, 104v (Nr. 87.1.8.) vorgesehen (eventuell in Cod. Pal. germ. 557, 92v; Nr. 87.1.2.). Darüber hinaus überliefern neben diesem Codex auch London, MS Germ. 1, Stalden, St. Gallen, Cod. 760 nach dem Hausbuch das ›Secretum secretorum‹ in zwei Fassungen. Es ist daher anzunehmen, dass zwischen den Handschriften ein engerer Zusammenhang besteht. Ebenso überliefert auch Cod. I e 7 in Pürglitz (Nr. 87.1.3.) das ›Secretum secretorum‹ und stellt keine Harnschau dar, nur hier wird im Kapitel zum Klistieren eine Lehrer-Schüler-Szene gezeigt (145r), gegebenenfalls muss auch dieser Codex zu jener Gruppe an Handschriften gerechnet werden, die hier als enger zusammengehörend beschrieben werden.

Farben:

Gelb, Inkarnat, verschiedene Rottöne, Grün, Blau, Grau.

Literatur:

Schneider (1970) S. 379–385. – Schönfeldt (1962) S. 94–97; Gross (1993) S. 255–258; Schnell (2019) S. 247f.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 50: 95r. Arzt mit Patient beim Stuhlgang.

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Abb. 50.