87.1.1. Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. germ. 291
Bearbeitet von Pia Rudolph
KdiH-Band 9
Nach 1477 und vor 1496.
Passau/Freising (Kalender).
Im 16. Jahrhundert schenkte Johannes Herold (1514–1567, geb. in Höchstädt an der Donau) dem Pfalzgrafen Ottheinrich die Handschrift (1r). Von Heidelberg kam sie nach Rom (1r Capsanummer C. 71 und römische Signatur 1661), wo sie 1672 von Friedrich II., Landgraf von Hessen-Darmstadt, entliehen wurde, und schließlich zurück in die Universitätsbibliothek.
1. | 2r–58v |
›Iatromathematisches Hausbuch‹
es fehlen die normalerweise mitüberlieferten Monatsregeln
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2. | 58v–59v | Rezepte |
3. | 59v–100v | Gebete, deutsch, selten lateinisch |
4. |
›Fabel vom geschundenen Wolf‹
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5. |
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Pergament (Vor- und Nachsatzblätter Papier), III + 116 + III Blätter (fehlerhafte Foliierung des 17. Jahrhunderts), 289 × 192 mm, Bastarda, zwei Hände (I 2r–9v, II 10r–111v), in der Regel einspaltig mit 26 Zeilen, rote Überschriften, Fleuronné-Initiale (10v), Rankeninitiale (60r), Lombarden in Rot und Blau, Rubrizierung.
bairisch.
38 Deckfarbenminiaturen: 29 Darstellungen zu Text 1, eine zu Text 3, acht zu Text 4 (siehe Stoffgruppe 126. Tiere). Ein Maler – außerdem wird eine weitere Hand für die Szene Jesus im Garten Gethsemane und die darauf folgende Initiale vermutet (59v–60r), wobei kaum stilistische Veränderungen zur restlichen Handschrift auffallen. Die Abweichung in der Ausführung ist vielmehr durch das sakrale Motiv zu erklären, so dass die Handschrift auch nur von einer Hand illustriert sein kann bzw. von zwei Malern, die zusammen arbeiteten, weshalb eine Händescheidung nur bedingt möglich ist.
Bis auf wenige Ausnahmen sind die Darstellungen in mehrfach gerahmten Medaillons ausgeführt worden, die etwa sieben Zeilen hoch sind. Anstelle einer Initiale leiten sie die jeweilig zugehörige Textpassage ein. Nur die sieben Planeten und der Zodiakusmann werden in eckigen, etwa neun Zeilen hohen Bildfeldern illustriert (ohne Rahmen). Ganzseitig und freigestellt gezeigt ist der Aderlassmann mit umgebender, sehr ausführlicher Beschriftung. Nahezu eine Seite (mit Ausnahme einer Zeile) nimmt das Gebet Jesu am Ölberg (etwa 17 Zeilen hoch) in einem gerahmten Medaillon ein, aus dem Ranken erwachsen.
Die Handschrift ist aufwendig und in satten Farben gestaltet. Die Rahmen sind in der Regel mehrfarbig mit Weißhöhungen. Alle Szenen spielen sich vor einem tiefblauen Hintergrund ab (meist grüner Untergrund oder ein angedeuteter Innenraum), den zum Teil goldene Sterne zieren (nur der Zodiakusmann vor einem schwarzen, der beschriftete Aderlassmann ohne Hintergrund). Abgesehen von Sol stehen alle Planetenfiguren in einem schwarzen Innenraum, der keine Decke besitzt, wodurch der Sternenhimmel über ihnen zu sehen ist. Die Figuren sind fein und detailliert wiedergegeben, in modischer Kleidung und zartem Faltenwurf.
siehe Bildthementabelle in der Untergruppeneinleitung 87.1. Es fällt auf, dass die üblicherweise vorhandenen Darstellungen der Tierkreiszeichen im Kalenderteil fehlen. Eventuell sollten diese am unteren Rand der Buchseite angebracht werden, wo Platz frei wäre, es sind aber keine Kreise dafür vorgezeichnet worden. Im Kalenderteil sind Illustrationen der Tierkreiszeichen nicht zwingend Teil des Bildprogramms. Ebenso fehlen hier die Monatsregeln und die Abbildungen der Monatsarbeiten. Die Darstellung von Jesus im Garten Gethsemane und die darauf folgenden Gebete machen deutlich, dass körperliche Gesundheit im Zusammenhang mit religiösem Handeln steht (vgl. Nr. 87.1.18.).
Weiß, Gelb, Orange, Inkarnat, Rosa, Rot, Grün, Blau, Braun, Grau, Schwarz, Gold.
Handschriftencensus; https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/miller2005/0465/image
Abb. 45: 29v. Phlegmatiker.