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87.1.14. St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 760

Bearbeitet von Pia Rudolph

KdiH-Band 9

Datierung:

Um 1450.

Lokalisierung:

Süddeutschland/Schweiz (Cod. Sang. 760 [2014]).

Besitzgeschichte:

Zur Herkunft der Handschrift ist nichts bekannt. »Vermutlich erst um 1780 in die Stiftsbibliothek gelangt. Eine Bleistiftnotiz auf S. 57 Mareta Leeschbeld (?)« (Ulmschneider [2011] S. 28).

Inhalt:
1.Vorderdeckel (innen) – S. 126 ›Iatromathematisches Hausbuch‹
2. S. 128–139 ›Secretum secretorum‹, deutsch
Prosa (Fassung G3); siehe Nr. 87.4.
3. S. 140–154 ›Secretum secretorum‹, deutsch
Verse (›Lehren des Aristoteles‹)
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 154 Blätter, 210 × 155 mm, Bastarda, eine Hand, 22–27 Zeilen, Schemata im Inneren mit Mond- und Sonnengesicht (S. 4f.), zahlreiche zwei- und dreizeilige Lombarden in Rot, Rubrizierung.

Schreibsprache:

alemannisch (Ulmschneider [2011] S. 28).

II. Bildausstattung:

25 leicht kolorierte Federzeichnungen zu Text 1 (ggf. Bildverlust, da der Kalenderteil zu Beginn fehlt); eine Abbildung gemeinsam für Text 2 und 3: siehe Nr. 87.4.5. Eine Hand.

Format und Anordnung:

Die Figuren stehen in einem Doppelkreis (ca. 15 Zeilen hoch und etwa zwei Drittel des Schriftspiegels breit). Nur die ungerahmten Planeten sind ganzseitig und stehen auf einem bzw. zwei Doppelkreisen, in deren Mitte die jeweils zugehörenden Tierkreiszeichen zu sehen sind. Die Badeszene nimmt eine halbe Seite ein und ist wie die Darmbehandlung (ein Einlauf) ohne Rahmung.

Bildaufbau und -ausführung:

Die Szenen spielen sich vor einem leeren Hintergrund auf einem kleinen Rasenstück ab. Die Rahmen blieben leer, was darauf hindeutet, dass die Bebilderung nicht ganz fertiggestellt wurde. Die schnellen, geschickt ausgeführten Umrisse, die ausbleibende Schattierung und reduzierte Kolorierung vermitteln zudem den Eindruck von einem eilig eingesetzten Bildprogramm. Da nur auf S. 120 Blau verwendet wurde, wurde dies wohl nachträglich von einer anderen Hand angebracht. Dieselbe Nachtragshand könnte auch eine rote Blume auf S. 47 neben Merkur gemalt haben und auf das aufgeschlagene Buch, das die Figur in der Hand hält, die Anfangsverse des Hohelieds notiert haben (tota pulcra es amica mea [...]). Die Blume wäre demnach als eine Rose ohne Dornen, ein Sinnbild für Maria, zu identifizieren. Warum gerade hier auf das Hohelied verwiesen wird, ist völlig unklar.

Bildthemen:

siehe Bildthementabelle in der Untergruppeneinleitung 87.1. Der Zodiakusmann fehlt, vermutlich wurde versehentlich kein Platz für ihn freigelassen (kein Textverlust). Des Weiteren ist am Bildprogramm auffällig, dass die vier Temperamente nicht wie sonst üblich durch Mann und Frau repräsentiert werden, sondern andere Darstellungsformen erhalten haben: Der Melancholiker liegt schlafend und nackt – nur die Scham ist leicht bedeckt – auf der Erde (das Element, das ihm zugeordnet ist); der Phlegmatiker spielt ohne Dame auf einer Harfe (er wurde mit Musik und Tanz verbunden), der Sanguiniker betrachtet sich in einem kleinen Spiegel (ihm wurde u. a. Hochmut nachgesagt); zwei Choleriker stehen sich in einem Schwertkampf gegenüber (sie seien immer kampfbereit). Die Temperamente werden ganz ähnlich in München, Cgm 349 abgebildet (Nr. 87.1.7.). Außerdem ist unüblich, dass als letzte Illustration keine Harnschau gezeigt wird, sondern zum Kapitel von cristieren ein Einlauf dargestellt ist (S. 119). Der Stuhlgang wird statt der Harnschau auch in der Münchner Handschrift Cgm 349 und in Stalden (Nr. 87.1.15.) illustriert und war in den Codices Cgm 730 (Nr. 87.1.8.) sowie London, MS Germ 1 (Nr. 87.1.5.) für die Bildlücken vorgesehen (eventuell auch in Heidelberg, Cod. Pal. germ. 557, Nr. 87.1.2.). Allerdings ist die Darstellung eines Einlaufs in der Gruppe des ›Iatromathematischen Hausbuchs‹ einmalig. Darüber hinaus überliefern diese Handschrift, MS Germ. 1, Cgm 349 und Stalden nach dem Hausbuch das ›Secretum secretorum‹ in zwei Fassungen. Es ist daher anzunehmen, dass zwischen den Codices ein engerer Zusammenhang besteht. Ebenso überliefert auch Cod. I e 7 in Pürglitz (Nr. 87.1.3.) das ›Secretum secretorum‹ und stellt keine Harnschau dar, hier wird einmalig im Kapitel zum Klistieren eine Lehrer-Schüler-Szene gezeigt (145r). Gegebenenfalls muss dieser Codex auch zu dieser Gruppe an Handschriften gerechnet werden, die hier als enger zusammengehörend beschrieben werden.

Farben:

gedämpftes Grün und Rottöne, wenig Grau und Gelb, Blau nur auf S. 120.

Abb. 57: S. 120. Einlauf.

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Abb. 57.