KdiH

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87.1.4. London, The British Library, Add. 17987

Bearbeitet von Pia Rudolph

KdiH-Band 9

Datierung:

1446 (127r).

Lokalisierung:

Oberrhein (Boot [1993] S. 143).

Besitzgeschichte:

Zur Herkunft der Handschrift ist nichts bekannt. 1833 in der Bibliotheca J. Nilfert (Pastor in Velen, 3r). Vorsatzblatt (recto): Purchased at Rodd’s Sale Feb. 7. 1850.

Inhalt: Medizinische Sammelhandschrift, einige Transkriptionen bei Priebsch 2 (1901), ausführlich zum Inhalt mit weiteren Transkriptionen bei Haage (2012/13).
1. 2r–114r ›Iatromathematisches Hausbuch‹, erweiterte Fassung?
neue Textkombinationen, dazwischen und danach durch Texte und Bilder ergänzt, z. B.:
Einschub 49r–58v Mondscheindauer
Vnd vindet man was an einem jegklichen tag gút oder schad ist vnd wie man siechtagen erkennen sol...
Einschub 77v–80v Die tafel der planeten
mit Tabelle auf 78r
2. 114r–116r Jahresprognosen
3. 116r–118v Hans Andree, Pestgedicht
hier Aristoteles zugeschrieben
4. 118v–127r medizinische Texte
zur Pest (auf 124v nennt sich ein Meister Johans de Tranamýa als Verfasser, wohl Johannes de Tornamira), zum Aderlass und Klistieren
5. 127v Tabelle
wie lang zwuschent wyhenahten vnd der alten vasenaht ist
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, I + 127 Blätter (moderne Foliierung durchgestrichen und durch eine verbesserte ersetzt; zwischen Bl. 9 und 10 fehlt ein Blatt mit Text- und Bildverlust: Mai mit Monatsvers und -arbeit; von Bl. 50 nur die obere Hälfte erhalten; zwischen Bl. 84 und 85 fehlt ein Blatt mit Text- und Bildverlust: Melancholiker), 211 × 144 mm, Bastarda, eine Hand, einspaltig, 22–23 Zeilen, ein- bis vierzeilige rote und blaue Initialen (z. T. mit fleuronnéhafter Verzierung), wenige Cadellen, in manche Buchstabenausläufer wurden Gesichter oder Fratzen gesetzt, die Schemata sind aufwendig gestaltet (25r–v, 50r), Rubrizierung.

Schreibsprache:

alemannisch (Mayer [1993] S. 47).

II. Bildausstattung:

64 kolorierte Federzeichnungen: 62 zu Text 1 (zu Bildverlusten siehe I.), eine zu Text 2 und eine zu Text 3. Eine Hand bzw. eine Werkstatt (die beiden ganzseitigen Aderlassmänner auf 91r–v vermutlich von einer weiteren Hand nachgetragen).

Format und Anordnung:

Im Kalenderteil (2r–25v) umfasst ein Monat jeweils vier Seiten. Anders als bei anderen Handschriften dieser Untergruppe beginnt der Monat mit den Monatsversen und -regeln, es folgt der Kalender (jeweils über zwei Seiten). Immer nach den Monatsversen die Abbildung der Monatsarbeit und auf der ersten Kalenderseite im unteren Teil der Seite die Tierkreiszeichen. Die Arbeiten nehmen etwa zwei Drittel, die Zeichen etwa ein Drittel der Seite ein (jeweils in rechteckigen Feldern). Nur die auf den Kalenderteil folgenden Tierkreiszeichen sind in Medaillons, die die halbe Seite einnehmen. Ganzseitig: Planeten, zwei Aderlassmänner, Zodiakusmann. Die restlichen Abbildungen in rechteckigen Feldern, etwa die Hälfte bis zwei Drittel der Seite einnehmend (nur die Darstellung von drei Sternen, 82r, 83v, 84v, deutlich kleiner: sieben Zeilen hoch und die Hälfte des Schriftspiegels breit).

Bildaufbau und -ausführung:

Alle Darstellungen sind schmal gerahmt (nur die Rahmen der Medaillons etwas breiter). Die Figuren stehen auf einem Rasenstück, das bei den Planeten auch entfallen kann, teilweise gibt es kleinere Landschaftselemente (Hügel, kleinere Pflanzen, Bäume; immer eine große Sonne im Kalenderteil neben den Tierkreiszeichen). Der blaue Himmel verblasst langsam nach unten hin (nur die beiden Aderlassmänner ohne Hintergrund). Nur Überschneidungen oder größere Bildelemente schaffen eine gewisse Tiefenwirkung (z. B. der übergroße Stuhl beim Aderlass auf 100r, das Badehaus auf 111r). Körperlichkeit wird durch den Einsatz von Farbe erzeugt, wodurch Schatten oder Schlaglichter gesetzt werden, sowie einen eher zurückhaltenden Faltenwurf.

Bildthemen:

siehe Bildthementabelle in der Untergruppeneinleitung 87.1. Dieses Bildprogramm hebt sich deutlich von den anderen Handschriften der Untergruppe ab, da es mit Zusätzen ergänzt wurde, die sich genau auf den Text beziehen lassen: Nach dem Sternseher (81r, Stern außerhalb des Rahmens) folgen im Text zum Firmament und den Chören der Engel drei Abbildungen von Sternen (82r, 83v, 84v). Der Aderlassmann wird zweimal dargestellt (91r–v), wobei auffällt, dass er sich im Stil von den anderen Illustrationen unterscheidet. Auf 98r scheint ein stehender, älterer Gelehrter dem jüngeren am Schreibpult zu diktieren, und zwar im Kapitel Hie nach sagen vns furbasser die Meister von den vier guten lessin Jm Jare (97r). Im Abschnitt, wie die Farbe des Bluts zu deuten ist, ist eine Blutschau zu sehen (101r): Auf einem Tisch stehen mehrere Becher mit Blut, ein junger Mann hat einen davon herausgegriffen, die Geste der Frau neben ihm zeigt, dass sie sich darüber unterhalten. Im Kapitel, wie man es mit dem Essen und Trinken und auch mit anderen Dingen halten soll, sind ein Mann und eine Frau zu Tisch illustriert (103v), drei sportliche Betätigungen (105r Ringen, 106r eine Art Kegelspiel, 107r das Werfen eines Steins), zwei Schlafende, der Mann am Tisch, die Frau im Bett (108r). Im Kapitel zum Baden ist neben der üblichen Badeszene (111v) auch eine Frau mit Holzeimer vor einem Badehaus abgebildet (111r). Diese Erweiterungen deuten darauf hin, dass das Bildprogramm mit dem zum ›Regimen‹ von Heinrich Laufenberg (vgl. Nr. 87.3.) vermischt wurde.

Das ›Iatromathematische Hausbuch‹ endet hier nicht mit dem bekannten Explicit, sondern ist um weitere Texte ergänzt, die ebenfalls medizinisch-prognostisch sind: Zu Text 2 wird die Beschneidung Christi gezeigt (114v), da der Tag der Beschneidung (1. Januar) Auswirkungen auf das restliche Jahr hat. Zu Text 3 sitzt ein Gelehrter mit einer Art Turban an einem Lesepult (116v), laut Text ist er als Aristoteles zu identifizieren (116r Hie nach schribet Aristotiles...), dem das Pestgedicht hier zugeschrieben ist (zur Darstellung von Aristoteles im medizinischen Kontext siehe Nr. 87.4.).

Die Eigenarten bzw. Änderungen im Text- und Bildprogramm lassen sich vermutlich auf den Auftraggeber zurückführen, der allerdings unbekannt ist (vgl. auch Nr. 87.1.16.).

Farben:

Gelb, Grün-Blau, bräunliches Rot, etwas Braun, verwaschenes Grau.

Digitalisat:

teilweise schwarz-weiß (unter https://iconographic.warburg.sas.ac.uk, keyword: 17987), teilweise farbig (unter https://dc.lib.unc.edu/cdm/landingpage/collection/mackinney)

Literatur:

Priebsch 2 (1901) S. 169–171 (Nr. 193). – Boot (1993) S. 143f.; Gross (1993) S. 238–241, Abb. 15 (106r); Mayer (1993) S. 47; Haage (2012/13) S. 267–282; Schnell (2019) S. 247.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 48: 101r (Detail). Blutschau.

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Abb. 48.