14.0.20. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2759; Cod. 2760; Cod. 2761; Cod. 2762; Cod. 2763; Cod. 2764
Bearbeitet von Ulrike Bodemann
KdiH-Band 2
Um 1400.
Prag.
Gewidmet Kaiser Wenzel I. (1378–1400, † 1419). 1420 in den Besitz Kaiser Sigismunds (1368–1437) gekommen, als Mitgift von dessen Tochter Elisabeth bei ihrer Heirat mit König Albrecht II. von Habsburg nach Wien gelangt, nach dem Tode Albrechts 1439 als Erbe des Ladislaus postumus von Friedrich III. verwaltet und nach dem Tode Ladislaus’ 1457 in Friedrichs Besitz übergegangen (Cod. 2763, 1v mit Devise AEIOV Friedrichs von 1447); in der Zeit Sigismunds oder Friedrichs wurden die bayerischen Wappen der Ehefrau Wenzels (Cod. 2759, 2r, 99r und 177v) übermalt. Von Maximilian I. in die Innsbrucker Hofbibliothek einverleibt. Seit ca. 1580 in der Ambraser Sammlung (alte Ambraser Signaturen Ms. Ambras. 17–19), die 1665 wieder mit der Wiener Hofbibliothek vereinigt wurde.
Cod. 2759 (Bd. 1) | ||
1ra–2rb | Vorrede des Übersetzers | |
2rb–239vb | Gn, Ex, Lv, Nm, Dt, Ios | |
Cod. 2760 (Bd. 2) | ||
1ra–182vb | Idc, Rt, I Sm, II Sm, III Rg, IV Rg 1–23,26 | |
Cod. 2761 (Bd. 3) | ||
1ra–144vb | IV Rg 24,19–Ende, I Par, II Par, Gebet Manasses, I Esr, II Esr, III Esr, Tb, Idt 1–1,7 | |
Cod. 2762 (Bd. 4) | ||
1ra–146ra | Is mit Vorrede (RB 480), Ier mit Vorrede (RB 486), Lam | |
146rb–147rb | leer | |
147va–211vb | Idt, Est, Iob mit Vorrede (RB 349), Ps (Anfang: lat. Initium) | |
Cod. 2763 (Bd. 5) | ||
1v | Inhaltsverzeichnis von 1447: Ps–Ez | |
2ra–206vb |
Ps, Prv, Ec, Ct, |
|
Cod. 2764 (Bd. 6) | ||
1ra–231ra | Is mit Vorrede (RB 480: Fortsetzung), Ier mit Vorrede (RB 486), Bar mit Vorrede (RB 491), Ez |
Pergament, 1214 Blätter (alter Bestand), 530–535 × 365–370 mm, auf drei Bände angelegt, so auch zur Zeit Friedrichs III., der die beschädigte Handschrift revidieren und durch einen Nachtragsschreiber ergänzen ließ, gebunden; am Ende des 18. Jahrhunderts neu gebunden und dabei in sechs Bände unterteilt: Cod. 2759 240 Blätter (gezählt 1–239 mit zweimal 133), Cod. 2760 182 Blätter (nach 182 fehlt ein Blatt), Cod. 2761 144 Blätter, Cod. 2762 211 Blätter, Cod. 2763 206 Blätter, Cod. 2764 231 Blätter, dazu in jedem Band neue Pergamentvorsatz- und -nachstoßblätter, gotische Buchschrift (Textura), drei Schreiber einschließlich des Nachtragsschreibers von 1447; die Haupthand schrieb Cod. 2759 und Cod. 2760 ausschließlich, dazu Teile von Cod. 2761 (1ra–6vb, 8ra–128vb, 137ra–144vb), Cod. 2762 (148ra–211vb), Cod. 2763 (2ra–186vb, 193ra–206vb) und Cod. 2764 (1ra–123vb, 131ra–138vb); Hand II: Cod. 2761, 129ra–131va, Cod. 2762, 11ra–146ra, Cod. 2764, 153ra–224vb; Nachtragshand: Cod. 2761, 7r–v, 132r–136v, Cod. 2762, 1r–10v, 147v, Cod. 2763, 1v, 187r–192v, Cod. 2764, 124r–130v, 139r–152v, 225r–231r; 56 Zeilen, zweispaltig, rot-blaue Seitenüberschriften, rote Überschriften, Lombarden und Initialen, Fleuronnéeranken. In den nicht illustrierten Teilen sind die roten Überschriften, z. T. auch die Gelbauszeichnungen der Satzanfänge ausgeführt, nicht die Initialen, Lombarden und Strichel. In Cod. 2762 ist an falscher Position ein Faszikel mit den Büchern Is und Ier eingebunden; unter Umständen gehört er zu einem zweiten im Wenzelkreis angefertigten Exemplar einer deutschsprachigen (Teil-)Bibel.
mitteldeutsch (böhmisch), Nachtrag bairisch-österreichisch.
653 Miniaturen und historisierte Initialen mit außerordentlich aufwendigem Randschmuck in Deckfarbenmalerei (nur in den vom Hauptschreiber angelegten Teilen der Handschrift), mehr als 900 Bild- und Initialfreiräume, im Bereich des Hauptschreibers mit lateinischen Malanweisungen als Marginaleinträgen (Cod. 2759, Vorrede: Initialen 1ra, 2ra; Gn: Initiale 2va, 47 Textillustrationen, Ex: Initiale 53va, 55 Textillustrationen; Lv: Initiale 99ra, 31 Textillustrationen; Nm: Initiale 130rb, 50 Textillustrationen; Dt: Initiale 174va, 40 Textillustrationen; Ios: Initiale 214ra, 25 Textillustrationen. Cod. 2760, Idc: Initiale 1ra, 31 Textillustrationen; Rt: Initiale 29rb, zwei Textillustrationen; I Sm: Initiale 33ra, 49 Textillustrationen; II Sm: Initiale 74ra, 49 Textillustrationen; III Rg: Initiale 108rb, 52 Textillustrationen; IV Rg 1–23,26: Initiale 148rb, 51 Textillustrationen. Cod. 2761, IV Rg 24,19–Ende: drei Textillustrationen; I Par: Initiale 2vb, 42 Textillustrationen; II Par: Initiale 36rb, 54 Textillustrationen; Gebet Manasses: Initiale 81va; I Esr: Initiale 81va, sechs Textillustrationen, eine Vorzeichnung, vier Bildfreiräume; II Esr: Initialfreiraum 94ra, drei Bildfreiräume, 16 Textillustrationen; III Esr: Initiale 112ra, elf Textillustrationen, zehn Bildfreiräume; Tb: Initialfreiraum 132ra, 21 Bildfreiräume; Idt 1–1,7: Initialfreiraum 144va, ein Bildfreiraum. Cod. 2762, Is: Initialfreiraum 1ra, 81 Bildfreiräume; Vorrede Ier: Initialfreiraum 65ra; Ier: Initialfreiraum 65rb, 102 Bildfreiräume; Lam: neun Bildfreiräume; Idt: Initialfreiraum 147va, 19 Bildfreiräume; Est: Initialfreiraum 163va, 16 Bildfreiräume; Vorrede Iob: Initialfreiraum 177ra, Iob: Initialfreiraum 177rb, 45 Bildfreiräume. Cod. 2763, Ps: Initialfreiräume 22vb, 30vb, 39va, 49ra, 58vb, 68ra, 28 Bildfreiräume; Prv: Initialfreiraum 87va, 26 Bildfreiräume; Ec: Initialfreiraum 114ra, 13 Bildfreiräume; Ct: Initialfreiraum 124rb, drei Bildfreiräume; Sap: Initialfreiraum 129va, 21 Bildfreiräume; Sir: Initialfreiraum 148vb, 20 Textillustrationen, 86 Bildfreiräume; Vorrede Is: Initialfreiraum 206vb. Cod. 2764, Is: Initialfreiraum 1ra, 131 Bildfreiräume; Vorrede Ier: Initialfreiraum 72va, Bildfreiraum 72vb, Ier: Initialfreiraum 73ra, 152 Bildfreiräume; Vorrede Bar: Initialfreiraum 153ra, Bar: Initialfreiraum 153ra, elf Bildfreiräume; Ez: Initialfreiraum 161vb, 92 Bildfreiräume. Genaue Blattangaben bei
Initialen und Textillustrationen in einheitlichem Format, stets 14 bis 16 Zeilen hoch, einspaltig (ca. 130–155 × 105 mm), nur Cod. 2759, 2v die I-Initiale die gesamte linke Spalte einnehmend und darüber hinausragend, Cod. 2760, 29rb und Cod. 2761, 81va die I-Initialen halbspaltig über 24 bzw. 20 Zeilen. Die Textillustrationen so in den Text eingestreut, daß sie stets durch mindestens eine Schriftzeile vom Kopf- oder Fußsteg des Schriftspiegels abgesetzt sind.
Im Komposition, Kolorit und Figuralauffassung der Frühphase des Schönen Stils in der Böhmischen Malerei um 1390–1400 verbunden, dabei vom höchstem Anspruchsniveau sowohl in der Quantität und Dichte der Bildfolge als auch in der Fülle der durchgängig beibehaltenen Rahmenmotivik. Den Bildzyklus insgesamt kennzeichnen geschlossene, vielfigurige Szenerien in reich gestalteter Umgebung vor Blattgoldgrund oder Ranken- bzw. geometrisierenden Teppichmustern in Gold auf Farbgrund. Häufig sind – entsprechend den detaillierten Malanweisungen, gelegentlich sogar mit Farbangaben – zwei Szenen zusammengefügt, entweder in das Bild teilenden separaten Registern oder in unterschiedlich zur Simultandarstellung verknüpften Zonen, vielfach ein diagonales Aufbauschema mit einseitig hoch aufsteigendem Landschaftshorizont nutzend. Die Bildrahmen unterschiedlich aufwendig, z. T. nur profilierte Pinselstreifen, z. T. ornamentierte Rahmenleisten. Von den Rahmen ausgehend reiche Randornamentik meist aus vegetabilem Rankenwerk, gelegentlich auch geometrisch aus Leisten und Medaillons komponiert; in die Randornamentik sind besonders am unteren Blattrand symbolhafte und allegorische Figuren eingefügt, deren Repertoire ungewöhnlich reich an szenischen Elementen ist.
Arbeitsteilung unter den für die einzelnen Quaternionen eigenverantwortlichen Malern (Zuweisung und Charakterisierung der Hände bei
(Bildthemenlisten:
Kräftige Farbpalette mit Blatt- und Pinselgold, Silber (oxydiert), charakteristisch das sehr leuchtende Zinnober und die bläulich schattierende Untermalung der Gesichter.
Abb. 85: Cod. 2759, 68rb. Durchzug der Israeliten durch das Rote Meer.
Abb. 86: Cod. 2760, 98rb. Joab lässt Abschalom töten und begraben.
Abb. 87: Cod. 2761, 36rb. König Wenzel als König Salomo, in S-Initiale.