26A.14.8. Innsbruck, Universitäts- und Landesbibliothek Tirol, Cod. 255
Bearbeitet von Ulrike Bodemann
KdiH-Band 3
Um 1400 (
Niederösterreich (Wien?).
Laut alter Signatur auf dem vorderen Spiegelblatt II/1 b 2 möglicherweise aus dem Besitz der Wolkensteiner und aus dem Legat des Franz Josef Wolkenstein 1800 der Universitätsbibliothek übergeben.
1r–106r | Leopold von Wien, ›Österreichische Chronik von den 95 Herrschaften‹ |
Pergament, 106 Blätter (neuzeitliche Foliierung 1–106), dazu je ein ungezähltes Vorsatzblatt aus Papier vorn und hinten, 310–314 × 208–217 mm, saubere kursive Bastarda, ein Schreiber, einspaltig, 38–40 Zeilen, Überschriften rot, rote Caput-Zeichen, Strichel, Buchanfänge durch Initialen ausgezeichnet, auf die Einteilung in fünf Bücher machen Seitenüberschriften auf dem Kopfsteg verso L, recto I(–V) aufmerksam. Bis zum Beginn derkroniken des edeln landes ze Österreich 10v sind die Kapitellombarden in Deckfarbenmalerei über vier bis fünf Zeilen ausgeführt, danach in Rot oder Blau über drei bis sechs Zeilen mit Fleuronnée in Blau, Gelb und Rot. Gelegentliche Randnotizen von einer Hand des 16. Jahrhunderts.
bairisch-österreichisch.
Sechs historisierte Initialen (1r, 3r, 19v, 45r, 65v, 95v); 15Wappen (11v, 14r, 14v, 16r, 17r, 17v, 18v, 19r, 20r, 29r, 29v, 30v, 31r, 31v, 46r); Deckfarbenmalerei, ein Maler.
Initialen in quadratisch ausgesparten Bildfeldern über zehn bis 16 Zeilen. Wappen hochrechteckig gerahmt, ca. ½ der Schriftspiegelbreite umfassend (105–135 × 60–75 mm), stets linksbündig in den Schriftspiegel eingefügt, zwischen dem Text; 19r wegen Platzmangels deutlich kleiner (95 × 47 mm).
Anspruchsvolle und aufwendige Deckfarbenmalerei. Die einfarbig in Rankenmuster ornamentierten Buchstabenkörper der Initialen stehen auf quadratischem oder hochrechteckigem Grund in Blattgold oder Deckfarbenmalerei, Binnenfelder mit Ganz- (1r, 3r, 65v, 95v) oder Halbfiguren (19v, 45v) vor einem Hintergrund mit geometrischen oder Rankenornamenten in Deckweiß oder Gold. Von den Enden der Buchstaben gehen voluminöse Akanthusranken aus. Auch die Deckfarbenlombarden bis 10v auf rechteckig eingefaßtem, farbig ornamentiertem Grund und gelegentlich mit kurzen, gedrungenen Rankenausläufern. Die Wappen stehen auf geometrisch gemustertem oder mit Rankenwerk gefülltem Farbgrund oder gepunztem Blattgold, Rahmen einfarbig, im selben Ton mit Edelstein-, Ranken- oder Banderolenmuster (16r) ornamentiert. Halbrunde Schilde, Stechhelme, Helmdecke als gezaddeltes Tuch. Stellung des Wappenbildes, des Helms und der Helmzier richten sich nach der Neigung des Schildes: meist nach heraldisch rechts, ab 20r auch nach links gewandt. Menschliche Figuren in der Helmzier in voller Größe, ohne Verbindung zur Helmdecke. Eng verwandt mit Berlin, Ms.germ.fol. 122 (Nr. 26A.14.3.), dabei malerisch anspruchsvoller, was sich auch an der Gestaltung der Lombarden bis 10v in Deckfarben erweist. Die üppigen Akanthusspiralen stehen böhmischen Stilvorbildern noch näher, auch die gezierte Haltung v. a. der Sitzfiguren erinnern deutlicher an die Wenzelshandschriften. Das Knospenfleuronnée der Lombarden ab 11r mit seinen charakteristischen Buchstabenrandungen durch Linienbündel, oft mit Stabausläufern entlang dem Schriftspiegel, fällt durch seine kraftvolle Strichführung markanter aus als das feiner gezeichnete der Berliner Handschrift.
Als Motive der Initialen 1r (Vorrede) S-Initiale: Seneca, 3r (Buch I) A-Initiale: Salvator mundi, 19v (Buch II) D-Initiale: Maria mit Kind, 45r (Buch III) C-Initiale: Kaiser Friedrich I., 65v (Buch IV) C-Initiale: Herzog Albrecht I., 95v (Buch V) N-Initiale über 6 Zeilen: König Friedrich der Schöne. – Die Wappenreihe gehört zur Redaktion C, die mit den 15 dargestellten Landeswappen das ursprüngliche Bildprogramm der Chronik am getreuesten reproduziert.
Reichhaltige Palette (wie böhmische Handschriftenilluminierung) mit Ausmischungen aus Grün, Rot, Blau, Violett, Schwarz, Deckweiß, Gelb. Dazu Blattgold.
Abb. 132: 14r. Wappen der 19. Herrschaft (Nonas).
Abb. 133: 45r. Historisierte C-Initiale (Brustbildnis Kaiser Friedrichs I.).