26A.14.3. Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. fol. 122
Bearbeitet von Ulrike Bodemann
KdiH-Band 3
1. Hälfte des 15. Jahrhunderts.
Österreich (
Aus der Bibliothek der Fürsten Starhemberg.
1r–123v | Leopold von Wien, ›Österreichische Chronik von den 95 Herrschaften‹ |
Pergament, 123 Blätter (neuzeitlich foliiert), ca. 310 × 213 mm (dazu je ein neueres Papiervorsatz- und Nachstoßblatt), saubere Bastarda, ein Schreiber, einspaltig, 28–35 Zeilen, rote Überschriften, Strichel, Caput-Zeichen, Zeilenfüller; Lombarden über drei Zeilen, in der Regel abwechselnd in Blau und Rot mit Fleuronnée in der Gegenfarbe. Buchanfänge durch Initialen ausgezeichnet, auf die Einteilung in fünf Bücher machen Seitenüberschriften auf dem Kopfsteg verso L, rectoI(–V) aufmerksam.
bairisch-österreichisch.
Sechs historisierte Initialen (1r, 3r, 21r, 51v, 76r, 111v); 15 Wappen (12r, 14v, 15v, 17r, 18r, 18v, 19v, 20v, 21v, 31v, 32r, 33v, 34r [2], 52v); Deckfarbenmalerei, ein Maler.
Initialen in quadratisch ausgesparten Bildfeldern über fünf bis acht Zeilen. Wappen hochrechteckig gerahmt (110–145 × 65 mm) rechts- oder linksbündig mit dem oberen oder unteren Rand des Schriftspiegels abschließend, zwischen dem Text.
Sorgfältige und im Gebrauch von viel Blattgold aufwendige Deckfarbenmalerei. Die hellfarbigen, Ton in Ton ornamentierten Buchstabenkörper der Initialen stehen auf quadratischem (3r, 51v und 76r zudem gerahmtem) Grund in Blattgold oder Deckfarbenmalerei, Binnenfelder mit Halbfiguren vor einem Hintergrund in dunklen Farben mit geometrischen oder Rankenornamenten in Deckweiß oder Gold. Von den Initialecken gehen geradlinig strukturierte Akanthusranken mit Goldfüllseln und wenigen Goldpunkten aus.
Die Wappen stehen auf geometrisch gemustertem oder mit Rankenwerk gefülltem Farbgrund oder gepunztem Blattgold, Rahmen einfarbig, Ton in Ton mit Edelsteinmuster ornamentiert, an den Ecken vielfach Blattdekor (der Rahmen 18r vermutlich nachgetragen). Halbrunde bis dreieckige Wappenschilde, Helmdecke als gezaddeltes, oft aber auch rankenartig geschwungenes Tuch, Stechhelme, menschliche Figuren in der Helmzier als Ganzfiguren ohne Verbindung zur Helmdecke, Helmzier und Helmdecke gehen auch sonst nicht ineinander über. Schilde, Helme und Helmzier anfangs nur nach (heraldisch) rechts, ab 21r auf Versoseiten auch nach links geneigt, so daß sie auf Doppelseiten einander zugewandt sind. Schildfigur immer nach rechts orientiert. Die Figuren vor allem der Initialen und der Helmzier verraten den auf Harmonie bedachten Gestaltungsanspruch des »Weichen Stils« mit weichen Konturlinien, sanften Gesten, in feinen Rundungen fließenden Gewändern. Ranken und Ornamentik haben Ähnlichkeit mit Tiroler, vor allem Brixener Arbeiten, die von der Böhmischen Schule im Umkreis der Wenzelswerkstatt beeinflußt sind (
Eng verwandt mit Innsbruck, Universitätsbibliothek, Cod. 255 (Nr. 26A.14.8.).
Als Motive der Initialen 1r (Vorrede) S-Initiale: Seneca, 3r (Buch I) A-Initiale: Salvator mundi, 21r (Buch II) D-Initiale: Maria mit Kind, 51v (Buch III) C-Initiale: Kaiser Friedrich I., 76r (Buch IV) C-Initiale: Herzog Albrecht I., 111v (Buch V) N-Initiale über 6 Zeilen: König Friedrich der Schöne. – Die Wappenreihe gehört zur Redaktion C, die mit den 15 dargestellten Landeswappen das ursprüngliche Bildprogramm der Chronik am getreuesten reproduziert.
Zinnober-Orange (76r; in Initialen sonst selten), Grau, Violettrosa, Karminrot, Kupfergrün, Gelbgrün, Blau, Braun, Weiß, Blatt- und Pinselgold. Die Initialen in blasseren Tönen.
Abb. 125: 1r. historisierte S-Initiale mit Halbbildnis Senecas als Schriftgelehrter, Blattranken.
Abb. 126: 31v. Wappen der 66. Herrschaft (Amman).
Abb. 127: 51v. Historisierte C-Initiale (Brustbild Kaiser Friedrichs I.).