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39.15. Andre Popffinger

Bearbeitet von Rainer Leng

KdiH-Band 4/2

Über Lebensdaten und Herkunft Andre Popffingers ist nicht viel in Erfahrung zu bringen. Ein früher Katalog der Münchener Hofbibliotkek bezeichnet ihn als Teutschen Schuelhalter zu München (Hartig [1917] S. 120). Die Münchener Hofzahlamtsrechnungen belegen, daß er ab 1567 als Büchsenmeister dem herzoglichen Zeughaus angehörte; im selben Jahr schied Franz Helm dort aus dem Dienst und Leonhart Fronsperger wurde oberster Zeugwart (Leng [2001] 120ff.; Leng [2002] Bd. 1, S. 350–353).

Popffingers ›Kunstbuch von Artillerie‹ ist in mehrfacher Hinsicht mit dem ›Buch von den probierten Künsten‹ seines älteren Kollegen Franz Helm verwandt. In der Weimarer Handschrift Fol 330 (siehe Nr. 39.15.3.) liegt eine Sammlung von Texten und Illustrationen vor, die Franz Helm 1565/66 für seinen Dienstherrn Herzog Albrecht V. zusammenstellte. Ein Teil der Vorlagen dieser Handschrift stammt aus dem ›Buch von den probierten Künsten‹, andere Textbestandteile und vor allem die vom ›Buch von den probierten Künsten‹ abweichenden Illustrationen stellen wenige Jahre später den Grundbestand des ›Kunstbuchs von Artillerie‹. Entweder war Poppfinger bereits an der Entstehung dieser Handschrift beteiligt (worauf die mit den späteren Abschriften des ›Kunstbuchs‹ übereinstimmene Schreiberhand hindeutet) oder er hat sich aus Franz Helms Werk und einem im Münchener Zeughaus vorhandenen Materialkorpus in ähnlicher Weise bedient wie Helm bei der Anlage von Weimar, Fol 330.

Was die Verbreitung des ›Kunstbuch von Artillerie‹ betrifft, beschritt Popffinger ähnliche Wege wie vor ihm Franz Helm. Sämtliche Abschriften des ›Kunstbuchs‹ entstanden in den Jahren um 1570/71 in rationeller Serienproduktion von einem Schreiber und von einem Illustrator. Als Entstehungsort ist somit in allen Fällen München als sicher anzunehmen. Soweit Widmungen bzw. Verzeichnungen in zeitnahen Bibliothekskatalogen eine Identifizierung zulassen, wurden als Empfänger gezielt hochrangige Fürsten ausgewählt. Die Handschrift Dresden, Mscr. C 113 (siehe Nr. 39.15.1.), wurde vermutlich Kurfürst August (1553–1586) übersandt, München, Cgm 3674 (siehe Nr. 39.15.2.), enthält einen expliziten Schenkungsvermerk des Autors an Pfalzgraf Philipp Ludwig zu Neuburg (1569–1614). Wien, Cod. 10895 (siehe Nr. 39.15.4.), wurde mit Gewissheit für die dortige Hofbibliothek gefertigt, da der Codex bereits 1576 im Verzeichnis des Hugo Blothius nachweisbar ist. Wien, Cod. 10917 (siehe Nr. 39.15.5.), stammt aus dem Besitz Erzherzog Ferdinands II. (1567–1595). Ein weiteres Exemplar, das der Datierung nach aus derselben Serie stammt, konnte hier nicht mehr aufgenommen werden; auch über einen Empfänger ist nichts bekannt (København, Kongelige Garnisonsbibliotek, I A 4 Sto-Kva 217, illustriert, datiert 1570; freundlicher Hinweis von Hans Blosen, Aarhus).

Teile aus dem Text- und Bildbestand des ›Kunstbuchs von Artillerie‹ wurden von dem ebenfalls im Umfeld des Münchener Zeughauses aktiven Schreiber Christoph Tegernseer in dessen zahlreiche Abschriften des ›Buchs von den probierten Künsten‹ integriert (siehe 39.9., Einleitung). In einem Fall fertigte er auch eine aufeinanderfolgende Abschrift beider Werke an (Darmstadt, Universitäts- und Landesbibliothek, Hs 276, 108v–158v; Abschrift von Tegernseer, Anfang 17. Jahrhundert).

Popffingers ›Kunstbuch von Artillerie‹ besteht mit nur minimalen Varianten aus einem Grundbestand an Einzeltexten, der mit einer gereimten Vorrede beginnt, welche die besondere Bedeutung der Büchsenmeisterei für Landesverteidigung betont. Es folgen Auszüge aus dem ›Feuerwerkbuch von 1420‹ samt historischen Notizen zu Berthold Schwarz, eine Zusammenstellung der (fiktiven) Büchsenmeisterprivilegien Friedrichs III. von 1444 und die »12 Büchsenmeisterfragen«. Danach stehen sparsam mit Illustrationen durchsetzte Beschreibungen der gebräuchlichen Werkzeuge des Büchsenmeisters, Schußanleitungen zu verschiedenen Büchsenarten, Anleitungen zur Herstellung von Raketen, Sprengkugeln, vergifteten Räuchen und eine Einführung in das Zeughauswesen. Den Schluß bildet schließlich ein Katalog von Zeichnungen von Sprengkugeln, Zirkeln, Werkzeug und Quadranten. Ein kleiner Teil der Illustrationen geht auf Franz Helm zurück (insbesondere die Quadranten); der größere Teil findet sich jedoch nicht im ›Buch von den probierten Künsten‹.

Die ca. 70–75 Illustrationen stehen meist im Rahmen, ganseitig im Text oder in einem abschließenden Bildkatalog. Aufwendigere Gestaltung mit Staffage, Hintergrund und Personendarstellungen ist nur in wenigen Fällen bei der Zeichnung von Büchsenmeistern beim Abfeuern eines Feldgeschützes festzustellen. Ansonsten bestehen die Illustrationen aus nahezu grobschlächtigen Skizzen der Geräte und Werkzeuge in einfacher Seitenansicht, die jedoch mit kräftigem Pinsel deckend koloriert und mit Umrahmung der Konturen versehen wurden, die einen plastischeren Eindruck entstehen lassen. Insbesondere der abschließende Bildkatalog fällt durch die regelmäßige Verwendung von Malsilber bzw. Blattgold auf.

Literatur zu den Illustrationen:

Rainer Leng: Franz Helm und sein ›Buch von den probierten Künsten‹. Ein Büchsenmeisterbuch in massenhafter handschriftlicher Verbreitung in der Zeit des Buchdrucks. Untersuchungen und Abdruck des Textes nach der Handschrift Heidelberg, UB, cpg 128. Wiesbaden 2001 (Imagines medii aevi 9), S. 120 ff. u. ö.; Rainer Leng: Ars belli. Deutsche taktische und kriegstechnische Bilderhandschriften und Traktate im 15. und 16. Jahrhundert. Bd. 1: Entstehung und Entwicklung. Wiesbaden 2002 (Imagines medii aevi 12), S. 350–353; Die Münchener Kunstkammer. Bd. 3: Aufsätze und Anhänge. Hrsg. Von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (Abhandlungen der phil.-hist. Klasse, N. F. Heft 129), München 2008, S. 42 f.