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87.3. Heinrich Laufenberg, ›Regimen‹

Bearbeitet von Pia Rudolph

KdiH-Band 9

Das ›Regimen‹ des Johanniters Heinrich Laufenberg (ca. 1390–1466) ist sicherlich sein bekanntestes Werk, daneben verfasste er beispielsweise auch geistliche Lieder. Seine Lenkung der Gesundheit umfasst etwa 6000 Reimpaarverse und entstand 1429 in Straßburg. Die Überlieferung der Handschriften zeigt, dass das ›Regimen‹ besonders im Elsass verbreitet war. Im Text der Berliner Handschrift (Nr. 87.3.1.) vermutet Menge (1976, S. 54) sogar eine noch von Laufenberg vorgenommene Bearbeitung der ältesten Textstufe von 1429. Das Werk ist in sieben Kapitel gegliedert und vielleicht schon mit einem Bildprogramm konzipiert worden, wie es auch für die ›Iatromathematischen Hausbücher‹ (Nr. 87.1.) angenommen wird (allerdings sind dort mit nur einer Ausnahme alle überlieferten Handschriften illustriert, wohingegen hier lediglich sieben von zwölf Überlieferungsträgern bebildert bzw. mit Bildlücken versehen sind). Die Struktur des Werks und die Illustration sollen im Folgenden gemeinsam beschrieben werden (eine ausführlichere Beschreibung des Inhalts liefert Menge [1976] S. 11–27, 35–37).

Das Bildprogramm zum ›Regimen‹ ist ähnlich aufgebaut wie das zum ›Iatromathematischen Hausbuch‹ (Nr. 87.1.; bei Nr. 87.1.4. scheint es sogar zu einer Vermischung gekommen zu sein). Allerdings zeigen sich hier größere Freiheiten im Umgang mit den Illustrationen und dem Textaufbau. So ist die Reihenfolge der Kapitel instabil, vor allem das sechste und siebte Kapitel können die Position tauschen (Menge [1976] S. 35f.). Ein standardmäßiges Programm kann daher nur bedingt aufgezeigt werden. Der umfangreichste Zyklus ist mit der Münchner Handschrift Cgm 377 zu rekonstruieren (Nr. 87.3.6.), die Malanweisungen zu Bildlücken enthält und außerdem als einzige den Text vollständig überliefert. Im Vergleich mit den Abbildungen im Druck (Nr. 87.3.a.) zeigt sich, dass das Programm in Handschrift und Druck nahezu übereinstimmt. Die Berliner und Karlsruher Handschriften (Nr. 87.3.1. und Nr. 87.3.4.) erhielten dagegen einen reduzierteren Zyklus. So wurden zum Beispiel häufiger Illustrationen gestrichen, eventuell weil es redundant erschien, mehrfach die Szene Arzt am Krankenbett oder Frau mit Kleinkind zu zeigen.

Die folgende Aufstellung listet auf der Basis von Cgm 377 (Nr. 87.3.6.) bzw. des Drucks (Nr. 87.3.a.) die Illustrationen zu den jeweiligen Kapiteln und Abschnitten auf. Die Abbildungen sind, wie bei Nr. 87.1., in direkter Textnähe angebracht. Der Text kann an verschiedenen Stellen mit Tabellen angereichert sein. Durch Rubrizierungen und Illustrationen sind die einzelnen Kapitel und Abschnitte leicht auffindbar.

Noch vor Textbeginn überliefern manche Handschriften eine Inhaltsangabe, in der der Werktitel genannt wird (Nr. 87.3.2., Nr. 87.3.3., Nr. 87.3.4., Nr. 87.3.6.). Das einleitende Bild zeigt Gottvater auf einem Thron, er ist der Garant für die im ›Regimen‹ aufgezeigte Ordnung von Makro- und Mikrokosmos; zu seinem Lob sei das Werk verfasst, heißt es im Prolog.

Das erste Kapitel beinhaltet einen Kalenderteil mit Monatsversen und Kalender (sehr ähnlich zu Nr. 87.1.). Im Kalenderteil werden stets zuerst die Monatsarbeiten abgebildet (Mann am Esstisch, Mann am Feuer, Ackern, Arbeit am Weinberg, Frau im Grünen, Pflügen, Heuernte, Kornernte, Weinlese, Aussaat, Holzhacken, Schlachten), dann die Tierkreiszeichen (Wassermann–Steinbock). Im Gegensatz zu Nr. 87.1. scheinen an dieser Stelle die Tierkreiszeichen häufiger mitillustriert worden zu sein (außer bei Nr. 87.3.3. [ob in den Bildlücken Tierkreiszeichen geplant waren, muss offen bleiben] und Nr. 87.3.4. [hier nur die Monatsverse, kein Kalender]). Zum Kalenderteil sind auch noch die anschließenden Tabellen (z. B. zur Berechnung der goldenen Zahl oder der Mondphasen) zu zählen.

Das zweite Kapitel zu den sieben Planeten und elf Himmeln wird von einem Gespräch zwischen Gottvater und Abraham eingeleitet, in dem Gott den Aufbau von Himmel und Erde erläutert. Im Abschnitt zu den sieben Planeten (Saturn, Jupiter, Mars, Sonne, Venus, Merkur, Mond) werden diese wie üblich nackt (mit Stern vor der Scham) und mit ihren entsprechenden Tierkreiszeichen dargestellt. Darauf folgt der Abschnitt zu den elf verschiedenen Himmeln, in dem mit vier Rundbildern die höchsten Sphären, nämlich der achte bis elfte Himmel, veranschaulicht sind: mit blauen Wolkenbändern der achte, mit ineinander liegenden Kreisen der neunte, mit weißen Wolkenbändern der zehnte sowie mit Gott und Heiligen der elfte Himmel. Da dieser beschriebene Makrokosmos den Menschen beeinflusst, wird am Ende des Kapitels ein Zodiakusmann gezeigt.

Der Zodiakusmann leitet zugleich zu den zwölf Tierkreiszeichen im dritten Kapitel über, in dem die Zeichen den verschiedenen Körperteilen zugeordnet und mit medizinischen Praktiken in Verbindung gesetzt werden, die in bestimmten Mondphasen durchzuführen sind. Wie bei Nr. 87.1. enthält dieses Kapitel auch die Darstellung der Tierkreiszeichen (Widder–Fische).

Das vierte Kapitel handelt von den vier Lebensaltern (in Verbindung mit den vier Jahreszeiten) und den vier Temperamenten: Die vier Lebensalter werden durch vier Frauen von jung bis alt repräsentiert. Der folgende Abschnitt zu den vier Temperamenten wird durch eine Urinschau eingeleitet (Arzt am Lesepult, der ein Uringlas hochhält, um das Temperament des Patienten zu bestimmen), dann folgen Darstellungen der Temperamente, die sich in Anordnung und Ikonografie deutlich von Nr. 87.1. unterscheiden: Zuerst der Sanguiniker, der musiziert (bei Nr. 87.1. ist mit der Musik der Phlegmatiker verbunden), dann ein Mann mit Schwert für den Choleriker, ein Schlafender für den Phlegmatiker und ein betagter Gelehrter am Lesepult für den Melancholiker (bei Nr. 87.1. ein Schlafender).

»Seinen Namen verdankt das ›Regimen‹ vor allem dem Inhalt des fünften Kapitels, des mit 1896 Versen bei weitem umfangreichsten, das nämlich Der gesundheit Regimen als Thema hat, wie Vers 2336 angibt« (Menge [1976] S. 12). Dieses Kapitel stellt Betätigungen, Praktiken oder Gegebenheiten vor, die mit einer gesunden Lebensführung in Verbindung stehen (zu dieser Diätetik gehört u. a. Bewegung, Essen und Trinken, Baden, Aderlass, Luft, aber auch das Vergnügen). Hierzu werden in dieser Reihenfolge zum jeweils passenden Abschnitt gezeigt: Ringen, Speisen, Trinken, Schlafen, Arzt und Patient, Baden, Aderlass am Arm, Aderlassmann, Essen und Trinken, Wind (der Einfluss auf das Gemüt des Menschen ausübt), Mann und Frau beim Brettspiel (bei Nr. 87.3.6. Schach, bei Nr. 87.3.a. Wurfzabel).

Das sechste Kapitel zur Schwangerschaft und Pflege von Kindern beginnt mit der Darstellung einer Schwangeren, danach folgen sieben Illustrationen, die den beschriebenen Umgang mit dem Kind bis zur Schule wiedergeben: Frau nach der Geburt mit Amme/Hebamme, Kind im Bad, Kind in der Wiege, Kind bekommt zu essen, Kind lernt mit Hilfe eines Rollgestells laufen, Kind wird von der Milch entwöhnt (es saugt noch an der Flasche, während die Mutter feste Nahrung zubereitet), ein Schüler wird zum Lehrer gebracht.

Das siebte Kapitel zur Pest wird von Mars neben Jupiter (die Planeten wieder nackt, dazwischen das Sternzeichen Zwilling) eingeleitet. Der Text erklärt, dass unter dieser Himmelskonstellation besonders viele Sterbefälle auftreten. Danach wird erläutert und gezeigt, wie Drachen schlechte Luft verbreiten, die zum Tode führt. Der Tod wird auch durch Gottvater repräsentiert, der mit Pfeilen schießt (unter ihm Sterbende). Unheilverkündende Unwetter werden dargestellt, danach ein Mann im Haus an einem Feuer, denn die Luft draußen sei schlecht, so der Text. Zum Ende des Pestkapitels werden medizinische Praktiken illustriert: Aderlass am Bein, Behandlung eines Geschwürs, Krankenspeisung durch den Arzt, Arzt am Kranken- oder Sterbebett.

»Das sich dann anschließende Akrostichon gibt in 40 Versen, deren Sinn ziemlich dunkel ist, Namen, Herkunft und Stand des Verfassers an: Heinrich Lovffenberg Von Fryburg Ein Priester« (Menge [1976] S. 37; unter den illustrierten ›Regimen‹-Handschriften ist das Akrostichon nur in Nr. 87.3.5. [teilweise], Nr. 87.3.6. und Nr. 87.3.7. erhalten). Am Ende kann ein Autorbild stehen, auch wenn das Akrostichon nicht mitüberliefert ist (Nr. 87.3.1.).

Häufig steht das ›Regimen‹ in Überlieferungsgemeinschaft mit dem sog. Iatromathematischen Corpus (siehe Nr. 87.3.2., Nr. 87.3.4., Nr. 87.3.5., Nr. 87.3.7., bei Nr. 87.3.1. und Nr. 87.3.3. eventuell verloren; das Corpus ist überliefert im sog. Codex Schüpfheim, Luzern, Staatsarchiv, PA 261, daher bei Schnell [2019, S. 225f., 229, 233] benannt als: ›Iatromathematisches Corpus‹ [Schüpfheim-Fassung]; daneben ist auch die Bezeichnung ›Londoner Arzneibuch‹ gängig; grundlegend zu diesem astrologisch-medizinischen Kompendium: Welker [1988]). Im Gegensatz zum ›Iatromathematischen Hausbuch (Schürstab-Fassung)‹ (Nr. 87.1.) und zum ›Regimen‹ ist das Iatromathematische Corpus nicht mit Illustrationen konzipiert worden. Bis auf eine Ausnahme (Philadelphia, University of Pennsylvania, LJS 449; Nr. 87.2.16.) ist es unbebildert erhalten.

1491 erscheint das ›Regimen‹ unter dem Titel ›Versehung des Leibs‹ im Druck (Nr. 87.3.a.; unter diesem Titel ist die Handschrift in der Wellcome Library verzeichnet, Nr. 87.3.5.; außerdem existiert noch ein weiterer Druck mit diesem Titel, der nicht mit dem ›Regimen‹ zusammenhängt: Nürnberg: [Peter Wagner], 1489; GW M50194). Daneben bringt Bartholomäus Kistler das Kapitel zur Pest aus dem ›Regimen‹ 1500 auf den Markt (Nr. 87.3.b.). Es ist auffällig, dass keiner der beiden Drucke wieder aufgelegt oder nachgedruckt wurde. Offenbar war die Konkurrenz durch die gedruckte Variante des ›Iatromathematischen Hausbuchs‹ (Nr. 87.1.a.) und aktuellere Pesttraktate zu groß. Allerdings wurden verschiedene Abschnitte des ›Regimen‹ in medizinische Schriften integriert, die in den Druck gingen (eine Übersicht für das 15. und 16. Jahrhundert liefert Menge [1976] S. 10f.). Zum Beispiel verwendete Jacob Ruf Teile aus dem Kapitel zur Schwangerschaft und Pflege des Kindes für sein Hebammenbuch (Zürich: Christoph Froschauer d. Ä., 1554; VD16 R 3575), das bis ins 17. Jahrhundert gedruckt wurde. Auszüge und die Ikonografie aus diesem Kapitel finden sich 1532 in ›Eyn regiment der Gesuntheyt für die jungen kinder‹ von Bartholomäus Metlinger wieder (Mainz: Peter Jordan, 1532; VD16 M 4944).