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87.5. Frauenmedizin

Bearbeitet von Pia Rudolph

KdiH-Band 9

Frauenmedizinische Werke sind unter anderem durch die lateinischen sogenannten Trotula-Handschriften überliefert, deren Texte einer Trotula von Salerno zugeschrieben wurden, oder durch die ›Secreta mulierum‹, als deren Verfasser Albertus Magnus galt und die von Johannes Hartlieb (Bosselmann-Cyran [1985]) sowie einem weiteren, anonymen Autor ins Deutsche übertragen wurden (letzterer mit Kommentierung; Schleissner [1987]). Diese Texte wurden vereinzelt mit Autorbildern oder Lehrszenen ausgestattet (Trotula: London, Wellcome Library, MS.544, 65ra; Ps.-Albertus Magnus: Rom, Vatikanstadt, Cod. Pal. lat. 1382, 117r). Daneben setzen sich einzelne Kapitel in deutschsprachigen, medizinischen Werken mit Frauen auseinander: Ein Kapitel aus dem ›Regimen‹ von Heinrich Laufenberg beschreibt die schwangere Frau und die Pflege von Kindern (zu den Illustrationen siehe Nr. 87.3.). Auch das ›Arzneibuch‹ von Ortolf von Baierland enthält frauenheilkundliche Abschnitte (z. B. Kap. 130–134; eventuell ist die Darstellung einer Frau bei Nr. 87.2.24. nicht als Personifikation der Medizin zu verstehen, sondern bezieht sich direkt auf diese Kapitel).

Insgesamt sind Illustrationen zu Frauenmedizin rar. Eine Ausnahme bilden Kindslagenbilder. Hier wird der Uterus durch eine nach unten geöffnete Blase schematisch veranschaulicht, in der verhältnismäßig großgewachsene Kinder dargestellt sind. Beischriften zu diesen Lagen geben Hinweise an die Hebamme, wie bei der Geburt vorzugehen ist. Diese Bild-Text-Kombination geht auf die mittelalterliche Überlieferung des Werks ›Peri gynaikeiōn‹ von Soranos von Ephesos zurück, das um 500 durch den Medicus Muscio ins Lateinische übertragen wurde (die älteste Überlieferung, bereits mit den Kindslagenbildern, in der Handschrift Brüssel, ms. 3714). Später können die Bild-Text-Kombination von maximal 16 Kindslagenbildern (davon zwei Mal Zwillinge) mit den Muscio-Kommentaren auch eigenständig überliefert sein (das erste bekannte Beispiel befindet sich in München, Clm 161, 39r–40r).

Nur zwei deutschsprachige Handschriften aus dem 15. Jahrhundert enthalten Kindslagenbilder. Dies ist zum einen die Handschrift Ms 1192 in Leipzig (Nr. 87.5.3.) mit einer nach Sudhoff (1909, S. 425) »ungelenken« Übertragung der Muscio-Kommentare durch einen anonymen Übersetzer. Mitüberliefert sind hauptsächlich medizinische Werke auf Latein (Bernhard von Gordon, ›Lilium medicinae‹). Warum gerade hier ein deutscher Text mit in die Sammlung aufgenommen wurde, ist unklar. Vermutlich lag dem Schreiber, der wohl auch der Illustrator ist, nur eine deutsche, heute verlorene Vorlage vor.

Dass die Kindslagenkommentare in der Regel lateinisch waren, zeigt eine überwiegend deutsche Sammelhandschrift mit medizinisch-astrologischem Inhalt, die auch Kindslagenbilder überliefert, allerdings mit lateinischen Beischriften (München, Cgm 597, 260r–261v; Nr. 87.6.4.).

Zum anderen ist der Codex MS.B 33 in Erlangen mit 16 Kindslagenbildern ausgestattet (Nr. 87.5.1.), diese wurden nachträglich auf Deutsch und in Unkenntnis der Muscio-Kommentare beschriftet, so dass sie bislang als Nachtrag zur anonymen deutschen ›Secreta mulierum‹-Übersetzung gedeutet wurden, die in der Handschrift überliefert ist. Allerdings wäre es der einzige Fall, in der diese spezielle Bild-Text-Kombination die ›Secreta mulierum‹ illustrieren würde. Viel wahrscheinlicher ist es, dass die 16 Abbildungen und die ›Secreta‹-Übertragung zusammen entstanden und die Muscio-Erklärungen fehlten. Besonders ist bei den Darstellungen, dass nicht nur die Kinder gezeigt werden, sondern Frauen mit Bauchöffnungen, vor denen die Kinder platziert sind. Die Abbildungen sind damit Kombinationen von Kindslagen- und Situsbildern, die eine nackte Frau mit schematisierten Organen zeigen, in deren Uterus immer ein Kind zu sehen ist (vgl. auch München, Cgm 597, 259v).

Erst 1513 erschienen die Kindslagenbilder im Druck in ›Der schwangeren Frauen und Hebammen Rosengarten‹ von Eucharius Rößlin d. Ä. (Nr. 87.5.a.; Straßburg: Martin Flach, 1513; VD16 R 2848; sein Sohn, Eucharius Rößlin d. J., nimmt die Übersetzung ins Lateinische vor, die 1532 herauskam; Frankfurt: Christian Egenolff d. Ä., 1532; VD16 R 2861). Auf welche Quellen sich Rößlin d. Ä. bezieht, ist bislang nur unzureichend aufgearbeitet. Er nimmt jedenfalls keine Übersetzung von Muscio vor, sondern greift allenfalls lose auf den Text zurück (Green [2009]). Allerdings hat die Darstellungstradition sicherlich auch die Holzschnitte zur Rößlin-Ausgabe beeinflusst. Die Illustrationen von Rößlins Werk bestehen unter anderem aus 19 Kindslagen (davon drei Zwillinge) und einem Geburtsstuhl. Eine niederdeutsche Übertragung des Drucks ist in einer medizinischen Sammelhandschrift in Göttingen erhalten, wobei manche Bilder aus dem Druck übernommen wurden (Nr. 87.5.2.). Außerdem existiert eine Kopie der 19 Kindslagen und des Stuhls ohne den zugehörigen Text von Rößlin in der Erlanger Handschrift MS.B 200 (Nr. 49a.5.1.), 78r–79r (mit erklärendem Text auf 178r–v, dessen Bezug zu Rößlin genauer untersucht werden müsste).

Editionen:

Sudhoff (1909) zu Nr. 87.5.3.; Schleissner (1987) zu Nr. 87.5.1.

Literatur zu den Illustrationen:

Sudhoff (1908a) S. 73–81; Weindler (1908).