KdiH

KdiH

_ (der Unterstrich) ist Platzhalter für genau ein Zeichen.
% (das Prozentzeichen) ist Platzhalter für kein, ein oder mehr als ein Zeichen.

Ganz am Anfang und ganz am Ende der Sucheingabe sind die Platzhalterzeichen überflüssig.

ß · © ª º « » × æ œ Ç ç č š Ł ł ́ ̀ ̃ ̈ ̄ ̊ ̇ ̋ ͣ ͤ ͥ ͦ ͧ ͮ Α Β Γ Δ Ε Ζ Η Θ Ι Κ Λ Μ Ν Ξ Ο Π Ρ Σ Τ Υ Φ Χ Ψ Ω α β γ δ ε ζ η θ ι κ λ μ ν ξ ο π ρ σ ς τ υ φ χ ψ ω ͅ ̕ ̔

73.8. ›Christi Leiden in einer Vision geschaut‹

Bearbeitet von Kristina Domanski

KdiH-Band 8

Der Passionstraktat ›Christi Leiden in einer Vision geschaut‹ liegt bereits in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts außer in einer rheinisch-moselfränkischen Fassung, die vermutlich auf eine niederländische Vorlage zurückgeht, auch in einer alemannischen Bearbeitung vor (Frederick P. Pickering, in: 2VL 1 [1978], Sp. 1218–1221). Explizit wird zu Beginn des Werks dargelegt, dass nicht allein die Berichte der Evangelien als Grundlage der Betrachtung dienen, da viele Einzelheiten von den Evangelisten, die sich auf das Notwendigste hätten beschränken müssen, nicht berichtet würden. Die umfassenden Leiden Christi seien aber in der vorliegenden Schrift einem gelehrten Dominikaner, gelert man predigers ordens, offenbart worden. Dementsprechend wird der Passionsbericht um minutiöse Schilderungen der körperlichen Qualen Christi erweitert, auf exegetische Kommentare der Kirchenväter aber verzichtet. Unter den ausführlich beschriebenen Martern Christi sticht die Folterung durch brennende Eierschalen, durch deren Hitze sich seine Haut zu großen Blasen aufwirft, als das vielleicht ungewöhnlichste Detail heraus.

Bereits Ruh zeigte sich irritiert über diese ausgefallene Foltermethode (Ruh [1956/1957] S. 72, Anm. 1), für die bislang nur eine Erwähnung außerhalb des hier behandelten Textes im Rahmen einer Weltchronikkompilation mit begleitender Deckfarbenminiatur aus der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts nachzuweisen ist (Wolfenbüttel, Cod. Guelf. 1.5.2. Aug. 2o, 150vc, Nr. 3.2.5., Günther [1993] S. 402, 675).

Allein die noch im 14. Jahrhundert angefertigte Weimarer Abschrift (Nr. 73.8.2.), die ›Christi Leiden‹ in der ripuarisch-moselfränkischen Fassung enthält, wurde mit einer Illustrationsfolge ausgestattet. Wie in anderen Überlieferungszeugen wurde der Passionstraktat gemeinsam mit zwei Werken Heinrich Seuses, dem ›Büchlein der ewigen Weisheit‹ und dem ›Großen Briefbuch‹, kopiert.

In der wohl zwischen 1400 und 1410 angelegten Berliner Handschrift (Nr. 73.8.1.), die den Passionstraktat als Teil eines individuell kompilierten Erbauungsbuches enthält, wurden durchgehend Freiräume gelassen, von denen der Platzierung nach drei für Passionsdarstellungen vorgesehen waren. Aufgrund der ausführlichen Beschreibung unter Nr. 44.14.4. wurde auf eine Wiederholung an dieser Stelle verzichtet.

In einer Nürnberger Sammelhandschrift, die vor dem Passionstraktat die Dekalog-Auslegung Marquards von Lindau sowie diverse Gebete enthält, wurde als Buchschmuck ein kolorierter Holzschnitt mit der Verkündigung an Maria in den Vorderdeckel eingeklebt (Nürnberg, Stadtbibliothek, Cent. IV, 31, Passionstraktat 147ra–161vb). Die Handschrift, die um 1421 fertiggestellt wurde, kam mit Katharina Tucher in das Dominikanerinnen-Kloster in Nürnberg, wie ein unter dem Holzschnitt um 1455 von Kunigund Niklasin eingeklebter Besitzeintrag zeigt. Da der Holzschnitt zwar als Buchschmuck, aber mangels inhaltlichen Bezugs nicht als Illustration zum Passionstraktat angesehen werden kann, wurde von einer Aufnahme in den Katalog abgesehen (Schneider [1965] S. 25–27; Schmidt [2003] S. 435, Abb. 49).

Die 25 Illustrationen umfassende Bildfolge der Weimarer Handschrift hebt sich nicht nur von der übrigen Überlieferung des Passionstraktates, sondern auch von den zeitgenössischen Passionszyklen in mehrfacher Hinsicht ab. Zunächst fällt die Uneinheitlichkeit der Bildfelder auf, deren Größe beträchtlich variiert. Zudem wurden sie scheinbar ohne System und unabhängig von der Gliederung des Textes durch Rubriken in den Schriftspiegel eingefügt. Ausgeführt wurden die Bilder, wie ihre stilistische Ausführung erkennen lässt, schließlich erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Die Auswahl der Bildthemen folgt dabei der Ausrichtung des Textes auf die vielfältigen körperlichen Qualen Christi, die in außergewöhnlich hoher Zahl und Frequenz verbildlicht werden.

Editionen:

Priebsch (1936) [Ausgabe nach der Handschrift jetzt London, Institute of Germanic Studies, MS Germ. 2]; Pickering (1952).

Literatur zu den Illustrationen:

Pensel, Weimar S. 2.