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74.9.11. Sigmaringen, Fürstlich Hohenzollern’sche Hofbibliothek, Cod. 24

Bearbeitet von Kristina Freienhagen-Baumgardt

KdiH-Band 8

Datierung:

1464 (268r).

Lokalisierung:

St. Mang, Füssen (?).

Besitzgeschichte:

Roth (1999, S. 332) nimmt mit Verweis auf Lehner (1872, S. 24) den Codex in den Kurzkatalog der Handschriften aus St. Mang auf. Der Schreibereintrag teilt mit: Anno Im lxiiii per manus Magni muratoris de fuessen [...] 1464 (268r). Williams-Krapp (1986, S. 228) spricht sich mit der Begründung gegen die Provenienz in St. Mang aus, dass der Schreibereintrag de fuessen abundant ist, wenn der Codex aus St. Mang kommt. Auf dem Vorsatzblatt IIv ist mit moderner Hand vermerkt: Aus der Abtei St. Magnus in Füssen am Lech. Der Schreiber Magnus Muratoris von Füssen studierte 1455 in Erfurt, 1458 in Wien (Nachweis bei Klaus Graf: Zu den Handschriften der Hofbibliothek Sigmaringen. Über adeliges Sammeln im 19. Jahrhundert. https://archivalia.hypotheses.org/97818). Die Handschrift ist seit dem 19. Jahrhundert im Besitz des Hauses Hohenzollern, wie der Eintrag des Begründers der Hofbibliothek auf dem eingeklebten Vorsatzblatt mitteilt: Carl Anton von Hohenzollern (1811–1885). Der ebenfalls hier befindliche Eintrag 9567 A.A bleibt unklar.

Inhalt: Die im zweiten Teil der Handschrift überlieferte Legende des hl. Gebhard ist nicht identisch mit der bei Birlinger (1889) edierten Überlieferung des Textes, wie Klein (1998, S. 81) vermutet hatte.
1. 2r–268v ›Der Heiligen Leben‹
Sm1 (Williams-Krapp [1986] S. 228); 1r–1v Inhaltsverzeichnis; Sommerteil Nr. 1, 3–6, 10–13, 15, 24, 25, 27, 28, 30, 33, 38, 39, 41, 45, 42, 46, 48, 51, 54–57, 59, 61–66, 75, 77–79, 82, 84, 87–90, 92, 94, 58a, 95, 96, 100, 101, 106, 108, 115, 118, 119, 121, 125
2. 268v Gebetsinitium
O Sancta Maria et sancta Katrina / Sitis secum inn doct [?, bricht ab]
3. 274r–286r Legende des Gebhard
Diß nach geschriben ist Sant Gebhartz leben uss der latin zuͦ tutsch bracht
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, II + 294 Blätter (Vorsatzblatt I und Bl. 294 auf den Einband geklebt, moderne Zählung: 1–70, 71a–c, 72–294, berichtigt die fehlerhafte Zählung von Lehner [1872, S. 24], der 289 Blätter zählt; nach Bl. 268 ein Blatt herausgerissen), 304 × 214 mm, Bastarda, drei Hände (I: 1r–268r Kolophon siehe oben, II: 268v, III: 274r–286r), einspaltig, 274r–276v zweispaltig, 30–39 Zeilen, ein- bis vierzeilige rote Initialmajuskeln.

Schreibsprache:

schwäbisch.

II. Bildausstattung:

58 kolorierte Federzeichnungen, zwei Zeichner (?).

Format und Anordnung:

Die Illustrationen befinden sich jeweils am Beginn der Legende, nehmen in der Breite ein Drittel bis die Hälfte des Schriftraums ein, in der Höhe zwischen zwölf und 18 Zeilen.

Bildaufbau und -ausführung:

Die kolorierten Federzeichnungen zu Beginn jeder Legende sind an den Schriftspiegel angepasst, nur selten darüber hinaus gemalt (z. B. 65r, 71r, 113v, 155v). Zwischen der rubrizierten Legendenüberschrift und dem Text sind zwischen drei und fünf Zeilen freigelassen (ohne Freiraum nur 145r Pantaleon und 64v/65r Johannes der Täufer), so dass mehr Raum für die Illustration entsteht. Die Illustrationen reichen teilweise in den Text bzw. sind über die Initiale gemalt. Die Farben sind flächig deckend oder lavierend aufgetragen, Modellierung durch Strichführung, durch Mischung der Farben entstehen dreidimensionale Abschattungen vor allem bei Felsformationen. Die Konturen sind schwarz vorgemalt, dann ausgemalt. Vorhanden sind genaue Detaildarstellungen (Kettenhemd des Paulus mit kleinen aneinander gereihten Gliedern 80v, Strohkissen des Alexius durch Schraffuren 109r), aber auch holzschnittartig abstrahierende Formen (Berge, Landschaft, Flammen 56r, 57v). Die Figuren stehen nie frei, sondern auf verschiedenen Böden: grünes Wiesenstück (hier durchgängig vorgezeichnete Blumen und Grasbüschel grün übermalt), Erdstück (Martha 138v, Laurentius 159r, Magnus Martyr 185v), gekachelte Böden (Mariä Himmelfahrt 171r, Papst Stephan 147r). Möglicherweise sind verschiedene Illustratoren tätig. Eine Hand zeichnet zierliche, aufrechte Figuren, schlank, mit schmalen Köpfen, langen Beinen (z. B. 71r, 197v), die andere Hand kurzbeinige Figuren mit überdimensionierten runden Köpfen (39v, 78v, 113v, 159v, 220r, 266v), holzschnitthaft. Die bulligen, kantigen Gesichter der Sieben Schläfer (78v) mit dem fast geraden Kinn und die Vorliebe für die Haarnadelfalten, die sich gegenseitig überlagern, könnten nach Konstanz weisen, wo Ähnliches, nur gröber, bei Gebhard Dacher oder – etwas fortgeschrittener – bei Hans Vintler (›Die pluemen der tugent‹ in Gotha, Chart. A 594 [Nr. 18.1.1.]) vorhanden ist. Von den Sieben Schläfern sind nur drei vollständig zu sehen, die übrigen sind verdeckt, alle blond mit Heiligenschein. Der Kopf des rechten Schläfers ist perspektivisch nicht gelungen, da übergroß und fehlerhaft platziert. Dadurch entsteht der Eindruck einer Montage. Der Berg, in dem die Schläfer sitzen, ist klein und holzschnittartig, im Hintergrund eine kleine Wiese und Bäume (vgl. Christus und die schlafenden Jünger am Ölberg, ca. 1460, Holzschnitt: Washington, National Gallery of Art, Rosenwald Collection, Inv.-Nr. 1943.3.463). Die Figuren werden differenziert durch Frisur und Haarfarbe, die Heiligen weitgehend mit Heiligenschein (ohne: Sigismund 39v, Pauli Bekehrung 80v, Christophorus 130v, Wenzel 266v), der wie eine Platte an den Kopf geklebt erscheint (besonders bei den Zehntausend Märtyrern 59v). Als reduzierte Form der Simultandarstellung kann festgestellt werden, dass die auf das weltliche Amt verweisenden Kopfbedeckungen wie Tiaren und Mitren mit dem Heiligenschein hinterlegt sind. Da Kunigunde als Nonne den Kopf durch den Schleier bedeckt hat (105v), liegt hier die Kaiserkrone vor ihr auf dem Boden. Die Schergen sind gezeichnet mit ungeschlachten Köpfen, teilweise kahlköpfig mit hämischem Gesichtsausdruck und herausgestreckter Zunge (94r, 155v, 156v). Die Heiligen werden typisiert dargestellt durch Beigabe der entsprechenden Attribute, teilweise übergroß (Schlüssel des Petrus 74r, Fisch des Ulrich 90r), Petrus durchgehend typisiert mit breitem Kopf, Glatze mit Lockenkranz und Stirnlocke (47r, 71r, 74r), Gesichter meist flächig, nur Mund- und Kinnfalten, Augen minimalistisch, weitgehend ohne Augenbrauen, Augapfel nur durch schwarzen Punkt gegeben. Die im Martyrium dargestellten Heiligen scheinen keinen Schmerz zu empfinden, der Gesichtsausdruck ist emotionslos oder auch heiter (123v, 145r, 159r), was in starkem Gegensatz zur drastischen Darstellungsweise mit metzelnden Schergen und blutigen Wunden steht (vor allem Barnabas 56r; Zehntausend Märtyrer 59v; Johannes der Täufer 65r; Afra 156v, wo der Folterknecht nicht nur mit einem großen Blasebalg das Feuer anfacht, sondern Afra auch die Zunge herausstreckt; Magnus Martyr liegt zerteilt mit blutenden Wunden unter den Schlägen der Folterknechte, die abgetrennten Gliedmaßen um ihn herum verteilt, 185v).

Bildthemen:

Die Illustrationen zeigen die Heiligen in verschiedenen Haltungen bzw. Situationen: Statisch einzeln stehend oder sitzend, ausgestattet mit den bekannten Attributen (Nr. 1, 13, 28, 45, 42, 48, 55, 56, 61, 77, 84, 90, 92, 94, 58), in einer Handlung, die der Legendenerzählung entnommen ist (Nr. 3, 4, 5, 15, 24, 25, 46, 54, 57, 59, 64, 65, 87, 88, 95, 96, 100, 101, 106, 108, 115, 119, 121) oder im Martyrium (Nr. 27, 30, 33, 38, 39, 41, 51, 62, 63, 66, 75, 78, 79, 82, 89, 118, 125). Gewählt sind neben Heiligen, die besonders im schwäbischen Raum und der Bodenseegegend von Interesse waren (Sigismund, Ulrich, Afra, Magnus von Füssen) schwerpunktmäßig Apostellegenden (Markus, Johannes und Paulus, Petrus, Paulus, Jacobus minor, Bartholomäus, Matthäus) und die wichtigsten Marienlegenden (Mariä Himmelfahrt, Warum der Samstag Maria geweiht ist, Mariä Geburt). Zur Darstellung des Apostels Markus ist das Symbol des Löwen gewählt (Nr. 6, 12v). Die Figur des Sigismund von Burgund (39v) ist in der Darstellung ähnlich dem Fresko von Sigismund in der Dreifaltigkeitskirche in Konstanz (grüner Mantel, blonder Vollbart, blonde lockige Haare, Kaiserkrone, in der Hand den Reichsapfel und das Szepter) und den Darstellungen im Windecker Sigismund-Buch aus der Werkstatt des Diebold Lauber (Nr. 26B.7.1., Nr. 26B.7.4.). Diese Figur ist ein zweites Mal gezeichnet in der Illustration zur Legende Nr. 115 (Kreuzerhöhung 253v), hier sitzend am Fuß des Kreuzes.

Farben:

in Abstufungen Rot, Grün, Blau, Braun, Gelb, Umbra, Inkarnat.

Literatur:

Lehner (1872) S. 24f. – Birlinger (1889); Firsching (1973) S. 75 (Nr. 33); Williams-Krapp (1986) S. 228; Der Heiligen Leben (1996) S. XXIV; Klein (1998) S. 80f. (Nr. V); Williams-Krapp (2015) S. 95.

Weitere Materialien im Internet:

www.handschriftencensus.de/8550

Abb. 93: 78v. Sieben Schläfer.

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Abb. 93.