37.1.23. Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 76.3 Aug. 2º
Bearbeitet von Ulrike Bodemann
KdiH-Band 4/1
1458. Zweite Hälfte 15. Jahrhundert.
Augsburg/Nürnberg.
Die Handschrift wurde vermutlich in Augsburg aus mehreren Faszikeln zusammengestellt. Um 1636/37 von Herzog August dem Jüngeren erworben.
1. | 1r–95v |
Ulrich Boner, ›Der Edelstein‹
Hs. W4 |
2. | 96r–104r |
Küchlin, Augsburger Reimchronik Vom Herkomen der Stadt Augsburg
Hs. W ( |
3. | 104v–106v | Bildseiten |
4. | 108r–149v |
Rosenplütsche Fastnachspiele
Hs. K ( |
5. | 152r–155v |
Hans Rosenplüt, ›Die 15 Klagen‹
Fassung A, unvollständig ( |
6. | 156r–189r | Priameln |
7. | 190r–v | Scherzhafter Liebesbrief |
8. | 191r–199v |
Rosenplütsche Fastnachtspiele
siehe zu Text 4 |
Papier, 199 Blätter (moderne Bleistiftfoliierung; es fehlen mit Text- und Bildverlust eine Lage vor Blatt 1, je ein Blatt nach 44 und 199, ferner einige unbeschriebene Blätter nach 151 und nach 190; zahlreiche Defekte im 19. Jahrhundert dilettantisch repariert, insbesondere die Bildseiten 104v–106v teilweise mit neuem Papier hinter- bzw. überklebt); 295–300 × 210 mm, einspaltig, abgesetzte Verse, saubere Bastardaschriften, vier Schreiber, I: 1–104, einspaltig, meist 29 Zeilen, Verse abgesetzt, Versanfänge rot gestrichelt, rote Lombarden über zwei bis drei Zeilen, Überschriften (Text 2) rot; datiert 95v: 1458; II: 108–189, wohl zu unterschiedlichen Zeiten: 108–149 je nach Strophenabsätzen 18–25 Zeilen, um 1460, 152–189 engzeiliger, nach der Wasserzeichenanalyse
Text 1, 2, 7 schwäbisch, Text 4–6, 8 nürnbergisch.
Zu Text 1 86 kolorierte Federzeichnungen (Blattangaben siehe S. 200–205), zu Text 2 fünf kolorierte Federzeichnungen (siehe Nr.
schriftspiegelbreit (ca. 140–150 mm) in variablen Formaten, die der Größe der Fabelfiguren angepaßt sind (gelegentlich ragen Bildteile aber auch über den Rahmen hinaus: 21r, 34v, 42r, 48v, 79r, 83v u. ö.); Einfassung durch schmalen, violettroten Pinselstrich. Jeweils vor Fabelbeginn (ohne Überschrift); zu den Fabeln Nr. 13 (1r erster Text der Sammlung) und Nr. 62 (59r) ist der vorgesehene Bildraum durch Rankenornamente gefüllt, das Bild zu Nr. 62 befindet sich auf einer (eigentlich zu klein bemessenen) Fläche der vorhergehenden Seite (58v), das vermutlich ebenfalls vorgezogene Bild zu Nr. 13 fehlt mit der gesamten ersten Lage.
Ein meist unstrukturiertes Bodenstück, flächig hellgrün laviert, mit olivockerfarbigen Pinselstrichen darüber, füllt ungefähr die Hälfte der Bildhöhe, davor agieren die Fabelprotagonisten. Die Kulissen bilden Einzelbäume mit aus waagerechten Stricheln und Kritzeln gebildeten Kronen, im Verlauf der Bildausführung zunehmend sparsamer eingesetzt, daher wirken die Bildräume in der zweiten Hälfte der Sammlung oft sehr leer. Zurückhaltende, manchmal brüchige, manchmal strichelige Konturzeichnung, bewußt skizzenhafter sind z. B. Hände und Haartrachten gezeichnet, Fell- und Gefiederstrukturen durch dünne, flüchtige Strichel angegeben. Abgesehen von (Reit-)Pferden sind Tiere eher ungelenk gestaltet (unstimmige Proportionen), sehr selten mit menschlichen Zügen (Wolf 22r, Affe 76v). Menschen dagegen sehr viel behender: schlanke Körperformen, modische, eng taillierte Kleidung, Frauengewänder mit kantigen Faltenwürfen, bewegte Gestik (kennzeichnend die ausholenden Schrittformen). Zeichnerisch den um Hektor und Georg Mülich entstandenen Abschriften der Meisterlin-Chronik aus dem Jahr 1457 nahestehend (vgl. Nr. 26A.2.1., Nr. 26A.2.3., Nr. 26A.2.6., Nr. 26A.2.9.), doch deutlich schlichter und ohne räumliche Tiefenwirkung.
In der Darstellung zu Nr. 80 (Gans, die goldene Eier legt) ausnahmsweise ein unbeschriebenes Schriftband, das die Gans im Schnabel hält (78r).
mehrfach werden mehrere Themen zur Illustrierung einer Fabel ausgewählt, dabei nur selten kontinuierende Darstellungen innerhalb eines Bildfeldes (Nr. 43. Maus und ihre Kinder, 31v). Keine einzelgängerischen Bildfindungen, auch bei größeren Darstellungsspielräumen bleiben die Motive wenig pointiert: zu Nr. 38 (Wolf und Menschbildnis) als Bildnis nackte Männerfigur, liegend, Hände vor dem Geschlecht verschränkt (25v); zu Nr. 60 (Magen und Glieder) ein nicht weiter spezifizierter Mann, am Boden liegend (56r).
Taf. XXIIb: 76v. Ulrich Boner, ›Der Edelstein‹: Nackter Affe vor einem König, hinter ihm vier weitere Tiere (Fabel 79. Prahlender Affe).
Abb. 101: 105v–106r. Autonome Bildseiten: Taube des Hl. Geistes [?] auf gedecktem Tisch / Menschliche Figur auf einem Bett sitzend.