37.1.5. Dresden, Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek, Mscr.Dresd.M.67
Bearbeitet von Ulrike Bodemann
KdiH-Band 4/1
Zwischen ca. 1445 und ca. 1470; Teil III: um 1450 (Wasserzeichendatierung
Nordbayern/Ostfranken (
Im Einbanddeckel war ehemals eine Pergamenturkunde über eine Schuldverschreibung des Bischofs Johannes von Eichstätt an Bischof Friedrich von Regensburg (1449) als vorderer und hinterer Spiegel verklebt, heute nur noch das vordere Spiegelblatt vorhanden, abgelöst und als loses Blatt dem alten Buchblock beigelegt. – Aus der Bibliothek des Nürnberger Stadtphysikus Gottfried Thomasius (1660–1746); nach 1746 – wie die Dresdner Heldenbuch-Handschrift Mscr.M.201 (ebenfalls Eigentum des Thomasius) – in den Besitz Johann Christoph Gottscheds (1700–1766) gelangt, danach in die von diesem gestiftete Gesellschaft der freien Künste und schönen Wissenschaften. 1793 mit zahlreichen weiteren Handschriften durch die Königliche Öffentliche Bibliothek Dresden erworben.
1. | 2v–3r |
Minnerede ›Wer nicht weiß, was rechte Liebe sei‹
|
2. | 6ra–102va |
Thomasin von Zerklaere, ›Der welsche Gast‹
Hs. D ( |
3. | 103ra–145rb |
Ulrich Boner, ›Der Edelstein‹
Hs. Dr (Bestandsklasse III) |
4. | 146r–176v |
Heinrich der Teichner, 24 Gedichte
Hs. P ( |
5. | 176v–209r |
Mären und Bispel
Zum Bestand |
6. | 209v–212r |
Freidanks ›Bescheidenheit‹
Hs. X ( |
7. | 212v–225r |
Hugo von Trimberg, ›Der Renner‹
Hs. Dr1 ( |
Papier, 226 Blätter in moderner Foliierung 1–225 (davon fehlt seit 1945 Blatt 5, vgl.
nordbairisch/ostfränkisch.
Text 1–3 sind bebildert;
Zu Text 1 (eine Illustration 2v–3r) siehe Nr. 91.0.3.
Zu Text 2 siehe Stoffgruppe 134.
Die folgenden Ausführungen betreffen Text 3:
quadratische, quer- oder hochrechteckige Bilder in Spaltenbreite jeweils vor dem Text, der ohne Überschrift und ohne besonders hervorgehobenen Anfang (auch nicht zur ersten Fabel Nr. 2 [Affe und Nuß]) einsetzt. 121r ausnahmsweise ein Bild in Übergröße über beide Spalten hinweg (Nr. 44. Streit der Vögel und Tiere); dabei wurde der zur Verfügung stehende Bildraum in Form eines spiegelverkehrten L nicht einmal völlig ausgenutzt. Mehrfach unbeschriebene Freiräume vor Bildeinschub zwischen dem Text deuten darauf hin, daß die Bildeinfügungen nicht vom Schreiber geplant wurden, sondern auf eine Vorlage zurückgehen.
lineare, mit der Feder aus der freien Hand gezogene Einfassung, die sich meist am Schriftspiegel orientiert, oft aber auch auf die Randstege ausgreift; Figuren und Gegenstände überschreiten gelegentlich die Einfassung.
Protagonisten sind ohne feste Positionierung auf den Boden vor eine hügelige Landschaftskulisse plaziert, Boden und Bäume einheitlich in durchscheinendem Hellbraun laviert; charakteristisch die welligen Hügelformationen am Horizont, in die ein graublau lavierter Hügel mit nahezu stilisierten Baum-, Wald- oder Häusersilhouetten, ebenfalls in Graublau, eingebettet ist; am oberen Bildrand stets ein blauer Himmelsstreifen. Kulissen bilden schmucklose Häuser mit hellen Wänden und roten Dächern und gelegentliche Einzelbäume mit Dreieckskronen; Innenraumdarstellungen mit Balkendecken und Schachbrettfliesen (142rb u. ö.).
Menschliche Figuren gedrungen, steif und monoton, disproportionierter Körperbau und großflächig-teigige Gesichter mit starren Augen; im Kontrast dazu sind Tiere zwar ohne natürliche Lebendigkeit, doch differenziert gezeichnet (besonders detailfreudig z. B. Heuschrecke 119vb und Krebse 134va), Hunde oft mit markanter Schwarzweißscheckung. Auffällig die vielfach geöffneten Mäuler oder Schnäbel mit herausgestreckten Zungen (womöglich Ausdruck für die Sprechfähigkeit der Tiere); durch Attribute vermenschlicht sind der Wolf als Richter 116va (Nr. 35 Wolf, Schaf und Hirsch): aufrecht sitzend mit roter Sendelbinde, in den Händen ein Lilienzepter, sowie der Löwe 125va (Nr. 50 Löwe und Pferd): mit menschlicher Physiognomie und ebenfalls mit roter Sendelbinde.
übliche Themenwahl, jeweils nur eine Handlungsszene pro Bild, keine kontinuierenden Darstellungen, doch mehrfach zwei oder mehr Bilder zu einer Fabel (zu Nr. 11, 37, 47, 48, 51, 52, 57, 58, 61, 62, 72, 89); zur Fabel von Wolf und Kranich (Nr. 11) irrtümlich im ersten Bild statt des Kranichs ein Geißbock (107ra); zur Fabel von der Frau und dem Dieb (Nr. 57) ist für die zweite Illustration (Dieb wird von Liebhaber gehängt) eigens ein zusätzliches Blatt (130) in die Lage eingeheftet.
durchscheinende Brauntöne, aus denen nur Schwarz, Rot, dunkles Graublau und Blau hervorsticht.
Abb. 90: 128ra. Ulrich Boner, ›Der Edelstein‹: Innerhalb einer Stadtmauer treibt ein Mann einen Esel umher, der ein Eselsfell auf dem Rücken trägt (Fabel 53. Geschundener Esel).