80.5. ›Ein Glück Buech‹
Bearbeitet von Franziska Stephan
KdiH-Band 8
Das Losbuch ›Ein Glück Buech‹ ist in drei Handschriften überliefert. Der Titel ist aus der Handschrift Cod. Pal. germ. 7 (Nr. 80.5.2.) übernommen, bei der es sich um den frühesten Beleg des Losbuchs aus der Zeit um 1430 handelt. Bei den anderen Textzeugen handelt es sich um die beiden Handschriften Edinburgh, Royal Observatory, Ms. Crawford 5.10 (Nr. 80.5.1.) und Olmütz, Heimatkundliches Museum, K–14905 (Nr. 80.5.3.). Die Edinburgher Handschrift ist der bisherigen Losbuchforschung unbekannt, vermutlich wurde der Text aufgrund seiner fälschlichen Katalogbezeichnung von
Das Losbuch stellt 32 Fragen bereit, auf die über drei Verweisreihen mit 32 mal 32 Lossprüchen geantwortet wird. Nach einem durch die antiken Philosophen Cato, Aristoteles, Plato und Virgil gegebenen Prolog über den Ursprung der Wahrsagerei aus dem Orient sowie zur Vorhersagemacht der ihnen nachfolgenden Reihe von 32 Propheten wird der Benutzer schließlich zu einer Tafel mit den sieben Planeten und ihnen zugeordneten 32 Himmelsrichtungen geleitet. Diese verweisen wiederum auf einen von 32 Losrichtern in Gestalt von Tieren bzw. Tierkreiszeichen. Der Zufallsmechanismus des Losentscheids ist bei der Zuordnung eines Propheten zu einer Frage am Beginn des Losbuchs eingeschaltet, der restliche Weg durch das Buch ist durch den Text des Verweissystems fixiert. Zur Ermittlung eines Propheten diente ein in den vorderen Deckel eingelassenes Losrad mit den Zahlen von eins bis 32, das es bei geschlossenem Buch von außen zu drehen galt. Ein solches Losrad ist in der Edinburgher und Olmützer Handschrift erhalten, die damit zum Korpus der insgesamt vier Losbuchhandschriften zählen, bei denen der originale Losmechanismus im Buchdeckel erhalten ist (siehe auch Nr. 80.2.1., Nr. 80.3.2.). Alle drei Textzeugen des Losbuchs stammen aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts und überliefern den Text in leicht voneinander abweichenden Wortlauten. Dabei scheint der Text der bisher unbekannten Edinburgher Handschrift mal der Heidelberger, mal der Olmützer Handschrift näher zu stehen. Eine Untersuchung ihrer Abhängigkeiten steht noch aus. In der Ausstattung zeigt sich die Heidelberger Handschrift relativ eigenständig, während die Bildanlagen der Edinburgher und Olmützer Handschriften nahezu identisch sind. Aufgrund der in diesen beiden Handschriften erfolgten Platzierung der Losrichterdarstellungen zwischen den Lossprüchen kommt es zu Textkürzungen, die z. T. den Sinn der Lossprüche entstellen oder diese ganz unverständlich werden lassen. Die Auswahl und Abfolge der Philosophen, Propheten und Tiere stimmt jedoch in allen drei Handschriften mit nur wenigen Abweichungen überein. In der Reihe der Losrichter ist zudem konsequent das Tierkreiszeichen Steinbock durch das Einhorn ersetzt. Ein Grund hierfür könnte in der heraldischen Ähnlichkeit zwischen Steinbock und Geißbock liegen (letzterer beschließt die Reihe der Losrichter). Die Lust an der Abwechslung sowie die eindeutigere Erkennbarkeit im ›Blätterchaos‹ des Losbuchs könnten zu diesem Ersatz geführt haben. Sonst folgt die Auswahl des Tierkanons keinem erkennbaren Muster, heimische und exotische Tiere, Vierbeiner und Vögel stehen gleichwertig nebeneinander. Vereinzelt bringen Details wie beispielsweise goldene Schellen an den Füßen der Greifvögel ein höfisches Element in die Darstellung ein.