KdiH

KdiH

_ (der Unterstrich) ist Platzhalter für genau ein Zeichen.
% (das Prozentzeichen) ist Platzhalter für kein, ein oder mehr als ein Zeichen.

Ganz am Anfang und ganz am Ende der Sucheingabe sind die Platzhalterzeichen überflüssig.

ß · © ª º « » × æ œ Ç ç č š Ł ł ́ ̀ ̃ ̈ ̄ ̊ ̇ ̋ ͣ ͤ ͥ ͦ ͧ ͮ Α Β Γ Δ Ε Ζ Η Θ Ι Κ Λ Μ Ν Ξ Ο Π Ρ Σ Τ Υ Φ Χ Ψ Ω α β γ δ ε ζ η θ ι κ λ μ ν ξ ο π ρ σ ς τ υ φ χ ψ ω ͅ ̕ ̔

80.11. Losbuchsammlung Konrad Bollstatters

Bearbeitet von Franziska Stephan

KdiH-Band 8

Bei der Losbuchsammlung des Schreibers Konrad Bollstatter († um 1482 in Augsburg) handelt es sich um die insgesamt zehn Texte zur Schicksalsbefragung umfassende Münchner Sammelhandschrift Cgm 312 (Nr. 80.11.1.), die über mindestens zwei Jahrzehnte hinweg von Bollstatter angelegt und immer wieder überarbeitet wurde. Die einzelnen Texte sind nicht in chronologischer Reihenfolge gebunden (ausführliche Auflistung der Zusammensetzung des Codex bei Schneider [1973a] S. 50–52 und Heiles [2018] S. 239–243). Die älteste Datierung findet sich am Ende des ersten Losbuchs auf 30r. Der dortige Schreibervermerk datiert den Text auf den 27. Oktober 1450 und lokalisiert ihn in die Kanzlei des Grafen Ulrich von Öttingen auf Schloss Baldern bei Nördlingen, wo Bollstatter nachweislich bis 1452 als Kanzlist tätig gewesen ist. Damit kommt Graf Ulrich von Öttingen als Auftraggeber zumindest dieses Textes in Frage. Auch die anderen Texte der Sammelhandschrift sind mit Datierungen auf die Jahre zwischen 1450 und 1473 versehen, in denen Bollstatter an verschiedenen Orten in Bayern sowie ab 1460 in Augsburg tätig gewesen ist (zur Biografie Bollstatters: Schneider [1978a] S. 9f.). Vor allem in den 1470er Jahren überarbeitete Bollstatter ältere Textteile seiner Sammlung, auch ein Großteil der Illustrationen stammt aus dieser Zeit (Lehmann-Haupt [1929] S. 121, 125). Bollstatter arbeitete unter Mithilfe von zwei weiteren, unbekannten Schreibern an seiner Losbuchsammlung. Die zahlreichen Illustrationen stammen hingegen von einem anonymen Illustrator sowie einer relativ einheitlich arbeitenden Augsburger Werkstatt, bei der es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um die des Illuminators, Frühdruckers und Buchhändlers Johann Bämler handelt. Diese ist auch mit etwa neun weiteren Handschriften Bollstatters in Zusammenhang zu bringen (Beier [2004] S. 55–72; Heiles [2018] S. 226–228). Zudem zeichnet sich die gesamte Sammelhandschrift durch eine aufwendige Textgestaltung mit Zierbuchstaben, Überschriften und systematischen Angaben aus, die wohl von Bollstatter selbst stammen. Insgesamt handelt es sich bei der Handschrift wohl um eine Sammlung für den Privatgebrauch bzw. um eine Vorlagensammlung Konrad Bollstatters (Sotzmann [1851] S. 339f.; Bolte [1903] S. 310; Schneider [1973a] S. 52).

Die Sammelhandschrift überliefert Losbücher sowohl mit als auch ohne Fragen, mehrere Figuren- und Spruchreihen sowie ein jüngeres Traumbuch, welches nicht von der Hand Bollstatters stammt. Zwischen die Texte sind mehrere Scheiben mit Inschriften und Glücksräder gestellt, von denen jedoch nur fünf von sechs ausgeführt worden sind. Auch einige der Texte sind trotz ihrer mehrmaligen Überarbeitung durch Bollstatter fragmentarisch geblieben. Neben bekannten und teilweise überarbeiteten Losbuchtexten finden sich auch unikal überlieferte Texte, bei denen nicht auszuschließen ist, dass sie von Bollstatter selbst verfasst oder bearbeitet worden sind. Zu den bekannten Losbuchtexten der Sammelhandschrift zählen das Losbuch mit 22 Fragen (Text 2: 2r–30r, Nr. 80.7.), eine vor allem in den Schlussversen bearbeitete Fassung des Geistlichen Würfelbuchs (Text 9: 71v–80v, Nr. 80.9.) sowie eine Bearbeitung des Losbuchs der Beginen und Begarden (Text 11: 81v–97v, Nr. 80.10.), bei der die Begarden als Losrichter durch reitende Königinnen ersetzt sind. Unikal bei Bollstatter erhalten sind ein Würfelbuch von der Natur des Menschen (Text 6: 46r–65r), ein Losbuch aus dem ABC (Text 12: 97v–110r), ein Würfelbuch mit Tieren (Text 14: 111r–118r), ein Losbuch mit 16 Fragen unter dem Titel ›Sortilogium‹ (Text 18: 120r–143r), ein Würfelbuch von den Sieben Planeten (Text 21: 145r–154r) sowie diverse Losspruchreihen.

Auch ein Würfelbuch für Liebende (Text 8: 66r–71r) ist hier in der handschriftlichen Tradition einmalig vollständig überliefert. Die ebenfalls von Bollstatter stammende Münchner Handschrift Cgm 252 überliefert von diesem auf 137v nur sechs der Lossprüche. Weiterhin ist dieses Würfelbuch für Liebende in drei Drucken bekannt, von denen der älteste von Johannes Blaubirer nur mit Würfelstellungen illustriert ist (Augsburg, [um 1482], GW M51819). Die beiden anderen bekannten Drucke stammen von Max Ayrer. Während dessen in Bamberg gedruckte Ausgabe mit einer Illustration ausgestattet ist (1483, GW M1877110, Nr. 80.11.a.), ist das einzig bekannte Exemplar der Nürnberger Ausgabe im Zweiten Weltkrieg verschollen (Nürnberg: Marx Ayrer, 1489, GW M18773). Der Text des Würfelbuchs für Liebende in Cgm 312 stammt von einer anderen Hand als der Bollstatters und wurde zwischen 1450 und 1452 geschrieben. Von Bollstatters eigener Hand stammen die textgliedernden Elemente wie beispielsweise die Zwischenüberschriften, die die Lossprüche einer bestimmten Autorität zuweisen. Diese finden sich nicht in den anderen bekannten Textzeugen dieses Losbuchs. Der Druck Blaubirers basiert mit kleineren Abweichungen jedoch auf den beiden Münchner Handschriften aus der Feder Bollstatters. Heute nicht mehr nachvollziehbar ist, ob diese Abweichungen auf einen dritten, heute unbekannten Textzeugen des Würfelbuchs für Liebende oder eine eigens von Bollstatter angefertigte Druckvorlage zurückzuführen sind. Das Druckdatum um 1482 schließt eine Zusammenarbeit Bollstatters und Blaubirers nicht aus (hierzu ausführlicher Heiles [2018] S. 233–237).