38.8. Paulus Hector Mair
Bearbeitet von Rainer Leng
KdiH-Band 4/2
Der Augsburger Ratsdiener Paulus Hector Mair vereinte die Liebhaberei der Fechtkunst mit Bibliomanie. Von seiner großen Bibliothek sind im Bestand Schätze des Augsburger Stadtarchivs noch 28 Handschriften vorhanden, vor allem Chroniken, Memorialbücher, Briefbuchabschriften etc. (Schätze 19, 23, 27, 40, 63, ad 63, ad 71,1,2, 99, 100, 118, 119, 120–135). Er erwarb auch zahlreiche Fechtbücher, zum Teil auf unredlichem Weg. Drei Handschriften Jörg Wilhalms befanden sich in seinem Besitz (Nr. 38.7.1, Nr. 83.7.2., Nr. 38.7.3.) sowie vier weitere Fechtbücher (Nr. 38.1.1., Nr. 38.3.1., Nr. 38.9.1. und Nr. 38.9.5.), darunter ein Talhoffer. Außerdem dürfte er eine heute nicht mehr erhaltene Handschrift des Fechtmeisters Antonius Rast besessen haben (siehe Nr. 38.8.1.). Seine Bibliomanie finanzierte er unter anderem mit Griffen in die Augsburger Stadtkasse. 1579 wurde Mair deshalb hingerichtet. Seine Bibliothek wurde teilweise verkauft. Die Fechtbücher gelangten so zunächst in die Sammlung Marcus Fuggers, über seine Erben in die Bibliothek Ernsts von Öttingen-Wallerstein, die schließlich 1980 vom Freistaat Bayern erworben und der Universitätsbibliothek Augsburg überwiesen wurde.
Die von Paulus Hector Mair selbst hergestellten bzw. in Auftrag gegebenen Fechtbücher lassen sich in zwei Typen unterscheiden. Zum einen erstellte er in zwei Handschriften mit eigenen und fremden Texten angereicherte Bearbeitungen von Bildkatalogen, die sich bereits in seinem Besitz befanden (Nr. 38.8.1. nach der nicht erhaltenen Vorlage Rasts und Nr. 38.8.2. nach der Vorlage in 38.9.1.). Zum anderen schuf er eine in drei Exemplare überlieferte Serie von voluminösen jeweils zweibändigen Großkompendien zur Fechtkunst. Sie vereinigen nahezu alles greifbare Bildmaterial. Die Texte erscheinen stark bearbeitet, wurden durch Mairs eigene Schöpfungen ergänzt und mit weiterem Material, etwa aus Rüxners Turnierbuch, angereichert.
Die drei doppelbändigen Fechtbücher waren vermutlich zwischen 1542 und 1547 gezielt für die aufkommenden Fürstenbibliotheken und Kunstkammern produziert worden. Ein Verkauf der beide heute in Wien befindlichen Bände gelang offensichtlich nicht (Nr. 38.8.4.). Sie wurden erst durch Herzog Friedrich von Württemberg (1593–1608) für 400 Thaler von dem Augsburger Bürger Ulrich Sitzinger d. Ä. angekauft, der sie aus Mairs Nachlaß erworben haben dürfte. Hier liegt eine teils serielle, teils synoptische deutsch-lateinische Fassung vor. Ein weiteres Exemplar überliefert unter leichten Veränderungen in Inhalt und Reihenfolge der Stücke nur die deutschen Texte und war für die sächsische Hofbibliothek Kurfürst Augusts (1533–1586) bestimmt (38.3.3.). Für den Münchener Hof um Albrecht V. (1550–1579) wurde schließlich 1567 eine rein lateinische Fassung für 800 fl. angekauft (
Bislang nicht ediert.