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40a. Heinrich Steinhöwel, ›Von den berühmten Frauen‹

Bearbeitet von Kristina Domanski

KdiH-Band 4/2

Heinrich Steinhöwels Übersetzung von Giovanni Boccaccios ›De mulieribus claris‹ erschien erstmals um 1473 als illustrierter Druck bei Johann Zainer in Ulm (GW 4486). Das lateinische Original Boccaccios war zu dieser Zeit bereits im deutschsprachigen Raum verbreitet: Mindestens neun Handschriften in deutschem Besitz haben sich erhalten, die bereits vor der Drucklegung – zum Teil in Italien – geschrieben wurden (s. Michael Dallapiazza: Boccaccio-Handschriften in den deutschsprachigen Ländern. Wiesbaden 1988, Nr. 41, Nr. 58, Nr. 59, Nr. 70, Nr. 75, Nr. 114, Nr. 127; Margaret M. Manion, Vera F. Vines, Christopher de Hamel: Medieval and Renaissance Manuscripts in New Zealand Collections. Melbourne/London/New York 1989, Kat. Nr. 13, S. 50–51, Abb. 126 [Auckland, Public Library, Med. MS. G 133]; Susy Marcon in: Boccaccio visualizzato. Narrare per parole e per immagini fra Medioevo e Rinascimento. Hrsg. von Vittore Branca. 3 Bde. Turin 1999, Bd. 3, Kat. Nr. 115, S. 288–289, Abb. 392 [Firenze, Biblioteca Medicea Laurenziana, Cod. Strozzi 93]). Namentlich bekannte Besitzer sind Amplonius Ratinck in Erfurt, Bischof Johann von WermelandMoritz Graf von Spiegelberg und Hermann Schedel (Erfurt, Universitätsbibliothek, Cod. CE 2º 84; Greifswald, Universitätsbibliothek, 2º Ms 680; Köln, Diözesan- und Dombibliothek, Cod. 168; München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 131; vgl. Dallapiazza Nr. 41, Nr. 58, Nr. 59, Nr. 75). Zudem erwähnen sowohl der Katalog des Nürnberger Franziskanerklosters, um 1448, als auch das Bücherverzeichnis des Augsburger Frühhumanisten Sigismund Gossembrot ein Exemplar des Werkes (vgl. Dallapiazza S. 77; Paul Joachimsohn: Aus der Bibliothek Sigismund Gossembrots. Centralblatt für Bibliothekswesen 11 [1894], S. 249–268).

Außer dem Wiener Manuskript (Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 14288 [Suppl. 1665], datiert 1474) sind zwei der drei erhaltenen Handschriften der deutschen Übersetzung Heinrich Steinhöwels, die sämtlich nach dem deutschen Erstdruck entstanden sind, illustriert bzw. auf Illustration angelegt (München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 252 [Nr. 40a.0.1.], datiert 1477; New York, The New York Public Library, Spencer Collection, Ms. 105 [Nr. 40a.0.2.]). Eine 1916 im Katalog des Antiquariats Rosenbach erwähnte Bilderhandschrift war bisher nicht aufzufinden und ist wahrscheinlich mit dem heute in New York aufbewahrten Manuskript identisch, da Angaben zu Einband und Format übereinstimmen (vgl. The Collected Catalogues of Dr. A. S. W. Rosenbach, 1904–1951. Ten Volumes Including an Index by Don Ward. Vol.IV, Catalogues Nos. 20–28: Rare Books and Manuscripts. New York u. a. 1967, Cat. 24, Nr. 299).

Nur die New Yorker Handschrift enthält den vollständigen Text und einen ausgeführten Illustrationszyklus von 75 kolorierten Federzeichnungen, während im Münchner Exemplar, das den Text nur bis zum Beginn des zweiten Kapitels überliefert, Raum für eine Illustration freigelassen wurde. Quelle für den Federzeichnungszyklus des New Yorker Manuskripts und für die Holzschnitte der meisten späteren Drucke (Nr. 40a.0.b., 40a.0.c., 40a.0.d., 40a.0.e., 40a.0.f.) war der Illustrationszyklus der deutschen Ausgabe Johann Zainers (Nr. 40a.0.a.); sowohl die Bildauswahl als auch die ikonographischen Modelle wurden übernommen. Für die deutsche Erstausgabe benutzte Johann Zainer mit nur wenigen Abweichungen die Holzschnittserie seines zuvor erschienenen lateinischen Drucks: Von den 80 Holzschnitten dieser Ausgabe, darunter eine Zierleiste für das erste Kapitel über Eva, wurden in der deutschen Übersetzung 76 Stöcke (75 Holzschnitte und die Zierleiste zu Eva) wiederverwendet. Für die Widmung an Eleonore von Österreich, mit der Heinrich Steinhöwel Boccaccios Dedikation an Andrea Acciaiuoli und dessen Vorrede ersetzte, wurde eine eigene Zierleiste angefertigt, für das zusätzlich eingefügte Kapitel über Tullia (Kap. 46) ein zusätzlicher Holzschnitt eingefügt (Abb. fehlt bei Schramm 5 [1923], s. Domanski [2007] S. 144, Abb. 49). Heinrich Steinhöwel hat in seiner Übersetzung gegenüber der lateinischen Ausgabe sechs Kapitel (Dripertrua, Sempronia, Curia, Cornificia, Camiola, Johanna von Jerusalem und Sizilien) und die conclusio Boccaccios gestrichen, eingefügt wurden dagegen lateinische Zitate an den Kapitelanfängen und ein Kapitel zur Interpunktion am Ende des Textes, das den Schluß Boccaccios ersetzt.

Johann Zainer hat nicht alle Kapitel seiner deutschen Ausgabe illustriert (vgl. die Übersicht bei Domanski [2007] Anhang II, S. 283–285). Die Holzschnitte zeigen in meist gleichbleibendem Bildformat (ca. 80 × 110 mm) zumeist zwei oder drei Szenen aus dem Leben der Protagonistin. Sie folgen in der Regel auf die Kapitelüberschrift oder sind am Beginn des Textabschnitts eingefügt. An vielen Holzschnitten lassen sich Rückgriffe auf biblische Ikonographien und/ oder profane Bildthemen beobachten, die in der zeitgenössischen Druckgraphik verbreitet waren. Auffällig ist das Fehlen von Illustrationen zu literarisch und künstlerisch tätigen Frauen und zum Typ der virago, d. h. jenen Protagonistinnen, die sich durch amazonenhaftes Verhalten auszeichnen.

Für den Ulmer Zyklus wurde ein einheimischer Reißer vorgeschlagen, der nach einer nicht erhaltenen, aus dem südniederländischen Raum stammenden Handschrift gearbeitet habe (Fischel [1963] S. 34). Doch die deutlichen Abweichungen der Zainerschen Holzschnittfolge von den bekannten Miniaturzyklen französisch-burgundischer Handschriften, vor allem in der Szenenauswahl, widersprechen dieser These (s. Nr. 40a.0.a.).

Die Federzeichnungen des New Yorker Manuskripts weichen nur in geringfügigen Details bei Gewändern und der Landschaftsgestaltung von der Ulmer Druckausgabe ab. Der Stil des Hauptzeichners ist gegenüber den Holzschnitten durch eine deutlich bewegtere Kontur mit zuweilen breiter Feder, eine gedrungenere Figurenbildung sowie eine leicht verstärkte Nahsicht charakterisiert.

Johann Zainers Holzschnittzyklus diente auch den nachfolgenden Drucken als Vorlage. Zainer selbst brachte eine zweite deutschsprachige Ausgabe heraus, die nur die Holzschnitte mit ein- bis dreizeiligen Tituli enthält (40a.0.b.). In der Ausgabe von Anton Sorg, Augsburg 1479 (40a.0.c.) wurden die Illustrationen Zainers seitenverkehrt nachgeschnitten (GW 4487), während Johann Prüss, Straßburg 1488 (40a.0.d.), die Druckstöcke Zainers wiederverwendete (GW 4488); nur einige, vermutlich schadhafte Platten wurden nach dem Vorbild der Ulmer Ausgabe neu geschnitten. Heinrich Steiner ließ für seine beiden Drucke (Augsburg 1541 [40a.0.e.] und 1543 [40a.0.f.] die Holzschnitte des Erstdrucks Zainers kopieren, wobei Bildthemen und Ikonographie der Ulmer Ausgabe unverändert blieben und lediglich Figurenbildung und Gewänder dem Zeitstil gemäß aktualisiert wurden.

Editionen:

Boccaccio, De mulieribus claris. Deutsch übersetzt von Stainhöwel. Hrsg. von Karl Drescher. Tübingen 1895 (Bibliothek des literarischen Vereins in Stuttgart 205); Neuedition: Heinrich Steinhöwel, Von den erlauchten Frauen Giovanni Boccaccios "De claris mulieribus" in frühneuhochdeutscher Übertragung. Hrsg. und in heutiges Dt. übers. von Gerd Dicke. Konstanz 2014 (Bibliotheca suevica 37).

Literatur zu den Illustrationen:

Lilli Fischel: Bilderfolgen im frühen Buchdruck. Studien zur Inkunabel-Illustration in Ulm und Straßburg. Konstanz/Stuttgart 1963, S. 15–36; Jeffrey Hamburger in: The Splendor of the Word. Medieval and Renaissance Illuminated Manuscripts at The New York Public Library. Hrsg. von Jonathan J. G. Alexander, James H. Marrow, Lucy Freeman Sandler. London/Turnhout 2005, Kat.-Nr. 99, S. 422–426; Kristina Domanski: Lesarten des Ruhms. Johann Zainers Holzschnittillustrationen zu Giovanni Boccaccios ›De mulieribus claris‹. Köln/Weimar/Wien 2007 (ATLAS. Bonner Beiträge zur Kunstgeschichte NF 2).

Siehe auch: