40a.0.2. New York, The New York Public Library, Spencer Collection, Ms. 105
Bearbeitet von Kristina Domanski
KdiH-Band 4/2
Nach 1474, vermutlich um 1480.
Ulm.
Aus der Sammlung Alfred Henry Huth, nach dessen Tod bei Sotheby’s am 19.11.1911 (lot 797) versteigert. Dann über Leighton and Sabin, London, an Maggs, London, weiterverkauft. 1930 von Maggs an Quaritch, von dort 1951 an die Public Library New York gekommen.
1. | 1r–157r |
Heinrich Steinhöwel, ›Von den berühmten Frauen‹
1r–6r Inhaltsverzeichnis, nicht foliiert; 7r–157r Text, originale Blattzählung I–clj |
2. | 160r–173r |
Heinrich Steinhöwel, ›Griseldis‹
160r Vorwort, 160r–161v deutsche Übersetzung der Vorrede Petrarcas, 161v–173r Text, originale Blattzählung cliiij–clxviij |
Papier, 176 Blätter, originale Blattzählung (I–cxlviij) rot am oberen Rand in der Seitenmitte, beginnt nach dem Inhaltsverzeichnis (1r–6r); cxxxix und cl–clxx von anderer Hand in Braun nachgetragen. 297 × 212 mm, Schriftraum: 205 × 141 mm, oben und am rechten Rand beschnitten, einspaltig, vertikale Linierung mit hellbrauner Tinte, Bastarda, mindestens drei Hände (
schwäbisch.
75 kolorierte, gerahmte Federzeichnungen zu Text 1 (10v, 13r, 14r, 15r, 17r, 18v, 20r, 21v, 23r, 25r, 27r, 29v, 30v, 32r, 34v, 36v, 37v, 38v, 41v, 43r, 44r, 45v, 48r, 49v, 51v, 52v, 54v, 55v, 57r, 58r, 59r, 61v, 63r, 64v, 66v, 67v, 72v, 75v, 76v, 80v, 82v, 84v, 87v, 89r, 92r, 95r, 98v, 103r, 104r, 105r, 106r, 107v, 109r, 111v, 114r, 116r, 121v, 122v, 123v, 125r, 128v, 133r, 134r, 136r, 139r, 140r, 141r, 144v, 146r, 150r, 152r, 155r), davon drei auf separaten Blättern nachträglich eingefügt (nach 35v: Virginea und Virgineus [nach: Orithia und Antiope, Kap. 18, falsch plaziert, da eigentlich Kap. 56]; nach 73v: Rhea Ilia, Kap. 43; nach 114v: Itrapantis [bei Steinhöwel Frau des Drigiagontis], Kap. 72), drei Hände (I: 9v, 10v, 13r; II: übrige Textillustrationen; III: die drei nachträglich eingefügten Illustrationen). Zwei Initialen mit Rankenwerk: 7r (Initiale D von Engeln gehalten, darin weiterer Engel mit Wappen Jakobs von Schottland, Vater Eleonores, weitere Wappen im Blattwerk, oben: Österreich, links: Sigismund von Österreich, darunter: Heinrich Steinhöwel), 9v (Initiale S mit Rankenwerk, darin links: Sündenfall Adams und Evas, oben: die sieben Todsünden, oberer Rand beschnitten), ein Freiraum für nicht ausgeführte Illustration 35v (Orithia und Anthiope, Kap. 18), Freiräume für nicht ausgeführte drei- bis vierzeilige Initialen an den Kapitelanfängen.
Schriftspiegelbreite, querrechteckige Federzeichnungen von ca. halber Schriftspiegelhöhe am Kopf und am Fuß der Seite und zwischen dem Text, durchgehend von roter Pinsellinie gerahmt. Format schwankt geringfügig (70–80 × 115–125 mm), einige Illustrationen nahezu quadratisch (57r Cassandra, Kap. 32: 107 × 120 mm; 72v Nicaula, Kap. 71: 97 × 120 mm). Im hinteren Teil der Handschrift ist der Rahmen mitunter in den verbleibenden Freiraum der oberen oder unteren Textzeile erweitert (92r Arthemisia, Kap. 55; 133r Agrippina, Kap. 85; 140r Pompeia Paulina, Kap. 89; 144v Faustina, Kap. 93). Wie im Druck Zainers wurden die Illustrationen jeweils zu Beginn der Kapitel plaziert.
Die Textillustrationen wie auch die Initialen mit Rankenwerk folgen den Holzschnitten der deutschen Erstausgabe Johann Zainers (Nr. 40a.0.a.) bis ins Detail und übernehmen auch deren Namensbeischriften im Bildraum. Sowohl die Auswahl der illustrierten Kapitel als auch die dargestellten Szenen stimmen überein. Geringe Abweichungen finden sich nur in Details wie der Landschaftsgestaltung oder der Gewanddrapierung. Sogar Mißverständnisse wie jenes im Holzschnitt zu Jocaste (Frauenfigur mit Männerbein bei Jocaste, Kap. 23, 43r,
Der Stil des dritten Zeichners, von dem die nachträglich eingefügten Illustrationen stammen, ist durch eine feine Konturgebung mit schwarzer Tinte und Kreuzschraffuren zur Struktur der Gewänder charakterisiert. Anders als die rot gerahmten Grundstock-Illustrationen sind die drei Nachtrags-Illustrationen von einer braunen Pinsellinie umfaßt und unterscheiden sich durch die zusätzliche Verwendung von Rot und Braun auch in der Farbgebung deutlich von den übrigen Illustrationen.
Die gedrungenen Figuren des Hauptzeichners mit ihren großen Köpfen und fülligen Gesichtern agieren auf einer Bildbühne, die zumeist nur kursorisch als Innen- oder Außenraum gekennzeichnet ist. Sie füllen den Bildraum fast in seiner gesamten Höhe. Nur in Ausnahmefällen finden sich tiefenräumlich gestaltete Landschaften oder Innenräume (Tisbe, Kap. 12, 24r; Sappho, Kap. 45, 75v). Im letzten Drittel des Textes (ab Armonia, Kap. 67, 106r) überschneiden die Figuren häufiger den Rahmen zugunsten einer verstärkten Nahsicht.
Aus der Bilderfolge des Zainer-Drucks (Nr. 40a.0.a.) wurden nur vier Illustrationen zunächst nicht übernommen (Rhea Ilia, Kap. 43; Virginea und Virgineus, Kap. 56; Itrapantis, Kap. 76; Claudia Quinta, Kap. 74), drei davon jedoch von der dritten Hand auf separaten Blättern nachträglich eingefügt (Virginea, Kap. 56, nach 35v, Rhea Ilia, Kap. 43, nach 73v, und Itrapantis, Kap. 72, nach 114v). Für den Leerraum 35v zum Kapitel 18 über Orithia und Anthiope bot die Holzschnittfolge Zainers kein Vorbild.
Die ausgewählten Szenen zeigen bevorzugt Liebesszenen, die an zeitgenössischen Darstellungen von Liebespaaren und Liebesgärten orientiert sind, und den Tod der Protagonistin, wobei auch exotische Todesarten und Selbstmorde gezeigt werden. Die Bildkonstruktionen inszenieren oftmals eine Gegenüberstellung von Handlung – z. B. das unkeusche Verhalten der Protagonistin – und deren Folge – Tod oder Strafe –, so daß die Illustrationen als moralische Exempel zu lesen sind. Auffällig ist, daß bei der Auswahl der illustrierten Kapitel jene Protagonistinnen kaum berücksichtigt wurden, die sich als Dichterinnen und Künstlerinnen durch ihre intellektuellen Fähigkeiten oder als Kriegsherrinnen durch Tapferkeit und Waffenbeherrschung auszeichnen.
Lavierende Kolorierung der Grundstock-Zeichnungen in blassen Tönen, vorwiegend Hellrosa, Violettrosa, Blau, Grau, Hellocker, Olivgrün, Blaugrün, Weiß des Papiers bleibt häufig zur Höhung von Gewandpartien frei, Rot wird nur für die Rahmen und bei den Wappen im Rankenschmuck eingesetzt. Braun und Rot lediglich in den Nachtragszeichnungen.
https://digitalcollections.nypl.org/collections/two-texts-by-giovanni-boccaccio (Teildigitalisat)
Farbabbildungen (The New York Public Library Digital Collections)
Abb. 200: 48r. Heinrich Steinhöwel, ›Von den berühmten Frauen‹: Tod der Procris.