KdiH

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74.7.4. Karlsruhe, Badische Landesbibliothek, Cod. St. Peter pap. 27

Bearbeitet von Kristina Freienhagen-Baumgardt

KdiH-Band 8

Datierung:

Um 1460–1463 (Wasserzeichenanalyse).

Lokalisierung:

Breisgau.

Besitzgeschichte:

Die ursprüngliche Herkunft der Handschrift ist unbekannt. Der erste Besitznachweis im Vorderspiegel aus dem 15. Jahrhundert weist in das Zisterzienserinnenkloster Günterstal bei Freiburg: Jch bin Maria Sterin monialis in ginterstal ordinis sancti bernhardi vnd hatt mirs die cristiana marschelkin min liebe mit schwester geschenkt jm XLVII jor (1547). Maria Sterin ist als Äbtissin von Günterstal urkundlich erwähnt, Christiana Marschelkin war zuvor Schwester im Zisterzienserinnenkloster Wonnental bei Kenzingen, wo sie für die Jahre 1560–1564 auf einer Gedenktafel vermerkt ist. Durch Abt Philipp Jacob Steyrer (1715–1795) wurde der Codex 1753 für das Kloster St. Peter im Schwarzwald erworben und kam von dort in die Badische Landesbibliothek.

Inhalt:
1. 1ra–4vb ›Der Heiligen Leben‹
Winterteil Nr. 14 (Gallus); Sommerteil Nr. 88 (Warum der Samstag Maria geweiht ist)
2. 5ra–138vb ›Elsässische Legenda aurea‹
K2 (Williams/Williams-Krapp [1980] S. XXI); Nr. 6, 7–40, 148, 41–60, 62, 61, 63–73, 75–85, 178, Sondergut Nr. 5, 177
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 139 Blätter (Textverlust nach Bl. 4, 15, 137, nur noch Reste der Blätter 139 und 140), 290 × 215 mm, Bastarda von drei Händen (I: 1ra–4vb, II: 5ra–16ra, 16rb–138vb, III: 16ra Z. 27 Von bis Spaltenende), zweispaltig, 34–47 Zeilen, zu Text 1 blau-rote Fleuronné-Initialen, 2r eine zweizeilige waagrecht verlaufende rot-grüne Zierbordüre, in Text 2 rote Initialen über fünf bis sieben Zeilen, durchgängig rote Kapitelüberschriften, lateinische Zitate rot gerahmt.

Schreibsprache:

südalemannisch.

II. Bildausstattung:

Elf Federzeichnungen, drei Illustratoren. Text 1: zwei kolorierte Federzeichnungen (1r, 2r) von Illustrator 1 (siehe Nr. 74.9.4.), Text 2: sieben Federzeichnungen, teils vollständig koloriert (5r, 6r, 7r, 9r, 10r, 11r, 14v, 137r, 138r) von Illustrator 2, zwei Federzeichnungen von Illustrator 3 (17v, 20r), 64 Bildlücken. Möglicherweise fehlen aufgrund von Blattverlust die Illustrationen zu Nr. 6 und 14. Unklar ist, ob der freie Raum 123r für die Illustration der nachfolgenden Petronella-Legende (Nr. 76) gedacht war.

Format und Anordnung:

Federzeichnungen von Maler 2 zu Text 2, ungerahmt, spaltenbreit, aber auch darüber hinausgehend, vor oder nach der Überschrift zur Legende gesetzt, 17–20 Zeilen hoch, deutlich größer als die übrigen ist die Illustration zu Nr. 13 (14v, Beschneidung Christi), die bis zum unteren Blattrand reicht. Eine Begrenzung nach unten zum Text geschieht durchgängig durch ein braunes oder grünes Bodenstück. Federzeichnungen von Illustrator 3 sind doppelt gerahmt, quadratisch der Spalte angepasst, ca. 18 Zeilen hoch. Diese sind eng unter der Überschrift in den Text eingefügt.

Bildaufbau und -ausführung:

Kunze (1970a, S. 270) spricht sich gegen von Heusinger (1954, S. 389) aus, der die Handschrift der Lauber-Werkstatt zurechnet, lässt jedoch die Möglichkeit offen, dass die Illustrationen, nicht jedoch der Text, hier entstanden sind. Williams-Krapp (1976, S. 284) spricht sie der Lauber-Werkstatt ab, Saurma-Jeltsch (2001) nimmt den Codex nicht unter die Lauber-Handschriften auf. Von Heusingers Hinweis auf den »Stil des Hauptillustrators« (von Heusinger [1953] S. 118), d. h. Illustrator 2, ist möglicherweise ein Reflex darauf, dass die Heiligen auf einem grünen Bodengrund stehen und die Einzelfiguren (7r, 10r) gerollte Löckchen aufweisen, wie sie häufig in den Lauber-Handschriften zu finden sind. Die von Maler 2 gezeichneten Gesichter sind detailliert wiedergegeben, kantig in der Form und zeigen ausdrucksstarke Mimik (ängstliche Gesichter der Kinder 9r, nicht vollständig koloriert). Die Modellierung erfolgt sowohl durch Schraffuren als auch durch lebhaft schattierende Abstufung der Farben, die teilweise lasierend, teilweise deckend aufgetragen sind. Auch von Farbe freie Partien werden in die Modellierung einbezogen (14v). Landschaften oder Architekturen fehlen. Illustrator 3 gibt Erhart (17v) eine fast tänzerisch anmutende Haltung, blondes üppiges Lockenhaar, fein ausgeführte Augen und Nase, dichte Schraffuren der Wiese. Nur die Haltung der Hände gelingt nicht, die linke Hand wirkt eindimensional angeheftet. Die Kolorierung der Federzeichnung ist begonnen (Nimbus, Teile der Kleidung, Haare, Attribute in Gelb-Orange). Die unkolorierte Federzeichnung zu Paulus Eremita (20r) zeigt mit der achsensymmetrischen Aufteilung des Raums detailgenauen Sinn für Proportionen und die geplante Kolorierung (Antonius von Theben in Fellgewand). Landschaftselemente (Felsen, Bäume) sind hier vorhanden. Niebler (1969, S. 47) sieht stilistisch in den beiden Illustrationen von Illustrator 3 den Einfluss von Konrad Witz und den durch ihn am Oberrhein verbreiteten harten Stil.

Bildthemen:

Illustrationen zu den Legenden Nr. 7–13, 15, 16, Sondergut Nr. 5, 177. Keine Illustration zu Blasius (Nr. 39). Bildlücken zu Nr. 17–31, 36–38, 40, 148, 41–60, 62, 61, 63–73, 75, 77–85, 178. Unklar, ob der freie Raum 123r für die Illustration der nachfolgenden Petronella-Legende (Nr. 76) gedacht war. Dargestellt sind die Martyrien (5r, 6r, 9r), die Kernszene der jeweiligen Legende (14v, 138r) oder die Person des/der Heiligen mit bekannten Attributen (7r, 10r, 11r, 137r). Die Kinder in der Darstellung des Bethlehemitischen Kindermordes sind deutlich älter als die im Text genannten ein bis zwei Jahre (von zwein jeringen kinden vncz vf die kint die nit me den einer naht alt woren 9vb, Z. 17–19). Nur in München, Cgm 6 (Nr. 74.7.7.) sind die Kinder ebenfalls älter dargestellt (20v).

Farben:

Gelb, Grün, Inkarnat, Blau, Grau, Braun.

Literatur:

Niebler (1969) S. 47f. – von Heusinger (1953) S. 118; von Heusinger (1954) S. 389; Kunze (1970a) S. 270f.; Williams-Krapp (1976) S. 284 (Nr. 121); Williams-Krapp (1986) S. 42f.; Der Heiligen Leben (1996) S. XXI; Rappl (2015) S. 130–133.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 76: 14v. Beschneidung Christi.

Abb. 77: 20r. Paulus Eremita.

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Abb. 76.
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Abb. 77.