KdiH

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59.12.3. München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 522

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 7

Datierung:

1470 (Vollmer [1929] datiert irrtümlich 1471).

Lokalisierung:

Bayern (Schneider)/Ost- oder Nordschwaben (Palmer).

Besitzgeschichte:

Herkunft unbekannt. Seit dem 16. Jahrhundert in der Bayerischen Hofbibliothek.

Inhalt:
1. 1ra–55rb Historienbibel, Alte Ee
2. 56ra–142vb ›Die Neue Ee‹
Ende fehlt
3. 143ra–169vb Vom Ende der Welt und vom Jüngsten Gericht (Propheten- und andere Sprüche, Sibyllenweissagung; Antichrist; Tage der Buße vor dem Jüngsten Gericht, 15 Zeichen, Jüngstes Gericht)
Ende fehlt
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 169 Blätter (neue Blattzählung; je zwei Blätter fehlen nach Blatt 5, 42, 43, 84 und 141, je ein Blatt fehlt nach Blatt 26, 48, 75, 96, 105, 117, 118, 142, 166 und 168, drei Blätter fehlen nach 169; defekt sind die Blätter 69, 73, 74 und 83: Illustrationen herausgeschnitten; unbeschrieben: 55v), 307 × 203 mm, zweispaltig, 37–47 Zeilen, kursive Bastarda, ein Schreiber (datiert 1ra: In nomine domini amen Anno domini etc LXX jar), rote Überschriften, Unterstreichungen, Kapitellombarden über zwei bis drei Zeilen.

Schreibsprache:

mittelbairisch (Schneider).

II. Bildausstattung:

43 kolorierte Federzeichnungen zu Text 1, 56 (von ehemals 60) sowie ein leerer Bildraum zu Text 2, 72 zu Text 3. Eventuell mehrere Zeichner (von Bloh [1993] S. 322).

Format und Anordnung:

Bildräume sind meist viertelseitig zwischen dem Text vorgesehen; ausgeführt sind in doppelter (nur das Eingangsbild 1r in einfacher) Federlinie eingefasste Zeichnungen ohne Beischrift. Die Zeichnungen überschreiten besonders in den Texten 1 und 2 stets die Breite des vorgezeichneten Schriftspiegelrahmens und reichen bis in die Randstege hinein, haben daher kein hochrechteckiges, sondern nahezu quadratisches oder sogar querrechteckiges Format (gelegentlich ist ein vorgezeichneter Bildraum auch erst nachträglich erweitert worden: 121v–128v), mehrfach (18r, 54r, 109r) wird ein größeres Bildformat (halbseitiges Streifenbild über beide Spalten) gewählt.

Bildaufbau und -ausführung:

Trotz eventuell mehrerer ausführender Hände und trotz offensichtlich heterogener Bildvorlagen von Text zu Text zeigen Bildkonzeption und -komposition sehr wohl Konstanz, doch sind die Bilder teilweise und unterschiedlich nachgearbeitet: In den ersten Illustrationen sind Vorzeichnung und Grundlavierung sehr sorgfältig mit dem Pinsel überarbeitet, die schlanken Figuren in ihrer Körperlichkeit fein modelliert; dies lässt aber rasch nach (Ansätze noch 9ra), danach bleibt es bei durchdacht angelegter, aber nur skizzenhaft ausgeführter Zeichnung und flüchtiger, flächiger, oft über die Konturen hinausgehender Lavierung, wobei häufig eine nachträgliche Akzentuierung vor allem von Details der Gesichtszüge (aber auch von Kulissen, z.B. 171r) mit der Feder zu erkennen ist. Insgesamt kleinteilige Zeichnung in etwas unruhiger, nicht geschlossener Linienführung, teilweise skizzenhaft wirkend (Angaben zur Physiognomie, Vegetation u.ä. nur mit wenigen Strichen), oft jedoch mit ausführlicher Binnenzeichnung (plastische Fältelungen, Schattenschraffur). Figuren nehmen meist die Hälfte oder Dreiviertel der Bildhöhe ein, agieren vor einem Landschaftsausschnitt mit oft sehr hoch angesetztem Horizont und unter einem mit dem Pinsel blau, nach unten heller werdend, lavierten breiten Himmelsstreifen, Standfläche der Figuren vielfach nur durch flächige Grünfärbung ohne Kontur angegeben, zuweilen werden leichte Bodenwellen hintereinandergestaffelt, gelegentlich ist Raumtiefe durch einen sich in den Hintergrund schlängelnden Weg evoziert; am Horizont oft Burgen oder Baumgruppen, zuweilen auch sehr detaillierte Stadtsilhouetten (z .B. 52va), oft ohne Rechtfertigung durch den Text (14v Mose auf dem Sinai mit Stadt im Hintergrund). Innenräume meist zentralsymmetrisch konstruiert, manchmal mit Architekturrahmen (31va), auch Innenraumdarstellungen geben aber durch Fenster o.ä. stets den Blick in einen angedeuteten Landschaftsraum frei.

Der verschwommene Charakter der Zeichnungen passt eher in die stilistische Landschaft Augsburgs nach 1480 (Handschriften der Meisterlin-Chronik, siehe Stoffgruppe 26A.2.) als zu älteren Beispielen.

Bildthemen:

Für die einzelnen Partien der Kompilation sind offenbar unterschiedliche Vorlagen herangezogen worden, so fallen z.B. innerhalb der Bestandteile von Text 3 die Prophetendarstellungen zu den Sprüchen regelrecht als »Fremdkörper« auf. Irritierend ist vor allem die Darstellung der 15 Zeichen (163v–167r), für die Palmer (2007) überzeugend eine Abhängigkeit vom Basler Druck des ›Spiegels menschlicher behaltnis‹ (Richel 31.8.1476, GW M43016) annimmt – trotz der Datierungsprobleme, die sich nur bereinigen ließen, wenn eine spätere Datierung der Handschrift oder mindestens ihrer Illustrierung nachgewiesen werden könnte.

Die Bebilderung der alttestamentlichen Historienbibel im Kompilationsbestand des Cgm 522 dürfte ohne Rückgriff auf eine Gesamtvorlage entstanden und in der vorliegenden Form – wie der Text selbst – originär sein. Klassische Themen der Bibel werden nach der Eingangssequenz in sechs Bildern vom Engelsturz bis Adams Tod 1rb–4va eher schlaglichthaft illustriert, wobei in der Regel nicht immer die gängigsten Motive ausgewählt werden: zum Bericht über Abraham nur der Untergang Sodoms (7ra), zu Josef nur Josef im Brunnen (9ra), zu David nur David und Goliat und David bittet für sein von Gott bestraftes Volk (27ra, 27vb), zu Salomo nur Urteil Salomos (28va); vor diesem Hintergrund ist die recht üppige Bebilderung der Geschichte Daniels und Susannas bemerkenswert (Daniel und Gefährten vor Nebukadnezzar 23ra, Drei Jünglinge im Feuerofen 24ra, Nebukadnezzar nach seinem Tod zerstückelt 25rb, Susannas Verleumdung 26ra, Steinigung der Verleumder 26rb).

Ob vereinzelte Entlehnungen auf Vorgaben aus der Überlieferung der Twinger-Chronik oder des ›Buchs der Könige‹ zurückgehen, wäre noch zu prüfen (z.B. an Einzelmotiven wie das der Aussetzung und Auffindung Moses, der im Cgm 522 nicht in einem Korb, sondern in einer Tonne liegt [14ra], oder anhand der sonst selten illustrierten Sequenz: König Joas lässt den Propheten Sacharja steinigen [31vb]/König Asarja, mit Aussatz bestraft, geht aus dem Tempel [32vb]/ Hiskija lässt den Tempel reinigen und neu weihen [33va]/Untergang Ninives [36ra].

Farben:

vorwiegend wässrig durchscheinende und kontrastarme Töne: Grün, Hellbraun, Umbra, Dunkelrot, Violettrot, Ockergelb, Blau.

Zu Text 2 siehe Nr. 59.13.3.

Zu Text 3 siehe Stoffgruppe 63. Jüngstes Gericht.

Literatur:

Schneider (1978) S. 54–56. – Vollmer (1912) S. 168–171, Nr. 71, Taf. XVII (1r); Vollmer (1929) S. LXII–LXIV, S. 202–215 (Abdruck: Sprüchesammlung), Taf. I (64r); Vollmer (1938) S. 130. 167; Vollmer (1940) S. 39f.; Ross (1971) S. 126f., Abb. 267 (47v). 268 (48r); von Bloh (1993) S. 322f. u.ö., Abb. 51 (1r); Hamburger (2005) S. 278f. Anm. 62; ders.: Die Neue Ee (New Testament History Bible). In: Splendor of the World (2005) S. 116–127, hier S. 118; Palmer (2007) S. 133.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 48: 36r. Untergang Ninives.

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Abb. 48.