KdiH

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63.3.5. München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 426

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 7

Datierung:

3. Viertel 15. Jahrhundert.

Lokalisierung:

Bayern.

Besitzgeschichte:

1568 in den Besitz des Augsburger Stadtschreibers Paul Hector Mair (1517–1579, zu ihm vgl. Untergruppe 38.8.) gelangt, dessen Einträge auf dem vorderen Spiegel sowie 2r und 85v (Schneider [1973] S. 232). Später Eigentum des lutherischen Augsburger Theologen und Sammlers Theophil Gottlieb Spitzel (1639–1691), Exlibris im rückwärtigen Einbanddeckel; danach bis 1803 in der Mannheimer Hofbibliothek (Signatur U 32i auf dem vorderen Spiegelblatt).

Inhalt:
1r Vorrede und Inhaltsverzeichnis der gesamten Handschrift
1. 1v–45r ›Konstanzer Weltchronik‹
2. 46r–50v ›Sibyllen Lied‹
Meisterlied im Hofton des Marners; Hs. c
3. 51r–85r ›Antichrist-Bildertext‹
51r–79r Vom Antichrist
79v–83v Die Fünfzehn Zeichen vor dem Jüngsten Gericht
84r–85r Vom Jüngsten Gericht
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, I + 84 + I Blätter (alte Foliierung 1–85, springt von 74 auf 76; 45v und 85v leer; das ehemals falsch eingebundene Blatt 83 [Schneider (1973)] ist bei der Restaurierung 1974 wieder an seinen ursprünglichen Platz versetzt worden; bestehen blieb eine [von Schneider nicht bemerkte] Fehlbindung zwischen 71 und 76: Der Abklatsch eines Flecks von 76r auf 73v beweist, dass Blatt 73 und 76 ursprünglich aufeinanderfolgten, Blatt 74 gehört vor Blatt 72, davor fehlt ein weiteres Blatt, richtige Blattfolge: 71, fehlendes Blatt, 74, 72, 73, 76; bei der Restaurierung je ein modernes Vorsatzblatt vorn und hinten eingefügt), 205 × 150 mm, einspaltig, 21–29 Zeilen, Bastarda, ein Schreiber, rote Lombarden meist über drei Zeilen, rote Strichel, gelegentliche Majuskeln und Unterstreichungen; 1r und 51r Initialen über acht bzw. sieben Zeilen, Kontur mit Rankenausläufern und Binnenzeichnung (Blattwerk) in dünner Federzeichnung, violettrot bzw. blau und violettrot laviert, von einem späteren Benutzer (Ende 15. Jahrhundert) Randnachträge 1v–3r und 67v in italienischer Sprache.

Schreibsprache:

bairisch (Schneider [1973]: »mit ostschwäbischen Anklängen«).

II. Bildausstattung:

Zu Text 1 zahlreiche kolorierte Federzeichnungen, zu Text 3 insgesamt 50 kolorierte Federzeichnungen. Ein Zeichner.

Format und Anordnung:

In der Antichrist-Vita folgt auf jeder Seite einem kurzen Prosatext (vier bis sechs Zeilen) das darauf bezogene Bild; die ungerahmten Darstellungen umfassen in hochrechteckigem Format ca. drei Viertel des Schriftspiegels, überschreiten meist die (gedachten) Schriftspiegeleinfassungen, gelegentlich sind sie auch von diesen beschnitten (65r, 68v, 72v u. ö.); 77v ganzseitiges Bild. Bei den Fünfzehn Zeichen ist die Text-Bild-Folge rascher, die Bilder haben querrechteckiges, knapp halbseitiges Format, je zwei Text-Bild-Einheiten füllen eine Seite (mit Ausnahme des ersten Zeichens: 80r untere Hälfte). Zum Jüngsten Gericht ganzseitiges Bild 85r, im Anschluss an den auf Blatt 84v mit deo gratias bereits abgeschlossenen Text.

Bildaufbau und -ausführung:

Rahmenlose Zeichnungen, Konturzeichnung in feinen, in weichen Rundungen geführten Federstrichen, insbesondere Haartrachten (etwa des Antichrist) sehr akkurat gezeichnet. Figuren und Figurengruppen sind unperspektivisch in Nahsicht nebeneinander gesetzt, verzerrt kariertes Steinpflaster oder unspezifisch angegebenes Bodenterrain als Standflächen, vielfach stehen die Figuren auch frei; gelegentlich verschaffen bühnenhaft konstruierte Aufbauten (z. B. 52v, 53r, 53v), Einzelbauwerke meist am linken Bildrand (54v, 55r, 56r, 72r, 76r), Mobiliar (Predigtstühle 57rff., 61vff.) oder parzellierte Landschaftselemente (62v, 63v, 71v, 73v, 82v Höhleneingänge) Positionierung im Raum. Kennzeichnend die stereotypen Physiognomien mit ausgeprägten Nasenflügeln, halb heruntergeklappten Augenlidern und mürrisch verzogenen Mundpartien, die ebenfalls stereotyp mäandernden Faltensäume (besonders 68v, 79r), ferner die auf Variabilität und Individualisierung bedachte Gestaltung der Kleidung, der Waffen und des Kopfputzes. Deckend oder lavierend in flächigem Auftrag und nicht sehr sorgfältig koloriert, nur selten sind die Farben zur Modellierung von Schattenpartien weniger wässrig ausgemischt (besonders pastos ist das Olivgrün), manchmal mit freistehendem Papiergrund für die Farbe Weiß, insbesondere bei den Gesichtern in blass-bräunlichem Inkarnat (Augenhöhlen, Mund- und Nasenfalten). Schlichte werkstattmäßige Arbeit.

In Komposition, Figurencharakterisierung durch Kleidung und Waffen und ikonographischen Details (Antichrist mit Glorienschein dargestellt, anfangs flankiert von einem kleinen Engel und einem kobolthaften kleinen Teufel, ab 58r nur noch mit Teufelchen; auch die Jünger des Antichrist mit Glorienschein) äußerst eng mit Berlin, Ms. germ. fol. 733 (Nr. 63.3.1.) verwandt; die Beziehungen sind so eng (Körperhaltungen wie Details der Requisiten werden kopiert, die Berliner Darstellungen dabei in der Regel figurenreicher), dass die Berliner Handschrift der Münchener als Vorlage gedient haben dürfte (so auch Schmitt [2004] nach Textvergleich und Wagner [2016, S. 32–35] nach Bildvergleich): Äußerst selten übernimmt die Münchener Handschrift ein Detail der Berliner nicht, etwa 81r (5. Zeichen), wo die in der Berliner Handschrift 11r unikal und außerhalb des Bildfelds eingefügte Sonne nicht erscheint. Weniger eng (entgegen Wagner [2016]) die Nähe zum Klosterneuburger Cod. 1253 (Nr. 63.3.4.), mit der die Münchener Handschrift wie die Berliner allerdings die hervorstechende Auszeichnung der Libyer und der Begleiter der Mohren als fremdländische Völker teilt.

Bildthemen:

Siehe Bildthementabelle Einleitung der Untergruppe 63.3. Übereinstimmend mit den übrigen ›Weltchronik‹-Handschriften, insbesondere mit Berlin, Ms. germ. fol. 733 (vermutliche Vorlage), daneben auch mit dem Klosterneuburger Cod. 1253 (Nr. 63.3.4.) und dem Berliner Ms. germ. fol. 1714 (Nr. 63.3.2.), die jedoch in einigen Themenvarianten andere Traditionen bilden (z. B. beim 9. Zeichen, wo in Berlin, Ms. germ. fol. 733, 11v, und München, 82r Mann und Frau im Gespräch dargestellt sind, ohne dass der Text hierfür einen Anlass gibt; in Klosterneuburg, 161v und Berlin, Ms. germ. fol. 1714, 53v dagegen ebenfalls ohne Textbezug eine Frau mit erhobenen Armen). Gegen Berlin, 9v stellt die Münchener Handschrift Auffahrt des Antichrist und Sturz durch Erzengel Michael in zwei separaten Bildern dar (77r halbseitig, 77v ganzseitig).

Farben:

Braun, Ocker, Umbra, Blau, Olivgrün, Rot, Rotviolett, Schwarz.

Literatur:

Schneider (1973) S. 231–234. – Nölle (1879) S. 455f.; Gottfried und Ursula Frenzel: Die fünfzehn Zeichen vor dem Jüngsten Gericht in der St. Martha-Kirche zu Nürnberg. In: Festschrift für Peter Metz. Hrsg. von Ursula Schlegel und Claus Zoege von Manteuffel. Berlin 1965, S. 224–238, Abb. S. 241 (81r, 83r); Simon (1978) S. 182–185; Steffen (1979) S. 100, Abb. 11 (63r), 12 (78r); Gerhardt/Palmer (2000) K16 e; Schmitt (2004) S. 408f. u. ö.; Vom ABC bis zur Apokalypse (2012) S. 112f., 118 [Veronika Hausler], Abb. S. 113 (53r); Wagner (2016) S. 32–36, 235f., u. ö., Abb. 5 (83r), 6 (83v), 25 (80r), 26 (80v), 67 (82r), 78 (44r), 79 (81v).

Anmerkungen:

Zu Text 1 siehe Stoffgruppe 135.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Taf. XVIIb: 74v. Christen kehren zurück.

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Taf. XVIIb.