KdiH

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20.0.3. Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. germ. 85

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 2

Datierung:

Um 1486 (Mittler/Werner).

Lokalisierung:

Schwäbisch.

Besitzgeschichte:

Die Wappen 67v und 145r (Deutscher Orden: schwarzes Kreuz auf weißem Grund, Grafen von Neipperg: drei silberne Ringe auf rotem Grund) passen auf Reinhart von Neipperg († 1496), 1479–1489 Großmeister des deutschen Ordens, als ersten Besitzer.

1r die Kennummer des Transports der Heidelberger Handschriften nach Rom im Jahre 1623 C. 200.

Inhalt:
1r–217r Anton von Pforr, ›Buch der Beispiele der alten Weisen‹
Hs. B
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 217 gezählte Blätter + Blatt 218* (von ehemals 221 Blättern: jeweils nach Blatt 195, 201 und 202 fehlt ein Blatt), dazu neu foliierte Vorsatz- und Nachstoßblätter 1*–3*, 219*–221*, 295 × 210 mm, Bastarda, ein Schreiber, einspaltig, 31–35 Zeilen, rote Kapitelüberschriften, Unterstreichungen (die Sprechrollen, z. B. sprach der könig, Anwurt Billero, stets unterstrichen), in der ersten Zeile der Seite oft kalligraphische Majuskeln. An den Kapitelanfängen ornamentierte rote und blaue Initialen über ca. 9–13 Zeilen, 67v mit ausladenden Akanthusranken und Wappen, 145r mit Wappen, Absätze beginnen mit roten oder blauen Lombarden über drei Zeilen, die am Anfang die Namenakrostichen nur noch in defektem Zustand bilden: 1r–27r ESERHART GRAF Z WIRTENBERG ATTEMPT, 56v–73v ANTHONIVS V PFSR.

Schreibsprache:

niederalemannisch.

II. Bildausstattung:

Titelbild (1v), 123 (von ursprünglich 124; Blattverlust nach 201 s. o.) kolorierte Federzeichnungen im Text (3r, 5r, 6r, 11v, 12v, 13v, 14r, 17v, 19v, 20v, 24r, 26r, 27r, 29r, 29v, 30v, 32r, 32v, 35r, 35v, 37r, 37v, 39v, 41v, 43r, 46v, 47v, 48r, 49r, 50r, 51v, 53v, 54v, 55v, 56v, 57v, 58v, 61r, 61v, 63r, 64v, 66r, 66v, 69v, 71r, 76v, 78v, 79r, 80r, 82r, 84r, 86r, 89v, 90r, 93r, 94r, 96v, 97v, 98v, 100v, 101v, 102v, 109r, 110v, 112r, 114v, 116r, 119r, 120v, 123r, 125r, 126r, 128r, 130r, 131v, 133r, 135v, 138r, 140v, 143r, 144r, 146v, 147v, 149v, 151r, 152r, 155r, 155v, 161r, 164r, 165r, 167r, 168v, 170r, 171r, 171v, 173v, 178v, 179v, 180v, 181v, 183r, 185v, 187v, 190r, 194v, 196v, 197v, 198v, 199v, 200v, 201r, 202v, 206r, 207v, 208v, 210r, 213r, 214r, 215r, 217r), zwei Bildlücken (59v, 73v). Zwei Hände, A: Titelbild 1v, 26r–217r, B: 3r–24r.

Format und Anordnung:

Mit Ausnahme des ganzseitigen Titelbildes ca. halbseitig in Schriftspiegelbreite (115–119 mm; durchschnittliche Höhe 114–146 mm, auch größer: 168v 160 mm, oder kleiner: 37r 90 mm), in einfacher oder, seltener, doppelter Linie eingefaßt; 66r–v zwei Zeichnungen ganzseitig (210–211 × 139–147 mm) und mit figura a und figura b bezeichnet.

Bildaufbau und -ausführung:

Kompositorisch deutlich der Handschrift Heidelberg, Cod.Pal.germ. 84 folgend: bei Außenansichten gleichfalls am Horizont Stadtpanoramen, Innenansichten mit Bogenrahmen, gleiche Figurenkonstellationen.

Zeichner B: Konturzeichnung und feine, differenzierte Modellierungsschraffuren mit der Feder, Einfassung durch roten Streifen. Charakteristisch die in Relation zur Umgebung geringe Größe der Figuren, deren steife Bewegung, kantiger Faltenwurf. Die Zeichnungen sind stark nachgebessert (von Zeichner A?), die Konturen nachgezogen, Physiognomien präzisiert.

Zeichner A: Routinierte, holzschnitthafte Konturzeichnung in weicher, an- und abschwellender Linienführung. Modellierung durch Schraffuren und dunklere Farbabtönung bzw. ausgesparte Lichter. Landschaft sehr viel karger als im Cod.Pal.germ. 84: Bodenstücke mit spärlicher Vegetation, scharf gebrochene Wegränder, Ufer und Erdstufen, Bäume mit gekritzelten Kronen oder Verzweigungen in kahle Äste meist mit fünf akazienartig angeordneten Blättern an der Spitze. Raumgestaltung ohne Tiefe, die Stadtansichten im Hintergrund reduziert auf wenige, klar gezeichnete Gebäude. Innenräume eng, gelegentlich mit ausführlichem Flächendekor (Holzmaserung 11v, 37v, 58v u. ö.; Brokatmuster als Wanddekor 1v, 37v u. ö.). Leicht gedrungene Figuren; runde Gesichter mit recht großen Hakennasen, Augen als zwei offene Bögen mit Punkt im Winkel, oben (oft auch unten) Lidfalte und Braue, Mund als Linie mit Winkelverdickungen und Kinnfalte, mit zwei roten Pinselstricheln akzentuiert. Tiere etwas plump in unsicheren Größenverhältnissen. Flächig koloriert. Lehmann-Haupt (1929) S. 172 sieht enge Beziehungen des Zeichners A zu Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek, cod.theol. et phil. 2o 195 (Nr. 13.0.25.: ›Belial‹) und Heidelberg, Cod.Pal.germ. 346 (Eilhart von Oberge, ›Tristan‹).

Bildthemen:

wie Cod.Pal.germ. 84 (Nr. 20.0.2.); abweichend nur 50r (Wiederholung des vorhergehenden Motivs 49r). Cod.Pal.germ. 85 übernimmt sogar Motivfehler von Cod.Pal.germ. 84, v. a. die fehlerhaften, nicht immer durch Überklebung korrigierten Falschinterpretationen der Tierfiguren, insbesondere 19v: Senespa als Rind, 24r: Dimna als Mensch, 26r: Dimna als Rind, 37v: Dimna als Rind, 55v: Senespa als Edelmann, 66r: Schakal und Rind statt zwei Schakale. Dabei Schakale mit gegenüber der Vorlage vereinfachten Merkmalen: Rückenhöcker, Mähne und unterschiedliche Füße fehlen, als Charakteristikum wird der hochstehende Haarschopf zwischen den Hörnern herausgearbeitet. Doch weicht Cod.Pal.germ. 85 gelegentlich auch von Cod.Pal.germ. 84 ab, indem die Zeichner Motive ihrer Vorlage mißverstehen oder eigenständig uminterpretieren (69v: nicht Leopard, sondern Dimna naht; 82r: eine der Frauen, die die tote Königstochter beweinen, ist als Königin interpretiert; 96v: Schlange unter einem Bett, in dem ein zweiter Mann liegt, statt Mann mit Axt auf dem Weg zum Schlangenloch; 126r Teufel sitzt auf dem Bett des Einsiedlers).

Eine unmittelbare Abhängigkeit des Bildzyklus von Cod.Pal.germ. 84 ist anzunehmen. Allerdings könnten zusätzlich Nebenquellen (bildlicher oder textlicher Natur) benutzt worden sein, da Cod.Pal.germ. 85 manche Motivvarianten des Cod.Pal.germ. 84 nicht übernimmt (29r gegen Cod.Pal.germ. 84, 31v; 61r gegen Cod.Pal.germ. 84, 64r; 165r gegen Cod.Pal.germ. 84, 179r u. ö.).

Farben:

laviert und deckend, Kupfergrün, Olivgrün, Kobalt, Ockergelb, Karmin, kräftiges Zinnober, Umbra, Schwarz. Vgl. Nr. 20.0.2.

Literatur:

Bartsch (1887) S. 21, Nr. 49. – Holland (1860) S. 194f., 198; Weil (1923) S. 123, Abb. 90 (84r); Wegener (1927) S. 95f., Abb. 90 (Initiale 18r). 91 (19v). 92 (167r); Lehmann-Haupt (1929) S. 172; Geissler (1963) S. 457 u. ö.; Fischel (1963) Abb. 51 (46v); Geissler (1974) S. 35–37; Mittler/Werner (1986) S. 131, Abb. S. 130 (64v).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 184: 198v. Der Goldschmied wird gehängt.

Abb. 185: 19v. Fischer retten den vor den Wölfen fliehenden Mann.

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Abb. 184.
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Abb. 185.