KdiH

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20.0.2. Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. germ. 84

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 2

Datierung:

Um 1480 (Wegener, Lehmann-Haupt)/Um 1475/80 (Mittler/Werner)/Möglicherweise in zwei Schritten entstanden: Text um 1475, Illustrationen um 1482–85.

Besitzgeschichte:

1v Motto und Wappen mit ausgeführtem Württemberg-Schild (Hirschstangen und Mömpelgardsche Fische) und nur vorgezeichnetem Gonzaga-Schild. Nach Geissler (1963) S. 456f. und Mittler/Werner könnte die Leerstelle für das Gonzaga-Wappen ein Hinweis darauf sein, daß die Handschrift Eberhard von Württemberg zu einem Zeitpunkt zugedacht war, da seine Vermählung mit Barbara Gonzaga noch nicht vollzogen war (d. h. vor 1474). Anderenorts (Wegener [1927] S. VII, 111, Württemberg im Spätmittelalter [1985] S. 134) wird Eberhards Mutter, Erzherzogin Mechthild, als erste Besitzerin vermutet. Auf dem ehemals äußeren Pergamentblatt 3*r die Kennummer des Transports der Heidelberger Handschriften nach Rom im Jahre 1623 C. 155.

Inhalt:
1. 3r–237r Anton von Pforr, ›Buch der Beispiele der alten Weisen‹
Hs. A
237v–238r leer
2. 238v–240v Passionsgebet 239r–240v, vorgeheftet Einzelblatt aus fremdem Zusammenhang mit Kanonbild 238v
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier (Blatt 238 Pergament), 240 (richtig: 241) Blätter (nach 201 ein ungezähltes Blatt: 201 a), dazu vorn zwei neuere Papier- und zwei alte Pergamentvorsatzblätter (1*–2*, 3*–4*), hinten zwei alte Pergament- und ein neueres Papiernachstoßblatt (1**–2**, 3**), die äußeren Pergamentblätter 3* und 2** ehemals als Spiegel aufgeklebt, 320–324 × 225–226 mm, zwei Schreiber, Hand I (3r–237r): Bastarda, einspaltig, 25–26 Zeilen, Korrekturen von Schreiberhand (wenige Kurzkorrekturen auch von anderer Hand), rote Strichel, Unterstreichungen (Sprechrollen unterstrichen), Überschriften, in der ersten Zeile der Seite oft kalligraphische Majuskeln, anfangs abwechselnd rote und blaue Initialen über vier bis sechs Zeilen bei Kapitelanfängen, über drei Zeilen bei Absätzen, später vorwiegend rote, oft mit Federwerk in der Gegenfarbe, manchmal mit grotesken Gesichtern. Die Kapitellombarden bilden 1r–31r das Akrostichon EBERHART GRAF Z WIRTENBERG ATTEMPTO, 54v–76r ANTHONYVS V PFSR(!); Hand II (239r–240v): Kursive, einspaltig, 33 Zeilen, rote Eingangsinitiale über sechs Zeilen, Strichel, Unterstreichungen.

Schreibsprache:

östliches Niederalemannisch.

II. Bildausstattung:

Text 1: Wappen (1v), Titelbild (2v), 123 kolorierte Federzeichnungen im Text (4r, 6v, 7v, 13v, 14v, 15v, 16r, 20r, 22r, 23r, 26v, 28v, 29v, 31v, 32r, 33r, 34r, 36r, 37r, 37v, 39v, 40r, 42r, 44r, 45v, 49v, 50v, 51v, 52v, 54r, 56r, 57r, 58r, 59r, 60v, 62r, 64r, 64v, 66r, 67v, 68v, 69v, 72v, 73v, 78v, 80v, 81v, 82r, 84v, 86v, 89r, 93r, 93v, 94v, 96v, 98r, 100v, 102r, 103r, 105r, 106v, 107v, 115r, 117r, 118v, 122r, 123r, 125r, 126v, 128v, 131v, 134r, 135r, 137v, 139v, 141r, 142v, 145v, 148v, 151r, 154v, 155v, 158v, 159r, 161r, 163r, 164r, 167r, 168r, 174r, 177v, 179r, 181r, 182v, 184r, 185r, 186r, 188r, 194r, 195r, 196r, 197r, 198v, 200v, 202r, 205r, 209v, 212v, 214r, 215r, 216r, 217r, 218r, 218v, 220v, 224v, 226v, 227v, 229r, 232v, 233v, 235r, 237r. 2 Hände, I: 6v–202r, II: 2v–4r, 205r–237r; 4r ursprünglich von I, dann mit Zeichnung von II überklebt (jetzt abgelöst); Zeichner II zeigt nach Bushart (1959) S. 155 enge Verwandtschaft mit dem Meister des (1485 datierten) Rohrdorfer Altars. Text 2: 238v von dritter Hand.

Format und Anordnung:

Text 1: Mit Ausnahme des ganzseitigen Wappen- und Titelbildes ungefähr schriftspiegelbreit (125–135 mm), unterschiedlich hoch (durchschnittlich 135 mm, aber auch bis zu 190 mm), im Bereich des Zeichners I in oberer und unterer Randstellung meist den Schriftspiegel überragend.

Text 2: Kanonblatt (ganzseitig): Gekreuzigter Jesus mit Maria und Johannes und kniendem jugendlichen Ritter mit heraldischem Wappen von Pfalz-Wittelsbach und Spruchband Miserere mei deus secundum magnam misericordiam tuam. In kräftigen, deckenden Farben koloriert: Blau, Karmin, Zinnober, Ocker, Kupfergrün, Gelb, Braun, Weiß, Pinselsilber, Blattgold.

Bildaufbau und -ausführung:

Text 1: Zeichner I: Illustrationen oft ungerahmt oder nur unten herum gerahmt, gelegentlich Anfänge einer Leistenrahmung (182v, 185r); die Einfassung an den Seiten bei Landschaftsansichten mehrfach ersetzt durch Bäume oder übergehend in Zweige, auf denen gelegentlich (z. B. 6v, 126v, 196r, 202r) Vögel sitzen. Zeichentechnik sehr eigenwillig: Konturzeichnung unausgesprochen, immer wieder neu ansetzend, oft mit bewußt »zittriger« Linienführung, v. a. bei den imposanten Architekturkulissen. Ausführliche Modellierung und Darstellung von Schatten durch rasch hingeworfene Schraffuren in kurzen und langen Stricheln, auch kreuzweise und mit Häkchen, sehr schwungvoll. Menschliche Figuren schlank mit kleinen Köpfen und zerfließenden Physiognomien, die Augen sehr oft niedergeschlagen. Tiere (besonders Frosch und Schildkröte) mitunter recht plump. In Bildaufbau und -ausführung große Ähnlichkeit zu Chantilly, Ms. 680 (Nr. 20.0.1.). Wie dort bei Außenansichten am Horizont Stadtpanoramen, Innenansichten mit Bogenrahmen. In Haltung und Gestik der Figuren, in der Gestaltung des Hintergrunds ist das Vorbild unverkennbar. Doch kopiert der Zeichner seine Vorlage nicht komplett, sondern nur versatzstückhaft. Gerade diese Teilkopien führen oft zu Entstellungen und kompositorischen Ungereimtheiten: 93v mißlungene Gestik des Knechtes; 100v mißlungene Raumaufteilung; 182v mißlungene Armhaltung überkritzelt (Korrektur einer Vorzeichnung auch 80v Kalila vor Dimnas Käfig). Blatt 28v, 40r, 59r sind Teilüberklebungen vorgenommen worden, mit denen jeweils ein Mensch durch ein Rind ersetzt wurde. Als Bildfläche wird die Höhe des zur Verfügung stehenden Raums vielfach überzogen; das Bild ragt häufig bis in die angrenzenden Textzeilen hinein, grenzt es an den Kopf- oder Fußsteg, so wird dieser meist als Bildfläche mit genutzt. Gelegentlicher Verzicht auf die sonst ausführliche Hintergrund- und Raumgestaltung sowie die nur ansatzweise Einfassung geben den Bildern den Eindruck der Unvollständigkeit.

Zeichner II zieht mehrfach die Konturen von I nach (37v, 44r) und bessert die Lavierung auf. Die Zeichnungen, die Zeichner II allein verantwortet, stehen dem Vorbild Chantilly noch näher als die des Zeichners I, da nun auch die Technik der Halbgrisaille übernommen wird. So ist das Wappenbild (1v Devise Attempto zwischen zwei Palmen, bekrönt von zwei sich umarmenden Putten mit Wappenschilden) in brauner Tinte gezeichnet, die Schrift schwarz nachgezogen, das Ganze leicht graubraun laviert, nur die Engel mit orangerosa Inkarnat und ockerfarbenen Haaren akzentuiert; im Widmungsbild (2v) sind im grau lavierten Raum nur die Gesichter der Figuren und der Landschaftsausschnitt im Fenster leicht koloriert. In der Charakterisierung der Protagonisten folgt Zeichner seinem Vorbild meist geradezu pedantisch, wenn auch ohne Verständnis für emotionale und kausale Zusammenhänge (Fischel [1963] S. 71 am Beispiel der Geißelung des Einsiedlers 107v). Abweichungen in der Figurenkonstellation und im Szenenaufbau resultieren primär aus der Reduktion des Bildraums gegenüber der Vorlage. Wegen des geringeren zur Verfügung stehenden Bildraums und angesichts der Vorrangigkeit, die die Akteure beim Zeichner II erhalten, bleibt seine Raumbeschreibung wesentlich zurückhaltender als die des Zeichners I und des Chantilly-Zeichners.

Bildthemen:

Text 1: wie Chantilly, Ms. 680 (Nr. 20.0.1.). Von Chantilly abweichend zusätzlich nur: Dimna vor dem Löwenkönig (28v). Acht Motive fehlen: Rabe, Schildkröte, Maus und Hirsch (zwischen 107v und 115r), König nimmt Abschied von Vogel Pinza (zwischen 168r und 174r), Taubenpaar und Weizen (zwischen 186r und 188r), Fuchs vor Löwin (zwischen 197r und 198v), Taube und Elster (zwischen 198v und 200v), Eremit trifft Affen sowie Eremit trifft Natter (zwischen 212v und 214r), Dankbare Turteltauben (zwischen 220v und 224v).

Vermenschlichungstendenz der Tiere gegenüber der Handschrift aus Chantilly etwas zurückgenommen, auch sitzen Löwe und andere Tiere seltener auf (Thron-)Sitzen, sondern frei in der Landschaft. Unsicherheiten in der Definition der Gestalt von Kalila und Dimna; 26v, 28v, 40r ist Dimna zunächst als Mensch aufgefaßt worden, der dann (bis auf 26v) durch Überklebung jeweils mit dem Bild eines Rinds ersetzt wurde; ansonsten folgt die Charakterisierung grob der Chantilly-Handschrift, doch auch 68v wird einer der beiden Schakale wieder als Rind dargestellt. 22r, 58r und 59r ist das Rind Senespa seinerseits als Mensch aufgefaßt (22r übereinstimmend mit Chantilly, 59r durch Überklebung korrigiert).

Farben:

Zeichner I: meist laviert; Kupfergrün, Olivgrün, Olivgelb, etwas bröseliges Kobaltblau, Zinnober, Karmin, Rotbraun, Grau; Inkarnat in Orangezinnober gestrichelt, oft kreuzweise. Zeichner II: Blau, Olivgrün, Ockergelb, Grau, Zinnober, Braun, Inkarnat helles Orangerosa. Vgl. Nr. 20.0.1., Nr. 20.0.3., 20.0.c.

Literatur:

Literatur: Bartsch (1887) S. 21, Nr.48. – Holland (1860) S. 193f., 196–198; Bidpai. Das Buch der Beispiele alter Weisen. Eine altindische Fabel- und Novellensammlung nach der deutschen Übersetzung einer Handschrift des XV. Jahrhunderts bearbeitet und mit einem Teil ihrer Bilder hrsg. von Hans Wegener. Berlin 1926 (30 Abb.); Weil (1923) S. 122f., Abb. 91 (107v); Wegener (1927), S. 92–95, Abb. 86 (16r). 87 (195r). 88 (214r). 89 (229r). Taf. I (2v). IV (179r); Lehmann-Haupt (1929) S. 171; Bruno Bushart: Studien zur altschwäbischen Malerei. Ergänzungen und Berichtigungen zu Alfred Stanges »Deutsche Malerei der Gotik«. VIII. Band. »Schwaben in der Zeit von 1450 bis 1500«. Zeitschrift für Kunstgeschichte 22 (1959), S. 133–157, hier S. 155f. Abb. 21 (214r); Boeckler (1959) Abb. 64 (2v). 65 (16r); Fischel (1963) S. 66, 70f. u. ö., Abb. 43 (1v). 46 (232v). 49 (103r). 52 (49v); Geissler (1963) S. 456f. u. ö.; Geissler (1974) S. 33–35; Werner (1975) S. 89–93, Nr. 27, Abb. S. 91 (93r). 92 (131v); Württemberg im Spätmittelalter (1985) S. 134, Nr. 141, Abb. 47 (214r); Mittler/Werner (1986) S. 128f., Nr. 335, Abb. S. 129 (11r).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 180: 22r. Fischer retten den vor den Wölfen fliehenden Mann.

Abb. 181: 68v. Kalila und Dimna.

Abb. 182: 184r. Billero mit Purpurkleid und Krone zwischen König und Königin.

Abb. 183: 215r. Der Goldschmied wird gehängt.

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Abb. 180.
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Abb. 181.
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Abb. 182.
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Abb. 183.