KdiH

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81.0.2. Chur, Staatsarchiv Graubünden, Cod. B 1

Bearbeitet von Pia Rudolph

KdiH-Band 8

Datierung:

Ende des 15. Jahrhunderts.

Lokalisierung:

Raum der Diözese Konstanz.

Besitzgeschichte:

Die Handschrift besteht aus zwei Teilen, die wohl nach 1472 zusammenkamen, worauf die eingebundenen Falze hinweisen, die von Pergamenturkunden stammen, die zwischen 1469 und 1472 in Konstanz entstanden sind. Ein Eintrag mit Tinte findet sich auf dem hinteren Buchrücken: Dietrich Sebch (Schreiber des zweiten Teils?). Der Schreiber nennt sich auf S. 53 von Teil B Dieterich sebch, die Zuschreibung ist allerdings umstritten; dort wird außerdem als Auftraggeber Jackob Oberly festgehalten, der von 1489–1500 und 1503–1507 Ratsherr in Zürich war (vgl. Ulmschneider [2011] S. 83). Ein Hans von Endiner hat sich als Besitzer vermerkt: Jch hans von Endiner das gehert mir (hinterer Deckelspiegel). Im 18. Jahrhundert war die Handschrift im Besitz von Georg Litzel († 1761), einem protestantischen Theologen aus Ulm und Konrektor am Gymnasium in Speyer. Aus der Gymnasialbibliothek gelangte sie nach Chur in die Kantonsbibliothek (Exlibris des 19. Jahrhunderts im vorderen Deckel) und schließlich ins Staatsarchiv (vgl. Ulmschneider [2011] S. 79–82).

Inhalt:
Teil A
1. 1r–32v ›Lucidarius‹
I.1–123
2. 32v–36v Auslegung der zehn Gebote
3. 36v–37r Gebete
4. 37r–38v Sieben Freuden Mariens
5. 39r–41r Ostergedicht
6. 41r–60v ›Sibyllenweissagung‹
7. 60v–64v Passionsgedicht
8. 64v–67r ›Augsburger Marienklage‹
9. 67r–75r ›Cato‹
10. 75v–82v Heinrich von Pforzen, ›Der Pfaffe in der Reuse‹
11. 82v–88r Stricker, ›Der ernsthafte König‹
12. 88r–106r ›Maria Magdalena‹ (Verslegende IV)
13. 106r–108r Zwölf Meister über die Früchte der heiligen Messe
14. 108r–110v ›Tobiassage‹
15. 111r–114r ›Vom Streit zwischen Herbst und Mai‹
Teil B
16. 117r–150v (S. 1–68) ›Konstanzer Weltchronik‹
17. 153r–191r (S. 73–149) ›Zürcher Chronik‹
18. 191v (S. 150) Zwei Rezepte gegen daz kaltt we
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 191 Blätter, 202 × 143 mm, Kursive, zwei Schreiber (Teil A, 114r, Klemps; Teil B, S. 53 [143r], Dieterich sebch?), einspaltig; Teil A: 26 Zeilen, rote und grüne Buchstabenverzierungen durch den Schreiber (Ranken, Bänder, Cadellen), am Schluss der einzelnen Textteile wird das amen stets durch ein Spruchband gerahmt, zwei- und dreizeilige Lücken für Initialen; Teil B: teilweise ältere Seitenzählung (1–150), 24–30 Zeilen, Bildlücken.

Schreibsprache:

alemannisch.

II. Bildausstattung:

In Teil A zu Text 1 eine Federskizze auf 29v sowie eine weitere zu Text 15 auf 114r. Der Schreiber ist auch der Zeichner. In Teil B zahlreiche Lücken für nicht ausgeführte Illustrationen (vgl. Stoffgruppe 135. Weltchroniken).

Format und Anordnung, Bildaufbau und -ausführung, Bildthemen:

Der Schreiber von Teil A hat eher ungeschickt verzierende Elemente in allen Texten der Handschrift angebracht, nur zwei davon können als Illustrationen gelten.

Zum einen die etwa sieben Zeilen hohe Skizze in roter Tinte von einer Frau mit Blume in der Hand. Die Frau scheint nackt zu sein, sie setzt ein Bein vor das andere und wendet sich vom Text ab. Die überproportional große Blume in ihrer Hand kann als Metapher auf ihre matrix hin gedeutet werden, die Gebärmutter, von der im Text die Rede ist (I.112). Der Jünger fragt in diesem Absatz, an dessen Rand sich die Zeichnung befindet, den Meister, wie der Mensch im Leib der Mutter geschaffen wird (29v).

Zum anderen hat der Schreiber am Ende des ›Streits zwischen Herbst und Mai‹ am unteren Blattrand eine Verzierung mit einer Blume und Blättern um seinen Namen angebracht (114r). Vergleicht man die beiden Blumen, wird deutlich, dass es sich um denselben Zeichner handelt, der zwar einerseits diese floralen Elemente anbringt, andererseits aber keine Weltkarte zeigt oder Platz dafür frei lässt, wie es der Text (I.47) vorgeben würde: also solt du mercken das diesse welt gebuwen ist wann das dritail also vor dir hie gezaichet staut (9r). Es wird sogar am Ende des zweiten Absatzes zur Aufteilung der Welt (I.48) ein »individueller Zusatz« (Ulmschneider [2005] S. 583) mit Hinweis auf ein Bild eingefügt, das auch unausgeführt bleibt: Dis ist das wendel mere das vmb die welt gát also hie vor uch stat (9r). Wie bei der ›Lucidarius‹-Handschrift aus Providence (Nr. 81.0.8.) stellt der Schreiber nicht die Vorgaben aus dem Text dar, sondern zeichnet offenbar spontan bzw. nach eigenem Interesse, wobei es durchaus einen Zusammenhang von Bild und Text gibt. An der Stelle des Bildes ist das Papier besonders abgegriffen, was vermuten lässt, dass diese Passage für den Zeichner oder einen Besitzer einen besonderen Stellenwert gehabt haben könnte.

Farben:

rote Tinte.

Literatur:

Vollmer (1916) S. 94–99; Jenny (1974) S. 111–117; Gottschall/Steer (1994) S. 12*, Nr. 12; Ulmschneider (2005) S. 580, 583f., Abb. 2 (9r); Ulmschneider (2011) S. 79–84.

Weitere Materialien im Internet:

http://www.handschriftencensus.de/4642

Abb. 171: 29v. Frau mit Blume.

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Abb. 171.