81.0.h. Straßburg: Bartholomäus Kistler, 1503
Bearbeitet von Pia Rudolph
KdiH-Band 8
4o, 34 Blätter, foliiert (a8, b–c4, d8, e4, f6), einspaltig, 31 Zeilen, eine D-Initiale mit Ranken und Ornamenten im Weißlinienschnitt (neunzeilig, A2v), zahlreiche gedruckte schlichte D-Initialen (zweizeilig).
Neun Abbildungen von sechs Druckstöcken (einfach schwarz gerahmt, etwa die Hälfte des Schriftspiegels hoch und schriftspiegelbreit), die Darstellungen sind neu und modern gestaltet, wobei es größtenteils bei denselben Inhalten blieb. Das Titelblatt fügt sich aus zwei Holzschnitten zu einem ganzseitigen Bild zusammen (A1r): Unter dem Buchtitel Eyn liebliche historien von dem hochgelerten meister Lucidario ist die Aufteilung der Welt in einem Kreisschema, gerahmt von vier Winden (in den bisherigen ›Lucidarius‹-Ausgaben waren es stattdessen vier weltliche Gelehrte), zu sehen. Im Holzschnitt darunter belehrt der Meister den Schüler, der das Gesagte aufschreibt. Die Figuren befinden sich in einer Landschaft mit Häusern im Hintergrund, über ihnen leuchtet das Gestirn, sodass sich ein Übergang zum Holzschnitt darüber ergibt. Es folgt erstmals in der Drucktradition ein Register für den ›Lucidarius‹, das das Werk in 42 Kapitel einteilt. An dessen Ende ist erneut die Belehrungsszene gesetzt (A2r), der Text beginnt im Anschluss an das Bild auf A2v. Direkt vor dem Textabschnitt zum ersten Engel (I.11) wird die Verstoßung Lucifers dargestellt (A3v). Auf A5r geht das Kreisschema des Titelblatts dem Abschnitt I.26 voran, wobei die Kapitelüberschrift Das drit Capitel sagt vom hymmelrich gleichzeitig als Bildüberschrift dient. Diese Illustration erfolgt damit erstmals an einer anderen Textstelle, wobei dennoch ein Bild-Text-Bezug besteht, da sich die Fragen des Schülers auch hier um den Aufbau von Himmel und Erde drehen. Als nächste Abbildung folgt das Kreisschema zum Gestirn beim entsprechenden Textabschnitt (I.79–I.80), das zwar gerahmt ist, aber keine Gelehrtenfiguren in den Ecken zeigt (C1v), stattdessen tauchen Strahlen hinter dem Kreis auf. Ebenfalls ohne Eckfiguren (dafür mit Lichtstrahlen) kommt der nächste gerahmte Holzschnitt aus (C2v), auf dem das Firmament so dargestellt wird, wie es bereits in der ersten Ausgabe von 1479 (Nr. 81.0.a.) zu sehen war. Zu dieser Textstelle (I.89, der Schüler fragt nach dem Mond) hatte es jedoch bislang im Druck keine Darstellung gegeben, ebenso wenig wie zu dem Abschnitt I.94 (der Meister erklärt den Wandel des Monds), der noch einmal mit dem Kreisschema von der Titelseite und A5r illustriert wird (C3v). Auch wenn die Illustrationen noch prinzipiell zum ersten Buch des ›Lucidarius‹ passen, das sich mit der göttlichen Schöpfung auseinandersetzt, wirkt der Zusammenhang von Bild und Text im Gegensatz zu älteren ›Lucidarius‹-Ausgaben lose, sodass es hier, wie bereits bei Hupfuff (Nr. 81.0.g.), stärker um die Aufwertung des Drucks durch Abbildungen geht. Die bekannten, aber neu geschnittenen Bildmotive zu mitunter anderen Textstellen werden um einen weiteren Holzschnitt ergänzt. Über die Frage des Schülers nach dem Antichrist (III.30) setzt Kistler einen Holzschnitt aus seiner Johannes Lichtenberger-Ausgabe von 1497 (GW M18229; zu Bild und Text in der Prognosticatio vgl.
VD16 L 3068, zwei Exx. nachgewiesen. –
Folgende ›Lucidarius‹-Ausgaben zeigen dieselbe Bildfolge; allerdings wird hier die Belehrungsszene nur auf dem Titelblatt dargestellt und nicht mehr zu Beginn des Textes bzw. nach dem Register, auf das auch verzichtet wird:
- Straßburg: Matthias Hupfuff, 1511 (VD16 L 3073, drei Exx. nachgewiesen). Nur in dieser Ausgabe druckt Hupfuff statt einer ornamentalen Initiale zu Textbeginn eine historisierte Initiale (zehn Zeilen, gerahmt, a2r) mit einem Sterndeuter. Dieser Astrologe wiederum wird auch in der Lichtenberger-Ausgabe von Kistler dargestellt, aus der auch das Bild des falschen Predigers für den ›Lucidarius‹ stammt (siehe oben).
- Straßburg: Matthias Hupfuff, 1514 (VD16 L 3074, drei Exx. nachgewiesen).
- Straßburg: Johann Knobloch, 1519 (VD16 L 3078, zwei Exx. nachgewiesen). Knobloch verwendet nicht wie Kistler und Hupfuff eine neue Platte für das Firmament, sondern wiederholt stattdessen noch einmal den Aufbau der Welt mit den vier Winden.
Abb. 186: Berlin, SBB, A 4318, A1r. Titelblatt mit Aufteilung der Welt, vier Winde; Belehrungsszene.