38.9.10. Rostock, Universitätsbibliothek, Mss. var. 83
Bearbeitet von Rainer Leng
KdiH-Band 4/2
2. Hälfte 16. Jahrhundert (Wasserzeichen Fischschwanz und Horn, nicht identifizierbar).
Norddeutschland.
Einbandspiegel oben links Besitzeintrag: Hugoldt Bheer[e] § 93 §, möglicherweise der Fürstlich Pommerscher Landrat Hugold Behr d. Ä., 7. 9. 1527–15. 9. 1576, bzw. Hugold Behr d. J., der Neffe Hugold Behrs d. Ä., fürstlich pommerscher, Pfalz-Neuburgischer u. mecklenburgischer geheimer Rat, herzoglich mecklenburgischer Amtshauptmann auf Ivenack), 11. 12. 1573–10. 8. 1620; die Handschrift stammt möglicherweise aus herzoglichem Besitz, siehe dazu Eintrag im Katalog der Bibliothek Johann Albrechts I. zu Mecklenburg (1525– 1576): Fechtmeisterey. Ein alt gemalet buch mit allen figuren, von allerley art fechtens. In 4to und in alt gelb Pergament eingebunden (Catalogus sive Index universalis omnium librorum … qui in domini Joannis Alberti Ducis Megalburgensis etc. bibliotheca Suerinensi habentur et exstant, secundum seriem alphabeticam digestus. Schwerin 1573, Universitätsbibliothek Rostock: Mss. Meckl. J 203, 114r); die Handschrift ist auch verzeichnet im Catalogus Bibliothecae Academicae Bützoviensis aestate anni MDCCLXXXIX Rostochium transportatae concinnatus ab Olao Gerhardo Tychsen (Mss. Meckl. J 81, S. 404: 10. Ein Fechtbuch mit ausgemalten Figuren), demnach kam sie 1789 bei Zusammenführung der Universitätsbibliotheken Bützow und Rostock mit dem Bützower Bestand nach Rostock.
1. | 1r–39r |
Anonymus, Bloßfechten mit Schwert und Dolch
1r Zeichnung zweier gekreuzter Hellebarden mit Schwert und zwei Dolchen, 1v leer 2v Diagramm Schrittstellung 3r Beginn des Bildkataloges, 3v leer 4r ›Dass kurtze lager. Item diesem kurtzen lager gezeichnet mit der ziffer 2 und 3 …‹ |
2. | 40v–51r | Genreszenen (männliche und weibliche Figurinen, Portraitskizzen, venezianische Gondel mit Pärchen, z. T. koloriert) |
Papier, 52 Blätter (ein nicht foliiertes Vorsatzblatt, 51 alt foliierte Blätter), Querformat 160 × 200 mm, flüchtige Kursive von einer Hand, einspaltig mit vier bis zwölf Zeilen, nicht rubriziert.
hochdeutsch.
Insgesamt 29 Federzeichnungen, teilweise koloriert mit Aquarell- und Deckfarben; davon auf dem Vorsatz recto nicht kolorierte Skizze einer weiblichen Halbfigur und eines Wappens mit nicht identifizierbarem Vierfüßler, im Fechtbuchteil 1r und 2v nicht koloriertes Fechterwappen (?) und Schrittdiagramm sowie kolorierte Federzeichnungen von Fechterpaaren 3r, 6r, 10r, 14r, 18r, 21r, 26r, 29r, 33r, 37r; weiterhin 40v–51r insgesamt 16 Zeichnungen, teils unvollendete Skizzen, überwiegend von der Hand des Fechtbuch-Zeichners, abweichend 50r Ganzfigur von anderer, erfahrener Hand.
Sämtliche Fechterzeichnungen ungerahmt ca. 90 × 180 mm auf eigener Seite, abgesehen von Verweisnummern zur Schrittstellung ohne Beischriften, jedoch mit intensiven Textverweisen zur Erläuterung der Stellungen.
Fechterpaare in meist enganliegender und nur gelegentlich leicht gebauschter oder geschlitzter (Trainings-) Kleidung in starren Posen, frei stehend ohne Hintergrund, Horizontlinie oder Rasengrund, bewaffnet mit je einem langen Schwert und einem kurzen Dolch, umrißartige Strichführung ohne Schraffuren, jedoch mit sorgfältiger, meist deckender Kolorierung; Schattierung und Gewandfalten werden durch dunklere Mischungen realisiert; arabische Ziffern an den Beinen verweisen auf ein Schrittdiagramm 2v; 29r, 33r und 37r gestrichelte Linie vom Waffenarm auf ungedeckte Stellen des Gegners zur Andeutung möglicher Schlagrichtungen; vermutlich individuelle Arbeit im Zusammenhang mit einer bürgerlichen (?) Fechtschule mit didaktischer Zielrichtung; Text- und Bildvorlagen der jüngst von M. J. Bauer entdeckten Handschrift sind nicht auszumachen.
Braun, Bordeaux, Gelb, Weiß, Grau, Orange und Mischungen.
Eine Edition der Handschrift wird von Matthias Johannes Bauer, Paderborn, vorbereitet;