KdiH

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38.9.1. Augsburg, Universitätsbibliothek, Cod. I.6.4º 2

Bearbeitet von Rainer Leng

KdiH-Band 4/2

Datierung:

Teil I und II (Fecht- und Ringkunst) um 1470 (Hils [1991] S. 18, Dörnhöffer [1907/1909] S. X f.), Wasserzeichen Traube, Piccard 14, 763 (Schwäbisch Hall 1464, 1465); Teil III (Kampfbuch) ca. 1420–30, Wasserzeichen Schwert, Piccard 9,2, VII,314–315 (Nürnberg 1419,20), unbestimmter Ochsenkopf.

Lokalisierung:

Süddeutsch.

Besitzgeschichte:

Nach dem Eintrag im vorderen Spiegel 1549 im Besitz eines Augsburger Söldners (Hils [1991] S. 27, Anm. 63): 1549. Vom baumans 108, seit 1556 im Besitz Paulus Hector Mairs, 1r: vber khumben jm 1556 Jar am 26. Januarj Paulus hector Mair zu geherig, nach Mairs Hinrichtung 1579 vermutlich in die Bibliothek Marcus Fuggers übergegangen, aus der Bibliothek seines Enkels Marquard nach 1653 in die Sammlung Ernsts von Öttingen-Wallerstein verkauft, 1935 von Karl & Faber offensichtlich erfolglos zur Auktion angeboten, schließlich 1980 vom Freistaat Bayern erworben und der Universitätsbibliothek Augsburg überwiesen.

Inhalt:
1. 1r–75r Teil I und II (miteinander verbundenes Fecht- und Ringbuch):

1r–14v Fechtbuch, Fechten mit dem langen Schwert

3r: ›Item so du mit ainem vichst vnd zu im kumst an das swert das ir paid an hapt‹

15r–20v Ringbuch

Von Ringen dy erst ler. Item zw mercken das das Ringen will haben dreyerlay sterck maß vnd phentikait‹

21r–32v Bloßfechten mit dem langen Schwert, Dolchfechten, Fechten mit dem langen Messer

33r–75r Ringbuch

2. 76r–108r Teil III (vermischtes Kampfbuch):

76r–80v Bloßfechten mit dem langen Schwert

81r–95v Kampffechten in voller Rüstung

96r–98v Kampffechten nach fränkischem und schwäbischem Recht

98v–100v Ringen

101r–102v Bloßfechten mit dem langen Schwert

103r–108r Kampffechten in voller Rüstung

3. 108v Hochzeitsbild
4. 109r Register Mairs
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 111 Blätter (ältere Foliierung auf 15–18, 20, 25, durchgehende Foliierung des 16. Jahrhunderts unter zweimaliger Vergabe von Blatt 67, nach 67 moderne Bleistiftfoliierung, einsetzend mit 67b, dann um eins vorauseilend bis zum Ende der Hs.), 210 × 140 mm, bestehend aus drei ursprünglich selbständigen und nach 1512 zusammengebundenen Teilen, wobei Teil I und II bei der Bindung vermengt wurden; Bastarda von zwei Händen: Hand I (Schreiber der Fechtbuchteile) 3r–14v, 21r–32v; Hand II (Schreiber des Ringbuches) 15r–20v, 33r–75r, dazu Besitzeintrag, Register und verschiedene Marginalien von der Hand Paulus Hector Mairs (Hils [1991] S. 21 f.) sowie diverse Kreuze, Zeichen und Vermerke über erfolgte Kopien von der Hand Mairs und Dürers, einspaltig, Hand I 5–8 Zeilen, Hand II meist 8–9 Zeilen in den Text-Bildkombinationen, 15rv 21–23 Zeilen; Rubrizierung, rote Unterstreichungen und Zwischenüberschriften nur 15rv.

Schreibsprache:

bairisch.

II. Bildausstattung:

209 kolorierte Federzeichnungen.

Format und Anordnung:

Teil I: 1r–2v ganzseitig, 3r–14v und 21r–32v knapp halbseitig über die ganze Breite der darunter stehenden Textblöcke, Höhe 80– 100 mm; Teil II knapp über halbseitig, 100–120 mm hoch über die ganze Seitenbreite beginnend mit dem unteren Seitenrand (Beschnitt!); Teil III ganzseitig im Querformat (Ausnahme 108v), beginnend an den jeweiligen rechten äußeren Rand (Beschnitt!); 9v/10r Hinweise von der Hand des Schreibers auf zwei vertauschte Abbildungen bzw. Texte, jeweils mit Zeigehand dy geschrift gehort zu dem andrem stuck dauorn / dy geschrif gehort an das hinter stuck und iene gehort gehort her vber.

Bildaufbau und -ausführung:

Teil I szenische Bilderfolge mit je zwei einander in verschiedenen Stellungen gegenüberstehenden Kämpfern ohne Rasengrund in derben Umrissen mit gleichmäßiger Farbfüllung; Teil II teilweise stark ineinander verschlungene Ringerpaare auf Rasengrund mit lebendigeren Umrissen, Schraffuren und lavierten Farbverläufen; Teil I und II jeweils in enger Anlehnung an die erläuternden Texte; Teil III Kämpferpaare in unterschiedlichen Stellungen auf Rasengrund von drei Zeichnern, 76r–80v, 98v–102v und 109r (?) lebendige, mit feinen Gesichtszeichnungen, dünnem Federstrich und schattierter Kolorierung in kräftigeren Farben gezeichnete Figuren; 81r–95v und 103r– 108r grobe, statisch wirkende Umrisse mit flächiger Füllung in blassen Farben; 96r–98v kräftig kolorierte Kämpferpaare mit stereotypen Zügen in Anklängen an den weichen Stil.

Bildthemen:

Neben den Kämpferpaarszenen mit unterschiedlicher Bekleidung und Bewaffnung (Lang- und Kurzschwert, Messer, Stechschild, Kolben) fallen auf: 1r Einleitungsbild eines bärtigen Fechtkämpfers mit über dem Haupt schwebender überdimensionaler Krone, flankiert von Lanzen und Hellebarden, vor dem Körper sechs gekreuzte Lang- und Kurzschwerter (hier und für die Ringszenen teilweise Analogien zur ›Flos duellatorum‹-Gruppe, vgl. Novati [1902]), 1v/2r doppelseitige Szene eines Kampfgerichts, links und rechts die aus zwei Zelten tretenden bewaffneten Kämpfer, am unteren Bildrand vor Steckenzaun und Schranken zwei tuchbedeckte Katafalke, in der oberen Bildhälfte links Zuschauer auf Tribünen, rechts thronender Richter mit Schwert, neben ihm ein Narr, 109r Hochzeitsszene, oben das einander zugewandte festlich gekleidete Brautpaar mit Spruchbändern ich nim dich und ia ia liber löffel ia, darunter zwei Zeugen.

Farben:

Teil I Rotbraun in verschiedenen Abtönungen bis Hellocker, Grün, Gelb; Teil II Rotbraun und Ocker in verschiedenen Abtönungen; Teil III 76r– 80v, 98v–102v und 109r Rot, Gelb, Grün, Graulavierungen; 81r–95v und 103r– 108r blasse Lavierungen von Rot, Gelb, Grün und Grau; 96r–98v Blau, Rot, Ocker, Grün.

Siehe auch Nr. 38.9.9.

Farbmikrofiche: Hils (1991).

Edition: Grzegorz Żabiński/Bartlomiej Walczak: Codex Wallerstein. A Medieval Fighting Book from the Fifteenth Century on the Longsword, Falchion, Dagger, and Wrestling. Boulder, Colo. 2002.

Literatur:

Wassmannsdorf (1870) S. 3–136; Dörnhöffer (1907/1909) S. X f. S. XXXIII. S. LXXX f. (Konkordanztabelle zu Dürers Fechtbuch). LXI–LXXIX (Textabdruck, teils in den Varianten zu Dürer, teils direkt aus der Handschrift), Abb. XXXIV–LIX (1r–2r, 3r–14v, 16r–73v, jeweils ohne Texte); Auktion XI. 7. Mai 1935. Bibliophile Kostbarkeiten aus der Fürstl. Öttingen-Wallerstein’schen Bibliothek in Maihingen. Karl & Faber, München. S. 7 f., Abb. Tafel 6 (16r) Wierschin (1965) S. 21 (Nr. 15); Hils (1985a) S. 26–28 (Nr. 2); Grzegorz Żabiński: Several Remarks on the Bloßfechten Section of Codex Wallerstein. Journal of Western Martial Arts (2001) (http://ejmas.com/jwma/articles/2001/jwmaart_zabinski_0401.html); Grzegorz Żabiński/Bartlomiej Walczak: Codex Wallerstein. A Medieval Fighting Book from the Fifteenth Century on the Longsword, Falchion, Dagger, and Wrestling. Boulder, Colo. 2002 (Ausgabe).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 51: 21r. Fechtbuch: Fechten mit dem langen Schwert.

Abb. 52: 96r. Vermischtes Kampfbuch: Kampffechten nach schwäbischem Recht.

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Abb. 51.
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Abb. 52.