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90. Thüring von Ringoltingen, ›Melusine‹

Bearbeitet von Heidrun Stein-Kecks

KdiH-Band 9

Die Geschichte der ›Melusine‹ gehört vom 15. bis ins 18. Jahrhundert zu den beständigsten Stoffen illustrierter Erzählliteratur und bleibt bis in die Gegenwart in literarischen, musikalischen, bildlichen Aktualisierungen präsent. Der lang anhaltende Erfolg liegt in der Mehrschichtigkeit des Textes begründet, der sowohl als eine mit ritterlichen Aventüren und ehrenvollen Ausfahrten gespickte genealogische Geschichte im höfischen Kontext des Adels sowie des aufstrebenden städtischen Patriziats gelesen werden kann als auch als zauberhaftes Feenmärchen und Familiensaga mit christlich-moralischer Erbauung.

Mit Melusine, der Königstochter und Ahnfrau des Geschlechts der Lusignan aus dem Poitou, spielt eine weibliche Figur die Titelrolle, die in ihrer Zwittergestalt offen ist für verschiedene Deutungen. Halb irdischer und halb zauberhafter Natur, mal von edler und unsäglich schöner Gestalt, mal dem Wasser verbundenes Mischwesen und sich schließlich als vnder dem guͮrtel nyder wider ein viētlicher vungehuͮrer grosser langer wurm mit Flügeln über diese Welt erhebende Drachengestalt, reiht sie sich in die Variationen der Naturgeister wie Nymphen, Nixen, Undinen etc. ein. Ihre Verbindung mit Reymond, dem jüngsten Spross aus verarmter Nebenlinie der Grafen von Poitou aus dem Haus Lusignan, folgt dem Motiv der Mahrtenehe. Das versprochene Glück für den im vngeuelle verstrickten künftigen Gemahl, Ehre, Reichtum und Grundbesitz – gewonnen mit der über Heinrichs von Veldeke ›Eneas-Roman‹ (Stoffgruppe 31.) vermittelten, aber dort nicht illustrierten List der Dido von Karthago – sowie zahlreiche Nachkommenschaft, ist an ein Tabu gebunden, das Reymond schließlich bricht. Er spürt Melusine an ihrem samstäglichen Rückzugsort nach und entdeckt ihre Verwandlung. Wenn er später im Zorn über die Greueltat des Sohnes Geoffroy das Geheimnis vor Zeugen offenbart, zerstört er die zauberhafte Verbindung und macht die Hoffnung auf Erlösung Melusines zunichte. Gleichwohl sorgt diese weiterhin für das Glück ihrer zehn Söhne. Diese tragen, mit Ausnahme der beiden jüngsten, die das Erbe des Vaters antreten bzw. die Memoria des Hause dauerhaft pflegen, im Gesicht jeder ein anderes Mal, sind aber von edler Gestalt und großem Mut, wie es Geoffroy mit dem Eberzahn als Riesentöter oder andere als tapfere Ritter beweisen, die Königstöchter freien und fremde Länder für Lusignan gewinnen. Geoffroy, wie der Vater ein nachgeborener, aber auserwählter Sohn, entdeckt schließlich in der Gruft der königlichen Ahnen den entlastenden Grund für Melusines Fluch, der von der Mutter Presine auf alle drei Töchter übertragen wurde: Melusine, Melior und Palestine. Mit der päpstlichen Absolution für Geoffroy und Reymond wird die Integrität der dynastischen Wurzeln des Hauses Lusignan bestätigt – und in der Karlsruher Handschrift (Nr. 90.0.2.) mit einer Folge von fünf Wappenbildern eigens herausgestrichen. Auch das 1480 im Druck aus der Augsburger Offizin des Johann Bämler (Nr. 90.0.e.) erstmals eingefügte, bis in die Ausgaben des 16. und 17. Jahrhunderts weiter tradierte Titelbild mit dem Motiv des Stammbaums unterstreicht diesen Aspekt des Textes.

Auf älteren Überlieferungen aufbauend, datiert die Verschriftlichung der ›Melusine‹ in französischer Sprache in die Zeit um 1400, in einer wohl 1393 abgeschlossenen Prosafassung von Jean d’Arras und kurz darauf, um 1401, als Versgedicht von einem nicht weiter überlieferten Autor namens Coudrette. Die jeweiligen Auftraggeber, Jean de Valois, Duc de Berry bzw. Jean de Parthenay (in der Nachfolge seines vor Abschluss des Buches verstorbenen Vaters, Guillaume VII. de Parthenay-L’Archevêque) stehen für das dynastische Interesse am Haus Lusignan. Der eine konnte die Stammburg 1374 zurückgewinnnen und ließ sie als neuer Herr getreu der Erzählung, nach der Melusine bei jedem Besitzerwechsel dort erscheint, in seinen berühmten Très Riches Heures (Chantilly, Musée Condé, Ms. 65) darstellen, der andere, sein Parteigänger (Schnyder [2006c] S. 115), stammt aus einem seit Generationen mit den Lusignan verschwägerten Haus, was sich auch im Wappen abbildet (vgl. Nr. 90.0.2.). Die von Rudolf IV. von Hachberg-Sausenberg beauftragte und am 28.1.1456 abgeschlossene deutsche Fassung des Berner Patriziers und Ratsschreibers Thüring von Ringoltingen bietet eine im Text selbst reflektierte Prosa-Übertragung der Vorlage, Coudrettes Versfassung, mit maßvollen, dem neuen Kontext entsprechenden inhaltlichen Anpassungen. Der Thüring’sche Text ist weder in einem Autograf erhalten noch eindeutig aus den Handschriften und frühen Drucken rekonstruierbar, wobei laut Schneider (1958, S. 28) die Kopenhagener Fassung (Nr. 90.0.3.) dem Urtext am nächsten kommt. Die handschriftliche Überlieferung umfasst 17 Exemplare (Liste u. a. bei Schnyder [2006c] S. 116, zu ergänzen um Trient, Biblioteca Comunale, Cod. 1951, 1r–90v, unvollständig, Abschrift nach Augsburg, Johann Bämler, 1480, Nr. 90.0.e.; siehe Terrahe [2009]), im Unterschied zu den Pergamentcodices der französischen Überlieferung ausnahmslos Papiercodices. Die in sieben Handschriften enthaltenen Datierungen reichen vom 5.1.1467 (Klosterneuburg, Stiftsbibliothek, Cod. 747) bis zum 18.3.1483 (Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Hs 59160, Nr. 90.0.6.), die undatierten werden grob in die zweite Hälfte bzw. Ende des 15. Jahrhunderts eingeordnet (zu einer neuen Frühdatierung vor 1465 vgl. Nr. 90.0.2.). Die Schreiber- und Besitzeinträge weisen auf eine Verbreitung im oberdeutschen Raum vom Badener bis zum Salzburger Land hin, Nürnberg einschließend (Günthart [2007] S. 247f.). Nur zwei der 17 Handschriften sind mit Miniaturen versehen (Nürnberg, Hs 4028, datiert 1468 und mit Bildtiteln versehen, Nr. 90.0.5., und Basel, O I 18, datiert 1471, ohne Tituli, Nr. 90.0.1.); fünf weitere wurden mit entsprechenden Freiräumen und Tituli für die Illuminierung – auch das Einkleben von Holzschnitten sollte als eine Möglichkeit bedacht werden – vorbereitet und werden im Folgenden ebenfalls beschrieben; zwei davon können als Druckabschriften (Behr [2014] S. 95–99) nachgewiesen werden, nämlich Nürnberg, Hs 59160 (Nr. 90.0.6., nach Straßburg, Heinrich Knoblochtzer, um 1482, Nr. 90.0.c. Anm.) und die unvollständige Münchener Handschrift Cgm 252 (Nr. 90.0.4.), die beide möglichen Erstdrucke (Nr. 90.0.a., Nr. 90.0.b.) verarbeitet und neue Illustrationen vorgesehen, aber nicht ausgeführt hat. Die durch Schneider (Schneider [1958] S. 19–28; vgl. Benker [2005] S. 37–42 mit Ergänzung der 1471 datierten Handschrift Erlangen, MS.B 10) unter Einbeziehung der Frühdrucke erarbeitete Klassifizierung der Handschriften in zwei große Gruppen, die sich u. a. in der Benennung der Poiteviner Verbündeten in der Episode um Lützelburg und Böhmen als Elsässer bzw. Sachsen unterscheiden, sowie einer dritten, Merkmale aus beiden kontaminierenden Gruppe wurde von Behr (Behr [2014], zusammenfassend S. 93–99, 100–106; Behr/Habermann [2010]) sprachwissenschaftlich differenziert. Die Textfassungen spielen für die Illustrierung keine direkte Rolle, aber auch bei der Folge der Bildthemen lassen sich zwei Stränge feststellen, die mit den beiden ältesten Drucken und deren Nachfolgern in Augsburg bzw. Straßburg verbunden werden, wobei Textfassung, Bildfolge und Platzierung nicht fest miteinander verknüpft sind. Alle illustrierten bzw. zur Illustration vorbereiteten Handschriften stehen diesbezüglich der Augsburger Gruppe näher, ohne dass daraus direkte Vorlagenbeziehungen abgeleitet werden können. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Zuordnung der Bilderzählung zum Textverlauf, die Hervorhebung bestimmter Abschnitte durch Titel sowie überhaupt deren Einführung und Formulierung und die Entwicklung der Ikonografien in heute unbekannten, unterschiedlich ausgestatteten Handschriften entwickelt wurden. Mit der Vermittlung des französischen Textes Coudrettes zu Thüring von Ringoltingen nach Bern wird mit Sicherheit die Kenntnis von bebilderten Ausgaben einhergegangen sein. Die ebenso dünne Überlieferung der illuminierten Handschriften der beiden französischen Fassungen lässt Übereinstimmungen zu den deutschsprachigen Handschriften erkennen, aber nur wenige datieren früher als diese (Harf-Lancner [1989] S. 29–55; Harf-Lancner [1995] S. 65–87; Clier-Colombani [2001] S. 21–34; ergänzend Colwell [2012]). Umgekehrt setzt die französische Drucküberlieferung in Genf bei Adam Steinschaber, 1478 (Bock [2013] S. 352–360) mit dem Nachschnitt von 63 der 67 Formen des Basler Richel-Drucks im Text des Jean d’Arras ein und wirkt weiter in Übersetzungen in verschiedenen Sprachen und illustrierten Druckausgaben (Zeldenrust [2016] S. 2839).

Der am 2.11.1474 abgeschlossene Druck aus der Augsburger Offizin Johann Bämlers (Nr. 90.0.b.) enthält die älteste Datierung der zehn bekannten illustrierten Inkunabeln und der weiteren rund 70 erhaltenen oder nachgewiesenen illustrierten Ausgaben bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. Den Rang als Erstdruck macht ihm der undatierte, unfirmierte Basler Druck des Bernhard Richel (Nr. 90.0.a.) streitig, der bereits 1473 entstanden sein kann (Rautenberg [2006] S. 72–77). Ein direktes Abhängigkeitsverhältnis liegt aber weder auf Textebene noch in Bezug auf die Holzschnitte vor, vielmehr bestätigt sich die Annahme unterschiedlicher, verlorener Vorlagen, die auf verschiedene Weise adaptiert wurden. Mit der Edition des Basler Richel-Drucks als Erstdruck (Schnyder/Rautenberg [2006]) ist eine im Folgenden übernommene Nummerierung der 67 für diese Ausgabe neu geschnittenen Holzschnitte verbunden, die gegenüber der durch Fremdholzschnitte und Wiederholungen mit 72 Illustrationen umfangreicheren Ausgabe Bämlers als Standard gilt. Bei den weitgehenden Übereinstimmungen der Bildfolgen sind aber gerade die Bämler’schen, letztlich nachhaltig wirkenden Abweichungen für die Ikonografie der Bildfolge in Bezug zum Text aufschlussreich (Tabellen bei Butz [1987] Anhang; Drittenbass [2011] S. 243–310).

Ein Autorbild des Coudrette mit dem Auftraggeber der französischen Fassung belegt zu Beginn der Bildfolge die Historizität der übersetzten Geschichte (Nr. 1), bevor Reymond bildlich eingeführt und sein Schicksal am Hof von Poitiers bis zum Jagdunfall gezeigt wird (Nr. 2–5). Danach tritt Melusine zuerst in Begleitung der Schwestern auf, und die gemeinsame Geschichte der Protagonisten wird von der Begegnung am Turstbrunnen bis zur Vermessung des Lehens (Nr. 6–9) als Voraussetzung für die Hochzeitsfeierlichkeiten (Nr. 10–16) gezeigt. Die folgenden Szenen, die Melusine mit dem Bau von Schloss Lusignan und der Geburt der Söhne als Hauptfigur in ihrer Bedeutung als Ahnherrin der Lusignan herausstellen, werden nur bei Bämler und in den Handschriften mit zwei bis sechs Bildern illustriert, während Richel lediglich zwei Abschnitte im Text markiert. Mit Nr. 17 und 18, die gegenüber Richel in der Handschriften- und der Augsburger Drucktradition in Position und Ikonografie abweichen, wird das neue Kapitel der Aventüren der Söhne aufgemacht, die jeweils Abschied, Schlachten und Hochzeitsfeierlichkeiten umfassen. Den Anfang machen Uriens und Gyot, die nach Zypern und Armenien aufbrechen (Nr. 19–22, 23: Botschaft über die Heldentaten an die Eltern); dann die Ausfahrt des Anthoni und Reinhart nach Luxemburg (Nr. 24–27) und Prag, beginnend mit der Botschaft über die Belagerung der Stadt (Nr. 28–36). Die für das Schicksal Melusines entscheidende Verstrickung der beiden Brüder Froymond und Geoffroy wird durch die Folge von drei einzelnen, sich nicht zu einer Bilderzählung verbindenden Darstellungen verdeutlicht: Der Tabubruch (Nr. 38) wird gewissermaßen gerahmt von Froymonds Eintritt ins Hauskloster (Nr. 37) und Geoffroys Bezwingung des Riesen (Nr. 39), gefolgt von der Botschaft über des Bruders geistliches Leben (Nr. 40). Die Brandschatzung des Klosters durch Geoffroy (Nr. 41) leitet als Ursache über zum Drama um die Offenbarung von Melusines Zwitterwesen, ihren Wegflug aus dem Schloss, ergänzt um den Nachklang des Kindermordes an Horribel durch den Vater und den Ammendienst der Mutter an ihren Säuglingen (Nr. 42–48). Der Geoffroy gewidmete Teil setzt fort mit neuerlichem Riesenkampf, der zur Entdeckung der Ahnengruft führt (Nr. 49–54) und der die Rache der Verleumdung, Versöhnung, Sühne und päpstliche Absolution sowie die Sicherung der Memoria erzählt (Nr. 55–60). Im letzten Abschnitt zeigen je drei Bilder die missglückten Versuche, die beiden Schwestern Melusines von ihrem Fluch zu erlösen (Nr. 61–66). Den Abschluss bildet die geistliche Versorgung Geoffroys am Sterbebett (Nr. 67).

Die Drucke von Richel und Bämler dienen bis ins 16. Jahrhundert hinein als Vorlagen für weitere Ausgaben in den Zentren Straßburg und Augsburg (Rautenberg [2006] S. 88–91; Hespers [2010] S. 167–202; Behr [2014] S. 99–106). In Basel fanden Richels Holzschnitte keine weitere Nachfolge, wurden aber in den beiden Straßburger Offizinen des Heinrich Knoblochtzer (drei Ausgaben zwischen ca. 1477 und um 1482, GW 12658, GW 12657, GW 12661, Nr. 90.0.c.) und des Johann Prüss d. Ä. (um 1478, GW 12659, Nr. 90.0.d.) mit eigenständigen Nachschnitten der Formen und teilweise veränderten Positionen in den Textvarianten übernommen. Knoblochtzer bringt 1491 eine weitere Ausgabe mit neuen Formen am neuen Standort seiner Offizin in Heidelberg (GW 12663) heraus; die Ausgabe von Prüss lässt sich als Vorlage für eine der wenigen niederdeutschen Ausgaben nachweisen, die Lukas Brandis 1479 (Datierung nach Hespers [2010] S. 171 und Behr [2014] S. 102f.) mit Neuschnitten in verändertem Format in Lübeck herstellte (GW 12664). In Augsburg druckt Johann Bämler selbst 1480 eine zweite Ausgabe (GW 12660, Nr. 90.0.e.), die sein Stiefsohn Johann Schönsperger 1488 (GW 12662, Nr. 90.0.f.) mit teilweise neuen Formen nachdruckt. Schon mit Schönsperger, aber stärker noch nach der Wende zum 16. Jahrhundert verwischt sich die Trennung beider Stränge, sowohl was die Texttraditionen als auch was die Bilderfolgen betrifft. In Straßburg werden keine neuen Formen in der Tradition Richels mehr geschnitten, vielmehr werden für sprachlich nach Augsburger Vorlagen modernisierte Neuausgaben die alten Druckstöcke verwendet: so bei Matthias Hupfuff, der 1506 die Formen von Prüss (1478) einsetzt (VD16 M 4467, Nr. 90.0.g.), und Johann Knobloch d. Ä., der 1516 auf die Heidelberger Formen Knoblochtzers von 1491 zurückgreift (VD16 M 4468, Nr. 90.0.h., erneut wiederverwendet von Georg Messerschmidt, 1539). Beide, Hupfuff und Knobloch, erneuern zugleich das von Bämler 1480 eingeführte Titelblatt. Die Bildtradition des ersten Bämler-Drucks von 1474 erlangt nicht zuletzt durch den stilistisch grundlegend modernisierten Nachdruck, den Heinrich Steiner in Augsburg zwischen 1538 und 1543 in vier jeweils leicht veränderten Ausgaben herausbringt (1538: VD16 M 4470, 1539: VD16 M 4471, 1540: VD16 M 4472, 1543: VD16 M 4473), seine nachhaltige Wirkung bis in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts hinein, wo sich der Schwerpunkt der Produktion nach Frankfurt verlagert (Künast [2010]).

Im Rahmen der zuletzt in einem interdisziplinären Forschungsprojekt konsolidierten Quellenbibliographie der deutschen Drucküberlieferung von ca. 1473/74 bis ins 19. Jahrhundert (Publikation angekündigt Künast/Rautenberg [2022]) wurde deutlich, dass bei den Überlegungen zu Bildtraditionen stärker als bislang üblich darauf zu achten ist, wie formale und stilistische Veränderungen, Verschiebungen in den Bildpositionen und scheinbar unwichtige Details in den Bildern das Verhältnis zum Text und den ihrerseits stärker zu beachtenden jeweiligen Textfassungen (Behr [2014]) verändern und erzählerische Nuancen neu gestalten können. Die gängige Abwertung gegenüber Vorlagen, die der undifferenzierten Bezeichnung als Nach- oder Neuschnitt inhärent ist, muss nach einer genauen Beschreibung und Herausarbeitung der je eigenen Ikonizität meist revidiert werden [Hespers [2010] S. 167–202; Feraudi-Denier [2013] S. 265–270, 280–287). Die Auswahl der hier besprochenen Drucke berücksichtigt solche Drucke mit aufschlussreichen Änderungen gegenüber den Vorlagen und verfolgt die Titelblätter bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts. Die Ausführungen stützen sich auf die maßgeblich von Hans-Jörg Künast, Martin Behr, Simone Hespers und Benedicta Feraudi-Denier erarbeitete Erfassung und die daraus hervorgegangenen Einzelpublikationen (mit Dissertationsprojekt Feraudi-Denier).

Editionen:

Schneider (1958) S. 36–129; Müller (1990) S. 11–176; Schnyder (2006a) S. 3–203.

Literatur zu den Illustrationen:

Butz (1987); Harf-Lancner (1989) S. 29–55; Clier-Colombani (1991); Veitschegger (1994) S. 112115; Harf-Lancner (1995) S. 65–87; Backes (1996) S. 67–88; Clier-Colombani (2001) S. 21–34; Backes (2004) S. 95186; Benker (2005); Rautenberg (2006) S. 61–99; Backes (2008) S. 15–30; Bock (2008) S. 31–45; Harf-Lancner (2008) S. 151–160; Vöhringer (2008) S. 327–342; Bock (2009) S. 233–266; Domanski (2009) S. 440471; Domanski (2010) S. 262–278; Hespers (2010) S. 135–220; Drittenbass (2011) S. 243310; Hentschel (2011); Colwell (2012) S. 279–315; Stein-Kecks/Hespers/Feraudi-Denier (2012); Bock (2013) S. 347–376; Clier-Colombani (2013) S. 321–346; Feraudi-Denier (2013) S. 263–290; Bock (2014) S. 231257; Hespers (2015) S. 79f.; Stein-Kecks (2015) S. 231–270; Zeldenrust (2016) S. 21–39; Classen (2017) S. 7493; Domanski (2020a); Zeldenrust (2020); in Vorbereitung Künast/Rautenberg (2022).