90.0.6. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Hs 59160
Bearbeitet von Heidrun Stein-Kecks
KdiH-Band 9
27.3.1483 (185r).
Baden.
Wilhelm von Urbach (um 1420–1493/94 nach
1r–185r | Thüring von Ringoltingen, ›Melusine‹ |
Papier, I + 191 Blätter, 215 × 150 mm (stark beschnitten), große, locker geschriebene Bastarda, eine Hand, Wilhelm von Urbach (?), einspaltig, 19–25 Zeilen (überwiegend 20, 21), verschnörkelte W-Initialen (Cadellen) bei den Tituli, Freiräume mit Platzhaltern für nicht ausgeführte Initialen am Kapitelanfang (drei- bzw. überwiegend vierzeilig), zum Textbeginn fünfzeilig, keine Rubrizierung, 188v Federproben.
schwäbisch (
Freiräume für 66 ganzseitige Illustrationen, die überwiegend mit dem Titel auf der Seite freigestellt sein sollten. Nach dem Titulus auf 136v unten folgt keine leere Seite für die entsprechende Illustration, die Auffindung der Ahnengräber durch Geoffroy.
Während der Text als Abschrift nach der dritten ›Melusine‹-Ausgabe aus der Straßburger Offizin des Heinrich Knoblochtzer nachgewiesen ist, deren Erscheinungsdatum damit auf um 1482 präzisiert werden kann (vgl. Nr. 90.0.c. Anm.), weicht der Schreiber mit dem Format der Freiräume für die vorgesehenen Illustrationen von der Regelmäßigkeit der im Druck gut halbseitigen Holzschnitte unter Tituli ab. Die Disposition zielt vielmehr auf ganzseitige Freistellung der Illustrationen unter dem Titel, wie es der Basler Druck Bernhard Richels, 1473/74 (Nr. 90.0.a. so auch Prüss, 1478, Nr. 90.0.d.) zeigt, der wiederum auch Knoblochtzer selbst als Vorlage diente. Dabei gelingt dem Schreiber die Einteilung der Textmenge nicht immer in wünschenswerter Weise. Im Vergleich der Handschriften wählten nur zwei ebenfalls das ganzseitige Format, wobei St. Gallen (Nr. 90.0.7.) auf Bildseiten ohne Schrift zielt, während das insgesamt experimentelle Fragment in München, Cgm 252 (Nr. 90.0.4.), Federzeichnungen mit bildmäßiger Rahmung unter Titeln freistellt, aber auch mit Text kombiniert. Gerade diese Nürnberger Druckabschrift lenkt den Blick auf die Möglichkeit der Illustration mit eingeklebten Holzschnitten (auch für die Initialen), die nach Auftraggeberwunsch durch spezialisierte Briefmaler nachbearbeitet werden konnten.
In Anzahl und Verteilung der Illustrationen an den Textstellen stimmt die Druckabschrift mit dem Basel-Straßburger Standard überein. Der fehlende Freiraum für die Darstellung der Auffindung der Ahnengräber (Nr. 52), deren Titulus den Weißraum von fast zwei Dritteln der Seite (136v) großzügig füllt, ist vermutlich eher ein Versehen.
Das Interesse des Wilhelm von Urbach am Stoff lässt sich leicht erklären: Als reich begüterter Hauptmann der Ritterschaft des Viertels am Neckar in Lehensverhältnis zu den badischen Markgrafen nahm er, 1467 sogar als Hofmeister, am Hofleben mit Hochzeit und Turnieren teil (