KdiH

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75.0.5. London, The British Library, Egerton 1122

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 8

Datierung:

2. Viertel 15. Jahrhundert (Suckale: um 1430).

Lokalisierung:

Regensburg oder Salzburg?

Besitzgeschichte:

Wappenprägungen des Einbands zufolge (Vorderdeckel: Starhemberg, rückwärtiger Deckel: Hohenfeld) stammt der Band als dem Besitz Gundackers von Starhemberg (1535–1585) und seiner Ehefrau Susanna von Hohenfeld (1538–1575). Der Monogrammstempel JH (2r) des 18. oder frühen 19. Jahrhunderts ist nicht identifiziert. 1845 mit Mitteln des Farnborough-Fonds aus dem Besitz des Antiquars Adolf Asher für das British Museum erworben (Eintrag rückwärtiger Deckel innen).

Inhalt:
1r–83v Lektionar (Evangelistar) für die Fastenzeit
Evangelienlesungen für Sonn-, Fest- und Wochentage vom Aschermittwoch bis Karfreitag
I. Kodikologische Beschreibung:

Pergament, noch 83 Blätter (Bl. 1 mit dem Vorderdeckel verklebt, fehlendes Blatt vor 68, Bl. 82 gehört vor 76), 185 × 140 mm, Bastarda (lateinische Initien in Textura), ein Schreiber, einspaltig, 24–25 Zeilen, rote Überschriften und Strichel, Initialen über zwei bis fünf Zeilen in Rot, manchmal mit dichtem, mehr grafisch als vegetabil wirkendem Fleuronné (47v), die Eingangsinitiale 2r über acht Zeilen in Blau mit reichem rotem Knospenfleuronné.

Schreibsprache:

mittelbairisch.

II. Bildausstattung:

52 Deckfarbenminiaturen (Blattangaben unter Bildthemen). Ein Buchmaler bzw. ein Atelier.

Format und Anordnung:

Meist ganzseitig, dem Schriftspiegelformat entsprechend oder es in seiner Höhe noch überschreitend (5r), doch vielfach auch halbseitig oder in noch schmalerem Streifenformat, dann oft aus dem Schriftspiegel heraus in einen Randsteg erweitert. Gelegentlich auch stufig an den angrenzenden Text angepasste Formate.

Bis auf wenige Ausnahmen (siehe unten: Bildthemen) gehört zu jedem Perikopentext ein Bild. Bei der Eingangsperikope geht das Bild dem Text voran, im Folgenden ist die Reihenfolge stets: Rubrik, lateinischer Perikopenbeginn, deutscher Evangelientext, Bild.

Bildaufbau und -ausführung:

Figurengruppen im Vordergrund und Gebäude im Mittelgrund füllen das Bild in ganzer Höhe, mehrfach mehrzoniger Bildaufbau für simultane Darstellung zweier oder mehrerer Motive (4r, 6r, 14v, 17v, 18v, 23r, 24r, 27v, 37v, 42r, 43r), manchmal Kombination zweier separater Bilder zu einem mehrregistrigen Bildaufbau (22r, 32v), auf Blatt 7v sind sechs Einzelbildchen zu einer Bildtafel arrangiert (zwei mal drei Bilder).

Hochgewachsene schmale Figuren, manchmal etwas körperlos wirkend, kleine Köpfe mit stereotypen Gesichtern, sehr blasses Inkarnat; großer Wert wird auf Gewandfältelungen der oft überlangen Kleider gelegt. Die Figuren sind unperspektivisch nebeneinandergesetzt oder hintereinandergestaffelt, Räumlichkeit wird durch Einzelelemente wie Draufsicht oder verzerrte Darstellung von Architekturen evoziert. Das Ausführungsniveau variiert: neben sorgfältig in fein abgestuften, teils deckenden, teils lavierten Farben ausgemalten Miniaturen auch unvollendet wirkende Blätter, auf denen die Vorzeichnungen kaum durch die Pinselmalerei abgedeckt sind (z. B. 12v).

Die Darstellungen sind oft nur linear eingefasst oder von einem einfachen oder profilierten Kastenrahmen umgeben (manchmal unvollendet, vgl. 17v), doch wird dabei sehr oft durch die linear umfasste Hintergrundornamentik die Illusion einer Binnenrahmung erzeugt, die gewissermaßen dreiseitig auf dem Boden aufsitzt. Gelegentlich auch Architekturrahmen (31r, 35r u. ö.). Kleine Details (Füße, Gewandspitzen, Architekturdetails u. ä.) ragen oft über den Bildrand hinaus und geben der Darstellung eine gewisse Plastizität.

Insgesamt eine eher rückwärtsgewandte Ausführung, Suckale sieht vor allem in der ornamentalen Hintergrundgestaltung (einfarbiger Grund mit goldenen Ranken und geometrischem Flächendekor) Stilanleihen an etwas ältere böhmische Miniaturmalerei; die Lokalisierung nach Regensburg hält er wegen der Verwandtschaft zum Regensburger Missale von 1427 (München, Clm 13061) für gesichert. Dagegen spricht die Ähnlichkeit zu Egerton 1121 (vgl. Nr. 37.2.7.), einer Handschrift, die nach Salzburg lokalisiert wird: Bildaufbau und Rahmung stimmen grundsätzlich ebenso überein wie einzelne Details, etwa die Streublumen, die den Rasengrund dekorieren u.a. Deshalb könnte die Handschrift auch aus einem Salzburger Werkstattkontext stammen.

Bildthemen:

Der Perikope eines jeden Tages ist ein Bild zugeordnet, nur nach dem Passionssonntag wird die Zuordnung unfester: Das Evangelium vom Freitag nach Judica hat kein Bild; vom Palmsonntag an verdichtet sich die Bebilderung, der Illustration zu Mt 21,1ff. folgen zunächst sechs weitere Bilder zwischen dem Text zur Matthäus-Passion, die Evangelien vom Montag und Mittwoch der Karwoche haben kein Bild; der Kreuzigungsdarstellung 76r, die dem Gründonnerstagsevangelium nachgestellt ist, folgen weitere vier Bilder zwischen dem Text zur Johannes-Passion ab Karfreitag.

Aschermittwoch (Mt 6,16ff.) 1v Jesus spricht zu seinen Jüngern
Donnerstag (Mt 8,5ff.) 3r Auferweckung des Jünglings zu Nain
Freitag (Mt 5,43ff.) 4r Beispiele für Hass und Nächstenliebe
Samstag (Mc [in der Handschrift irrtümlich Mt zugeschrieben] 6,47ff.) 5r Jesus offenbart sich auf dem Wasser
1. Fastensonntag Invocabit (Mt 4,12ff.) 6r Drei Versuchungen Jesu
Montag (Mt 25,31ff.) 7v Sechs Werke der Barmherzigkeit
Dienstag (Mt 21,10ff.) 8v Jesus treibt die Händler aus dem Tempel
Mittwoch (Mt 12,38ff.) 9v Jesus und Jonas im Schlund des Wales
Donnerstag (Io 8,31ff.) 11r Jesus spricht zu den Juden
Freitag (Io 5,1ff. [in der Handschrift irrtümlich Mt zugeschrieben]) 12v Heilungen in Bethesda (mit Engel des Herrn)
Samstag (Mt 17,1ff.) 13v Verklärung Jesu
2. Fastensonntag Reminiscere (Mt 15,21ff.) 14v Heilung des besessenen Mädchens
Montag (Io 8,21ff.) 15v Jesus am Kreuz (Jesus prophezeit seine Erhöhung)
Dienstag (Mt 23,1ff.) 16v Jesus verurteilt die Schriftgelehrten
Mittwoch (Mt 20,17ff.) 17v Jesus und die Frau / die Söhne des Zebedäus
Donnerstag (Io 16,19ff.) 18v Gleichnis vom reichen Mann und armen Lazarus
Freitag (Mt 21,33ff.) 20r Gleichnis von den bösen Weingärtnern
Samstag (Lc 15,11ff. [in der Handschrift irrtümlich Mt zugeschrieben]) 22r Gleichnis vom verlorenen Sohn
3. Fastensonntag Oculi (Lc 11,14ff.) 23r Jesus treibt einen Dämon aus, Jesus heilt einen Lahmen
Montag (Lc 4,23ff.) 24r Jesus spricht zu den Synagogendienern, die Diener wollen Jesus vom Abhang stürzen
Dienstag (Mt 18,15ff.) 25r Jesus spricht zu seinen Jüngern
Mittwoch (Mt 15,1ff.) 26v Jesus spricht zu seinen Jüngern
Donnerstag (Lc 4,38ff.) 27v Jesus heilt die Schwiegermutter des Petrus, Jesus heilt Kranke durch Handauflegung
Freitag (Io 4,5ff.) 30r Jesus am Brunnen mit der Frau von Samaria
Samstag (Io 8,1ff. [in der Handschrift irrtümlich Mt zugeschrieben]) 31r Jesus und die Ehebrecherin
4. Fastensonntag Laetare (Io 6,1ff.) 32v Speisung der 5000, Boot mit Jesus und den Jüngern erreicht das Land
Montag (Io 2,13ff.) 33v Tempelreinigung
Dienstag (Io 7,14ff.) 35r Jesus lehrt im Tempel
Mittwoch (Io 9,1ff.) 37v Heilung des Blindgeborenen
Donnerstag (Lc 7,11ff.) 38v Jesus erweckt den Jüngling von Nain von den Toten
Freitag (Io 11,1ff.) 41r Jesus erweckt Lazarus von den Toten
Samstag (Io 8,12ff.) 42r Jesus lehrt im Tempel, Jesus wird noch nicht gefasst
Passionssonntag Judica (Io 8,46ff.) 43r Jesus lehrt die Juden, Jesus wird von den Juden mit Steinwürfen angegriffen und geht aus dem Tempel
Montag (Io 7,32ff.) 44r Jesus zwischen aufgebrachten und ihn anbetenden Juden
Dienstag (Io 7,1ff.) 45r Jesus lehrt im Tempel
Mittwoch (Io 10,22ff.) 46r Jesus inmitten von Juden, die versuchen, ihn zu ergreifen
Donnerstag (Io 7,40ff.) 47r Jesus vor dem Tor des Tempels, in dem die Juden uneins beraten
Freitag (Io 11,47ff.)
Samstag (Io 17,1ff.) 49v Jesus betet zum Vater
Palmsonntag (Mt 21,1ff./Mt 26,2ff.) 50v Einzug in Jerusalem / 52r Judas verlässt mit dem Geldbeutel den Palast des Hohepriesters, 53v Abendmahl, 55r Jesus im Garten Getsemane, 55v Judaskuss (zugleich Jesus heilt das Ohr des Malchus), 58v Jesus vor Kaiphas, 60v Geißelung, 61v Dornenkrönung
Montag (Io 12,1ff.)
Dienstag (Mc 14,1ff.) 67v Kreuztragung
Mittwoch (Lc 22,1ff.)
Gründonnerstag (Io 13,1ff.) 76r Kreuzigung
Karfreitag (Io 18,1ff.) 81r Kreuzabnahme, 81v Grablegung, 83r Auferstehung, 83v Die drei Frauen am Grabe
Farben:

kontrastreiche Palette, z. T. klare, leuchtende Farben (Blau, Rot), daneben matte Ausmischungen mit viel Deckweiß, Pinselgold.

Literatur:

Priebsch 2 (1901) S. 71, Nr. 93. – Regensburger Buchmalerei (1987) S. 102, Nr. 85 (Robert Suckale), Taf. 154 (15v); Palmer (2007) S. 100; Hamburger/Palmer (2015) Bd. 1, S. 166, 179, 197, 215, Abb. 182 (3r), 203 (9v), 239 (12v), 281 (20r).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 101: 17v. Jesus und die Frau / die Söhne des Zebedäus (Mt 20,17ff.: Mittwoch nach Reminiscere).

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Abb. 101.