73.10.1. Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. quart. 178
Bearbeitet von Kristina Domanski
KdiH-Band 8
Um 1440.
Elsass.
Möglicherweise aus dem Dominikanerinnenkloster St. Nikolaus in undis in Straßburg, im 16. Jahrhundert im Besitz Daniel Sudermanns (Randnotizen von seiner Hand: 1r, 155r, 228r), offenbar mit einem Großteil seiner Handschriftensammlung in die Kurfürstlich-Brandenburgische Bibliothek in Berlin und in der Nachfolge in die Staatsbibliothek übergegangen.
1. | 3r–150r |
Michael de Massa, ›Vita Christi‹, deutsch
Erste (niederländische) Übersetzung, elsässische Bearbeitung in 45 Kapiteln
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2. | 150r–153r | Hugo von Sankt Viktor, ›Von Kleinmut‹ |
3. | 153v–154v | Marienlegenden |
4. | 155r–188r |
Thomas a Kempis, ›Von der Nachfolge Christi‹
Enthält: I, 1–24; III, 17, 25, 28; II, 11, 12
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5. | 188v– 228r |
Mechthild (von Hackeborn), ›Liber specialis gratiae‹, deutsch
Auszüge
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6. | 228r–239r | Marienlegenden |
Papier, 241 Blätter (moderne Foliierung mit Bleistift oben rechts, springt von 238 auf 237 zurück), 213 × 145 mm, Bastarda, mehrere Hände, darunter zu differenzieren eine Hand auf 155r–v (Kapitelverzeichnis zu Text 4), zweite Hand auf 176r–181v, einspaltig, 24–27 Zeilen, rote Kapitelüberschriften und Zwischenüberschriften, Majuskeln und Rubrizierung.
alemannisch.
23 historisierte Initialen in kolorierter Federzeichnung, wohl ein Maler.
Zu Beginn der Kapitelanfänge, allerdings nicht alle Kapitel mit einer Initiale versehen, Höhe schwankt zwischen vier und acht Zeilen. Durchgehende Bebilderung der ersten 13 Kapitel, danach Auslassungen.
Vielfach sind Übermalungen des Textes, Abdeckung der Ränder mit hellem Grau und nachgezogene Buchstaben zu beobachten, die für eine Ausführung der Initialen durch eine ungeübte Hand sprechen, wie dies gleichfalls für die Abschrift gilt, an der ein unregelmäßiges Schriftbild, mangelnde Zeilentreue und fehlende Ligaturen auffallen.
Die Ausführung der Figuren sehr einfach, unsichere Konturen in brauner Feder, flächige Füllung der vorgezeichneten Kontur mit Farbe ohne Abschattierungen, unregelmäßiger Farbauftrag, Binnenzeichnung in wenigen, geraden Zügen. Gedrungene Figuren mit kurzen Gliedmassen, Farben mit Bleiweiß gemischt.
Trotz der schlichten Ausführung erfolgt eine präzise Wiedergabe der Ikonografien, so dass ein dezidiertes, eigenwilliges Bildprogramm erkennbar wird. 14r: A, Verkündigung, 19r: A, Maria mit Christuskind, 24r: H, Heimsuchung, 26v: A, Joseph will Maria verlassen, 30v: A, Geburt Christi als Anbetung im Stall durch Maria und Joseph, 36r: D, Beschneidung, 37v: U, Anbetung der Könige, 40v: A, Maria an der Krippe, 41v: D, Darstellung im Tempel, 43r: A, Flucht nach Ägypten, 48v: A, Rückkehr aus Ägypten, 50r: D, Jesus mit Maria, 53r: U, der zwölfjährige Jesus lehrt im Tempel, 58v: D, Taufe Christi, 63r: N, erste Versuchung Christi, 67v: D, Berufung der ersten beiden Jünger (Io 1,35–38), 89r: A, Christus soll zum König erhoben werden, 114v: Buchstabe nicht erkennbar (I?), Christi Abschied von Maria, 128v: D, Christus offenbart sich seiner Mutter Maria, 131v: D, Jesus offenbart sich Joseph von Arimathia, 132r oben: U, Jesus offenbart sich Jacobus dem Jüngeren, 132r unten: N, Jesus offenbart sich Petrus, 135v: H, Jesus offenbart sich seinen Jüngern am achten Tag.
Deutlicher Schwerpunkt der Bildthemen bei der Kindheitsgeschichte, während die Passion überhaupt nicht bebildert wird. Für die Zeit des öffentlichen Lebens Christi konzentriert sich die Themenwahl auf Belehrungen durch Christus (der Schriftgelehrten, der Jünger, Mariens) und die Versuchung Christi. Außergewöhnlich in der Thematik und Vielzahl sind gleichfalls die mehrfachen Offenbarungsszenen nach der Auferstehung Christi. Durch die Bildfolge erhält Maria eine besondere Präsenz, zumal einige der ausgewählten Szenen, die sowohl ihre Devotion – wie die Anbetung im Stall – als auch ihre innige Zuneigung zum Christuskind – ihr Verbleiben im Stall – hervorheben, dem Bereich der Mystik entstammen.
Blau, Grün, Rosa, Rot, Gelb.
Abb. 12: 36r. Beschneidung Christi.