KdiH

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73.10.7. Liège, Bibliothèques de l’Université de Liège, ms. Wittert 71

Bearbeitet von Kristina Domanski

KdiH-Band 8

Datierung:

Zweites Viertel 15. Jahrhundert.

Lokalisierung:

Köln, Mittelrhein (?) (Metz, nach Stork [1991] S. 18).

Besitzgeschichte:

Im vorderen Einband gibt ein Eintrag aus dem 19. Jahrhundert, gestaltet mit gotisierenden Dornblattranken und Rahmenleisten, eine Provenienz aus Trier an, weitere Einträge des 19. Jahrhunderts ordnen die Handschrift dem Besitz der Elisabeth Herzogin von Görlitz (1385–1451) zu, über Johann Michael Aloys Clotten (1758–1829) in den Besitz des Sammlers Johann Peter Job Hermes (1765–1833), dann über Martinus Nijhoff (1827–1894) an Baron Adrien Wittert (1823–1903) in die Universitätsbibliothek Lüttich (Stork [1991] S. 20).

Die Verknüpfung mit der Biografie der vermuteten Erstbesitzerin Elisabeth von Görlitz beruht allerdings allein auf diesen teils historisierenden Einträgen des 19. Jahrhunderts und wird in keiner Weise von Wappen oder zeitgenössischen Besitzeinträgen gestützt. Elisabeth von Görlitz, seit 1409 in erster Ehe mit dem Herzog Anton von Brabant verheiratet, zwischen 1419 und 1425 mit dem als Bischof von Lüttich zurückgetretenen Johann von Bayern-Holland ehelich verbunden, Pfandinhaberin des Herzogtums Luxemburg, das sie 1435 gegen eine Leibrente dem burgundischen Herzog Philipp dem Guten übertrug, residierte ab 1444 im Luxemburger Hof in Trier.

Inhalt:
1r–233r Michael de Massa, ›Vita Christi‹, deutsch
Zweite (moselfränkische) Übersetzung
I. Kodikologische Beschreibung:

Pergament, I + VI + 233 Blätter + VIII + I (sechs leere Blätter vor-, acht Blätter nachgebunden), 260 × 186 mm, sorgfältige gotische Textura, eine Hand, einspaltig, 30 Zeilen, rote und blaue Majuskeln, rote Tituli, Unterstreichungen, Rubrizierung.

Schreibsprache:

westmoselfränkisch.

II. Bildausstattung:

40 Deckfarbenminiaturen auf Goldgrund einer Werkstatt.

Format und Anordnung:

Die Bildfelder, mit blauer Linie einfach gerahmt, annähernd quadratisch (etwa 80 × 80 mm), nehmen nicht die ganze Spaltenbreite ein. Jeweils zu Beginn der mit roten Tituli überschriebenen Abschnitte anstelle von Initialen eingefügt und durch eine über den linken und den oberen Seitenrand verlaufende Bordüre in den Seitenspiegel eingebunden. Die Bordüren, aus schmalen Ornamentstreifen in Blau, Rot und Rosa zusammengesetzt, laufen in einzelnen Akanthusblättern aus, deren Blattrippen mit feinen hellen Punkten markiert sind. Abschnitte, denen Miniaturen beigegeben wurden, sind überwiegend als Betrachtung überschrieben hijr betraychte [...], Abschnitte, die nicht illustriert wurden, werden mehrheitlich mit hijr lieset man [...] betitelt.

Bildaufbau und -ausführung:

Die Bildfolge ist mit einheitlichem Konzept von mindestens zwei Malern ausgeführt worden. Bis auf einige Innenraumdarstellungen (z. B. 80r, 130r) fast sämtliche Miniaturen mit teils punziertem Goldgrund. Die Innenräume als Guckkasten mit einfachem Architekturrahmen. Die Landschaften mit steil ansteigendem Hintergrund, meist aus mehreren verschiedenfarbigen Bergkulissen (Grün, Rosa, Ocker) zusammengeschoben, spärlicher Bewuchs aus gleichförmigen Bäumchen: dünne Stämme mit ausladender Krone, deren dunkles Blattwerk mit hellen Lichtern bestückt ist. Die Figuren mit sehr rundlichen Köpfen, hohem Haaransatz, kleiner Gesichtspartie, Haupt- und Barthaar oft in einzelne Locken aufgelöst. Bei einigen Figuren insgesamt deutlich gelängte Proportionen, die einem zweiten Maler zuzuweisen sein dürften (z. B. 169v, 171r, 178r, 183r). Im Faltenwurf Höhen und Tiefen durch differenzierte Abschattierung und Weißhöhung ausgearbeitet, üppige Stofffülle, mit eher knitternden als fließenden Falten.

Stork (1991 und 2013) ordnet den Codex der Metzer Buchmalerei zu, insbesondere der dort um die Jahrhundertmitte nachgewiesenen Werkstatt des Meisters Henri d’Orquevaulz, räumt jedoch zugleich ein, dass sich dessen Hand in der vorliegenden Handschrift nicht nachweisen lasse. Die Vielzahl der altertümlichen Gestaltungselemente, Bildformat, Landschaftsaufbau, Figurentypen sowie die Malweise (Bäume, Haare), die zum Internationalen Stil zu rechnen sind, lassen an eine frühere Entstehung der Illustrationen, etwa um 1430, vielleicht in einer mittelrheinischen oder Kölner Werkstatt denken.

Bildthemen:

Siehe Bildthementabelle in der Einleitung zur Untergruppe 73.10. Die Auswahl der Bildthemen stimmt mit der verwandten Handschrift in Chantilly (Nr. 73.10.2.) überein. Einige ikonografische Besonderheiten in einzelnen Szenen, die mit Blick auf zeitgenössische theologische Auseinandersetzungen – etwa die Unbefleckte Empfängnis – betrachtet werden sollten, können an dieser Stelle nur genannt werden: Bei der Verkündigung (25v) gleitet außer der Taube des Heiligen Geistes auch der Jesusknabe auf goldenen, von Gottvater ausgehenden Lichtstrahlen auf Maria zu, dies betont die fleischliche Unversehrtheit Mariens. Die Darstellung der Geburt Christi (33v) ist mit Bildmotiven aus den Visionen der heiligen Birgitta – dem Strahlenkranz um das nackte Jesuskind sowie der Anbetung durch Maria und Joseph – angereichert, gleichzeitig fällt hier das veristische Detail des schmelzenden Schnees auf dem Stalldach auf. Ikonografisch ungewöhnlich mutet gleichfalls das geschlossene Grab bei der Auferstehung Christi an (206v).

Farben:

Rosa, Blau, Grün, Rot, Goldauflage, Braun- und Ockertöne, Weiß für Höhungen.

Faksimile:

Stork (1991).

Literatur:

Brassinne (1910) S. 123–125. – Geith (1990) S. 29; Stork (1991); Geith (2000) S. 282; Stork (2013) S. 97–120.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 18: 33v: Geburt Christi.

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Abb. 18.