KdiH

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75.0.13. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2789

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 8

Datierung:

Um 1400.

Lokalisierung:

Prag.

Besitzgeschichte:

Vermutlich aus dem Besitz König Wenzels IV. (nicht sicher nachgewiesen, dafür spricht vor allem die für Auftragsarbeiten König Wenzels charakteristische emblematische Figur des Bademädchens als Randmalerei 1r). Später in der Wiener Stadtbibliothek, die 1756 der Hofbibliothek in Verwahrung gegeben und 1780 für die Hofbibliothek erworben wurde (gedrucktes Exlibris im Vorderdeckel: Ex Bibliotheca Civica Vindobonensis, darüber Altsignatur A. 1. 3. [18. Jahrhundert], weitere Altsignaturen: 59 und 362).

Inhalt:
1r–84v Epistolar, Auswahl aus dem Temporale mit Ergänzungen
49 Episteln des Apostels Paulus: Zu den Sonntagsmessen vom 1. Advent bis Ostern zuzüglich der Fastenquatember, Gründonnerstag und Karsamstag, anschließend einige nicht zugeordnete Paulusbriefe, danach Episteln zum ›Aposteltag‹, zur Pfingstoktav und zu zwölf Sonntagen nach Pfingsten, zum Schluss zwei Paulusbriefe zu Märtyrermessen; einige Episteln mit paraphrasierenden Erweiterungen
I. Kodikologische Beschreibung:

Pergament (neues Vorsatzblatt I aus Papier), I + 84 + I Blätter (das Blatt nach 84 als rückwärtiger Spiegel aufgeklebt, die Blätter 50 und 63 am unteren Rand bis zum Schriftspiegel abgeschnitten), 341–343 × 240–246 mm, gotische Buchschrift, ein Schreiber, einspaltig, 21–23 Zeilen, goldene, ab 4v blaue Seitentitel (verso pau, recto lus), blaue Überschriften und ein- oder zweizeilige Lombarden, oft mit rotem Fleuronné besetzt. Von einer Nachtragshand des 15. Jahrhunderts einige Rezepteinträge im Rückendeckel.

Schreibsprache:

bairisch-österreichisch mit mitteldeutschen Elementen.

II. Bildausstattung:

31 historisierte Deckfarbeninitialen (1r, 1v, 2r, 2v, 3r, 3v, 4r, 4v, 5v, 6v, 7r, 8r, 8v, 9r, 9v, 10v, 12v, 13v, 14v, 15v, 16r, 16v, 17v, 18v, 20v, 22v, 25r, 28r, 37r, 78r, 81r), 17 Deckfarbenminiaturen (19v, 30r, 30v, 32r, 33r, 34r, 40r, 41r, 42r, 43v, 45r, 48r, 55r, 60r, 66r, 66v, 67v), eine Randzeichnung (1r). Ein Maler: Meister der Paulus-Briefe.

Format und Anordnung:

Die Initialen über sechs bis elf Zeilen auf unterschiedlich großer, nahezu quadratischer oder leicht hochrechteckiger Grundfläche, meist ca. 75–85 × 70–85 mm. Die historisierten Initialen leiten den mit wenigen Worten anzitierten lateinischen Perikopentext ein, deshalb meist F-Initialen (Fratres), daran schließt sich der deutsche Text an, beginnend mit einer Lombarde. Ab 19v anstelle der historisierten Initialen meist gerahmte Miniaturen an gleicher Position und in gleichem Format, ab 40r (Epistel zur Pfingstoktav) zunächst ausschließlich Miniaturen. Nun beginnt der lateinische Perikopenanfang mit einer Lombarde, die deutsche Übersetzung ist nicht mehr besonders ausgezeichnet. Nur zum Schluss (78r und 81r) erneut historisierte Initialen.

Bildaufbau und -ausführung:

Initialen und Miniaturen gleich gestaltet, mit Ausnahme der Buchstabenkörper der Initialen, gefüllt mit stilisierten Akanthusblättern, und deren Rankenausläufern entlang des Schriftspiegels (1r dreiseitig) aus Akanthusblättern mit Blüten, goldenen Punkten und Knäufen, manchmal auch mit Vögeln. Hintergrund in Blau oder Blattgold, seltener in Grün; meist entlang der Einfassung oder flächig ornamentiert; durch Blattgoldrahmen oder meist profilierte, manchmal auch ornamentierte farbige Kastenrahmen gefasst. Figuren in den Initialen meist als Hüft- bzw. Dreiviertelbildnisse (15v ganzfigurig, Paulus auf erhöhtem Bodenstück stehend, 18r Brustbild des Paulus), auch in den Miniaturen werden die Figuren meist vom unteren Bildrand überschnitten, so dass die Füße nicht zu sehen sind. Dabei Konstellationen in sich stets wiederholenden Stereotypen: Paulus mit angewinkelten Armen, unter denen das Übergewand gerafft ist, eine Hand leicht angehoben und ausgestreckt, über die andere fällt der Gewandsaum. Gegenüber Zuhörer einzeln oder in Gruppen (mit Judenhut oder phrygischer Mütze als Kopfbedeckung) ebenfalls mit über dem gerafften Gewand angewinkelten, dabei verschränkten und in das vor der Brust übereinander geschlagene Gewand gehüllten Armen.

Der Maler, den Krása in 21 Handschriften aus dem Umfeld des böhmischen Hofes nachwies, gilt als künstlerisch »isoliert« innerhalb der Wenzelswerkstatt (Krása [1971] S. 205f.), seine Miniaturen sind vergleichsweise derb und handwerklich schlicht ausgeführt. Charakteristisch für seine Figurenzeichnung sind Merkmale wie die leicht vorgebeugte Haltung der Figuren, die mit stark einwärts gebogenem Federstrich ausgeprägt konturierten Nasenflügel, die sehr weiche Farbmodellierung der Gewänder. Seine Kolorierung zeichnet sich dadurch aus, dass alle Farben mit Weiß ausgemischt oder übermalt sind, dazu werden Lichter mit Deckweiß aufgesetzt; gelegentlich Überzeichnung mit schwarzen Federstrichen.

Bildthemen:

Mit Ausnahme der allerletzten Epistel (83v) sind sämtliche mit Miniaturen bzw. historisierten Initialen ausgestattet. Dargestellt ist entsprechend der Epistelauswahl stets Paulus, doch entspricht seine Darstellung nicht dem Typus des Autorbildes (vgl. etwa die aus ähnlichem Entstehungszusammenhang stammende Wenzelsbibel Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2759–2764; siehe Nr. 14.0.20.): Wenig variiert wird die Gesprächs- bzw. Predigtsituation (Paulus spricht zu einem oder mehreren Zuhörern) immer wieder aufgenommen, seltener Paulus als Einzelfigur (1r mit Schwert und Buch, gegenüber am Blattrand Bademädchen mit Palmwedel und Bottich auf grünem Bodenstück, 2v, 3v, 5v mit Schwert, 7r mit Schwert und Spruchband, 18r, 20v, 78r, 81r). Nur 6v eine andere, szenische Darstellung: ein junger, aus einem Haus tretender Mann empfängt einen älteren bärtigen; keiner der beiden ist Paulus (zu Rm 12,1ff., 1. Sonntag nach Dreikönigstag). Ein unmittelbarer Textbezug ist nicht erkennbar.

Farben:

Karmin, Zinnober, Blau, bläuliches Grauviolett, bläuliches Grün, Ocker, Ockergelb, Gelb, Grau, Deckweiß, Blattgold.

Literatur:

Menhardt 1 (1960) S. 300f.; Unterkircher (1957) S. 85. – Vollmer (1938) S. 55, 74, 148, 169, Taf. IV (1r); Holter (1939) Nr. 46; Krása (1971) S. 1, 23, 37f., 69, 97, 205f., 251, 255f., 276, 343, Abb. 13 (1r); Roland (1999) S. 82f., Abb. VII (1r); Jenni/Theisen (2004) S. 23, Abb. 40 (30r); MeSch IV (2014) S. 243–246, Kat.-Nr. 13 [Ulrike Jenni], Abb. 263–267 (1r, 6v, 15r, 40r, 60r); Theisen (2015) S. 23f., Abb. 8 (1r).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 108: 7r. Apostel Paulus (Rm 12,6ff.: 3. Sonntag nach Weihnachten).

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Abb. 108.