53.0.2. Dresden, Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek, Mscr.Dresd.M.201
Bearbeitet von Kristina Domanski
KdiH-Band 6
1472.
Nürnberg.
1714 erstmals erwähnt im Besitz des Gottfried Thomasius, Mitte des 18. Jahrhunderts im Besitz Johann Christoph Gottscheds, 1793 für die Kurfürstliche Bibliothek in Dresden angekauft (
Wurde in der älteren Forschung noch angenommen, das Wappenbild (I*v) belege die Auftraggeberschaft Herzog Balthasars von Mecklenburg für das Heldenbuch (
I*r | Reste des Einbandspiegels aus dem 18. Jahrhundert | |
I*v | ganzseitiges Mecklenburgisches Wappen, spätes 15. oder frühes 16. Jahrhundert, darüber schmaler Papierstreifen aufgeklebt: Waltasar von gocz genaden herczog zu mechelwurck | |
II*r–III*v | Bibliothekseinträge, z. T. eingeklebt | |
IV*r | Titeleintrag Wigolays | |
IV*v |
ganzseitiges Titelbild zu ›Wigalois‹
Die Illustration gehört nicht zum ursprünglichen Bestand des ›Heldenbuchs‹ und stammt aus der Handschrift Dresden, Mscr.Dresd.M.219 (vgl. Stoffgruppe 136. ›Wigalois‹)
|
|
1. | 1r–43r |
›Ortnit‹ (Ortnit A)
Hs. k
|
2. | 43v, 44r–91r |
Titelbild, ›Wolfdietrich‹ (Wolfdietrich A)
Hs. k
|
3. | 91v, 92r–151r |
Titelbild, ›Eckenlied‹ (Eckenlied II)
Hs. E
|
4. | 151v, 152r–191v |
Titelbild, ›Rosengarten zu Worms‹ (Rosengarten A)
Hs. R14
|
5. | 193r–199v |
›Meerwunder‹ (Meerwunder A)
Hs. A
|
6. | 200v, 201r–240r |
Titelbild, ›Jüngerer Sigenot‹
Hs. S6
|
7. | 240v, 241r–263v |
Titelbild, ›Wunderer‹ (strophische Version)
Hs. W1
|
8. | 264v, 265r–275v |
Titelbild, ›Herzog Ernst‹ (Herzog Ernst G)
Hs. G1
|
9. | 276v, 277r–313v |
Titelbild, ›Laurin‹ (Laurin ß)
Hs. L11
|
10. | 313 |
Titelbild, ›Virginal‹ (Virginal II)
Hs. V11
|
11. | 344v, 345r–349r |
Titelbild, ›Jüngeres Hildebrandslied‹
Hs. D
|
Papier, 355 Blätter (I*–IV* + 351, dazu je ein modernes Vor- und Nachsatzblatt; originale Blattzählung in roter Tinte in der Mitte des oberen Blattrands 1–349, überspringt je ein Blatt nach 7, 160 und 313; Blatt 192 ist verloren, ebenso vermutlich ein nicht nummeriertes Titelbild vor 1; die Lagen mit den Blättern [192]–199 sowie 264–275 [Texte 5 und 8] sind nachträglich, jedoch in Übereinstimmung mit der Grundkonzeption der Handschrift in den primären Lagenverbund eingefügt worden). Die Blätter I*–IV* gehören nicht zum ursprünglichen Bestand, sondern sind Einzelblätter unterschiedlicher Provenienz. 200 × 150 mm, an den Außenkanten beschnitten, einspaltig, 22–25 Zeilen mit Blindlinierung, Bastarda, zwei Schreiber, Text 3, 4, 6, 7, 8, 9: Kaspar von der Rhön aus Münnerstadt (313v: Laudetur sancta trinitas deo dicamus gratias noch crist gepurt 1472 Iar ist es geschreiben worden von mir kasper von der roen purdich von münerstat In francken in festüm pasce das ist in der osterliche zait), Text 1, 2, 5, 10, 11: anonymer Schreiber. Zu Beginn der einzelnen Texte fünf- bis sechszeilige Initialen. Anmerkungen zum Umfang der Textkürzungen in roter Tinte am Endes einiger Texte (43r, 91r), rote Zwischenüberschriften in Text 4 und 9, Rubrizierung der Versanfänge in der gesamten Handschrift.
sowohl ostfränkische wie bairische Mundartelemente (
Neun ganzseitige Illustrationen (43v, 91v, 151v, 200v, 240v, 264v, 276v, 313
Die ganzseitigen Titelillustrationen (180 × 125 mm) jeweils auf Versoseiten dem initialgeschmückten Textbeginn gegenüber. Der einfache rote Rahmen (43v, 91v, 151v, 200v, 240v, 264v, 276v) ist bei den meisten Blättern nur noch innen, manchmal auch oben erhalten, sonst beschnitten. Die letzten beiden Illustrationen (313
Die ehemals durchaus aufwendige Ausstattung ist im heutigen Zustand aufgrund von Kriegsschäden aus dem Jahr 1945 stark beeinträchtigt: die Farben stark verblasst, das Silber oxidiert und die Goldauf-lagen weitgehend abgeblättert, vgl. daher auch die älteren Beschreibungen von
Die Initialen mit Buchstabenkörper in Gold- oder Silberauflage in quadratischem blauem Feld mit rotem Rahmen, davon ausgehend mit Blüten besetztes Rankenwerk auf dem oberen und unteren, oder allen drei äußeren Seitenrändern, überwiegend stark verblasst und oftmals beschnitten. In den Illustrationen sind die Hauptfiguren, die nahezu die gesamte Bildhöhe erreichen, jeweils in der vordersten Bildebene, also in ausgeprägter Nahsicht platziert. Die Szenen spielen meist in einer kursorisch markierten Landschaft, nur in zwei Fällen sind Innenräume dargestellt, diese aber perspektivisch schlüssig ( 240v, 264v). Die Hintergrundgestaltung beschränkt sich zuweilen auf die Angabe einer Horizontlinie und Füllung der verbliebenen Freifläche mit Pflanzen und Blüten (91v und 200v), dazu kann zusätzlich die Einfriedung des Kampfplatzes mit einem Flechtzaun treten (151v und 276v); nur ausnahmsweise ist eine Ausgestaltung des Hintergrunds zu finden, z. B. die Drachenhöhle (43v). Additive Anordnung der Figuren und der übrigen Bildelemente; besondere Details der Narration werden ohne oder nur mit geringen Überschneidungen wiedergegeben, wie die Drachenhöhle zu ›Wolfdietrich‹ (43v), Krimhild mit den Blumenkränzen (151v) oder das kleinwüchsige Pferd des Zwergenkönigs Laurin (276v). Charakteristisch für die Zeichnung der Figuren vor allem eine kräftig nachgezogene Konturlinie, die, über der Farbschicht angebracht, auch für die Gliederung der Binnenflächen, insbesondere der Rüstungen verwendet wird; kaum Einsatz von Schraffuren, dafür aber vereinzelt Weißhöhung (43v). Ausführung der Konturlinie teils mit Pinsel, teils mit breiter Feder. Die auf eine Gliederung der Fläche ausgerichtete Bildkonzeption und der Einsatz einer markanten Konturlinie lassen an die Gestaltungsprinzipien früher Holzschnitte denken.
Ausführung der Binnengliederung bei den Illustrationen des zweiten Zeichners (313
Als Titelbilder werden folgende Szenen gewählt:
– ›Wolfdietrich‹ (43v): Wolfdietrich wird von dem Drachen Pfetan, der den Helden mit seinem Schwanz umschlungen hat, in dessen Höhle geschleppt. Das Motiv der Schwanzfessel besitzt eine lange Tradition, das bereits um 1200 in der sakralen Bauplastik zu finden ist (vgl.
– ›Eckenlied‹ (91v): Schwertkampf zwischen dem Riesen Ecke in Goldrüstung und Dietrich in Silberrüstung, vgl. Nr. 29.1.2. mit Abb. 9.
– ›Rosengarten zu Worms‹ (151v): Zwei Ritter im Schwertkampf innerhalb eines von einem Flechtzaun begrenzten Kampfplatzes, die bekrönte Kriemhild mit Blumenkränzen für den Sieger im Hintergrund, vgl. Nr. 29.4A.1. mit Abb. 27.
– ›Sigenot‹ (200v): Der Riese Sigenot, bewaffnet mit einer Stange, im Zweikampf mit Dietrich oder Hildebrand, vgl. Nr. 29.5.1. mit Abb. 42.
– ›Wunderer‹ (240v): Der menschenfressende Riese Wunderer auf der rechten Bildseite ist dabei, Frau Sælde zu verschlingen, ihr Kopf ist bereits in seinem Maul verschwunden, ihr Körper hängt vor seiner Brust herunter, links Dietrich mit erhobenem Schwert, vgl. Nr. 29.7.1. mit Abb. 51.
– ›Herzog Ernst‹ (264v): Herzog Ernst am Bett des enthaupteten Königs der Vogelmenschen und der gekrönten indischen Prinzessin, vgl. Nr. 57.1.1. mit Taf. 57.I.
– ›Laurin‹ (276v): Dietrich im Schwertkampf mit dem Zwerg Laurin, vgl. Nr. 29.3.1. mit Abb. 18.
– ›Virginal‹ (313
– ›Jüngeres Hildebrandslied‹ (344v): Hildebrand umarmt seinen Sohn Alebrant, vgl. Nr. 29.2.1. mit Abb. 17.
– Für das mutmaßlich ehemals vorhandene Titelblatt zu ›Ortnit‹ gibt
Die Illustrationen sind zumeist nicht auf eine bestimmte Textstelle zu beziehen, sondern präsentieren vielmehr die Protagonisten und ihre wichtigsten Gegner, bzw. eine zentrale Konfrontation. Sie übernehmen daher nicht nur gliedernde Funktion (
weitgehend verblasste Farben, Pinselgold und Silber abgeblättert oder oxidiert, Reste von Rot, Blau.
Digitalfaksimile und Edition:
Siehe auch unter Stoffgruppe 29.1. ›Eckenlied‹, 29.2. ›Hildebrandslied‹, 29.3. ›Laurin‹, 29.4A. ›Rosengarten zu Worms‹, 29.5. ›Sigenot‹, 29.6. ›Virginal‹, 29.7. ›Wunderer‹, 57.1. ›Herzog Ernst‹, 98. ›Ortnit‹/›Wolfdietrich‹.