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26B.6. Hermann Bote, ›Schichtbuch‹

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 3

Im ›Schichtbuch‹ Hermann Botes geht es nicht um eine kontinuierliche Darstellung der Braunschweiger Stadtgeschichte, sondern um eine zwischen 1510 und 1514 entstandene Folge in sich abgeschlossener Berichte über zunächst vier Aufstände gegen den Braunschweiger Rat (›Schichten‹): 1. die schicht der gildemester 1292–94, 2. die schicht des rades 1374–86, 3. die schicht der unhorse borger 1445–1447, 4. die schicht Ludeke Hollandes 1488–90. In diese Chronologie eingegliedert ist das Kapitel über den papen krich von 1413 zwischen Klerus und Stadt, die Einrichtung von Schulen betreffend; es folgt ein Bericht über die Geschichte der Münzwährung Van der pagemunte und dann, als Nachtrag, eine fünfte ›Schicht‹: der Uployp van twen schoten 1513–14. Scheinbar ohne Zusammenhang schließt sich dem ein zweiteiliges Wappenbuch an, in das ein Verzeichnis der Kirchen und Klöster in der Stadt inseriert ist. Blume (1985) u. a. sehen im Schichtbuch trotz der nicht zu leugnenden Heterogenität der Ausführung eine konzeptionelle Einheit: Erzählende Kapitel (›Schichten‹) erhalten durch die anschließenden, die lokalen Begleitumstände dokumentierenden Kapitel (Van der pagemunte, Kirchen- und Klösterverzeichnis, Wappenbuch) einen Hintergrund, vor dem die Schilderung der einzelnen Konflikte Sinn und Plastizität gewinnen.

Botes Autograph allerdings, das in der Handschrift Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 120 Extravag. erhalten ist (siehe Nr. 26B.6.1.), spricht nicht für eine von vornherein so durchgeplante Anlage. Nicht nur die Benutzung sehr unterschiedlicher Papiersorten, sondern auch die Bezeichnung der Lagen und Blätter mit divergierenden Signatursystemen bezeugen, daß die Handschrift aus mindestens zwei zunächst vielleicht selbständigen Teilen zusammengefügt worden ist. Jeweils eine Einheit bilden das Schichtbuch (einschließlich Van der Pagemunte: signierte Lagen, Blatt 1–160) und der Bericht über die geistlichen Stiftungen zusammen mit dem jetzt zweiten Teil des Wappenbuchs (unsignierte Lagen, Blatt 177–253, zur Fortsetzung vorgesehen bis Blatt 270, Blattsignaturen in Kleinbuchstaben, allerdings mit Unterbrechungen). Die erste Einheit, in die eine zweite Hand Urkundenabschriften von 1510 und 1513 nachgetragen hat (110v–112r, 158v–159r), ergänzte Bote um eine Lage mit einer separaten Wappensammlung; ein ursprünglich vielleicht selbständiges Einzelblatt (271) mit einer Zeichnung Botes bildet den Abschluß der zweiten Einheit bzw. der Handschrift insgesamt. Auf die leeren Blätter im Anschluß an den zweiten Teil des Wappenbuchs (Blatt 254r–266v) hat ein Benutzer oder Besitzer Zeichnungen nachgetragen.

Der modernen Forschung war lange nur dieses Autograph von 1510/14 bekannt, erst in den letzten Jahren ist eine Fülle von Handschriften bekannt geworden, die Botes Schichtbuch unverändert oder in Bearbeitungen forttradieren:

a)

mittelniederdeutsche Schichtbuch-Abschriften (vgl. vor allem Herbert Blume: Eine bislang unbekannte mittelniederdeutsche Handschrift von Hermann Botes Schichtbuch und ihr Ort in der Überlieferung. In: Sprachformen. Deutsch und Niederländisch in europäischen Bezügen. Festschrift für Dieter Stellmacher zum 60. Geburtstag. Hrsg. von Peter Wagener. Stuttgart 1999 (Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik, Beiheft 105), S. 27–37 (aktualisiert wieder in: Blume [2009] S. 125–139)
Braunschweig, Stadtarchiv, H III 2, Nr. 19 (17. Jahrhundert, illustriert)
Braunschweig, Stadtarchiv, H III 2, Nr. 37 (Auszug, 17. Jahrhundert, illustriert)
Braunschweig, Stadtarchiv, H III 2, Nr. 44 (17. Jahrhundert, illustriert)
Dresden, Sächsische Landesbibliothek, Mscr. k 63, misc. 2 (spätes 16. Jahrhundert, Bildfreiräume)
Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 107 Blankenb. (17. Jahrhundert, illustriert)

b)

erweiternde ›Schoppius-Chronik‹ Kurzer Auszug der vornehmsten Historien und Geschichte der löblichen Stadt Braunschweig (1558–61), inzwischen ca. 60 Handschriften (Herbert Blume: Das Weiterleben von Hermann Botes Schichtbuch in der Braunschweiger Stadtchronistik der frühen Neuzeit. In: Jahrbuch der Oswald von Wolkenstein Gesellschaft 10 [1998], S. 67–79, hier S. 72–75; aktualisiert wieder in: Blume [2009] S. 107–124)
Andreas Schoppius (um 1538–1614), Lehrer in Braunschweig, Erxleben und Wernigerode, verzichtete bei seiner Bearbeitung auf die allegorischen Einleitungsabschnitte und auf das Wappenbuch, somit auch auf den gesamten Bilderschmuck des Schichtbuchs.

Das Autograph stattete Hermann Bote wie seine anderen Handschriften mit eigenhändig ausgeführten kolorierten Federzeichnungen aus. Während die Bilderkreise zum Wappenbuch und zum Kirchen- und Klösterverzeichnis recht konventionell sind (Wappen, Regentenbilder, heraldische Zeichen einerseits, Kirchenpatrone mit ihren Attributen andererseits), geht Bote für die Illustrierung der fünf ›Schichten‹ ganz eigene Wege: In den Berichten über die Braunschweiger Aufstände hatte er Mißstände aufgedeckt, für die er nicht zuletzt den Braunschweiger Rat verantwortlich machte; dessen ungeachtet vertrat er jedoch stets die Rechtmäßigkeit der Stadtregierung durch die alten Ratsfamilien. Eine Änderung bestehender Strukturen hielt er für töricht, das Tun der Aufständischen verglich er mit dem unvernünftiger Tiere. Mit deren Darstellungen im Bild leitet er dann auch jede ›Schicht‹ ein. Hohen Dokumentationswert haben daneben seine Zeichnungen Braunschweiger Münzen und seine Darstellungen Braunschweigischer Amtsleute (Stadtknecht 1r, Zollschreiber 113r, Stadtherold 165r, Schreiber 271r), in denen sich zum Teil Selbstbildnisse des Verfassers verstecken könnten. Mit Ausnahme des Schlußbildes (271r) wurde das Bildprogramm komplett in die späteren Abschriften übernommen, nur die Dresdener Handschrift, in der die vorgesehenen Zeichnungen nicht ausgeführt wurden (Bildfreiräume), hat von vornherein auf die Realisierung der Wappensammlungen verzichtet.

Editionen:

Shigt-Bok der Stad Brunswyk. Hrsg. von Karl F. A. Scheller, Braunschweig 1829 [nach Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek: Cod. Guelf. 107 Blankenburg]. – Ludwig Hänselmann: Die Chroniken der niedersächsischen Städte. Braunschweig. Bd. 2. Leipzig 1880 (Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert 16). Nachdruck Göttingen 1962, S. 299–468 [nach Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 120 extravag.]. – Teilausgabe: Hermann Bote. Zwei Kapitel aus dem Schichtbuch. Mittelniederdeutsch mit neuhochdeutscher Übersetzung. Ausgewählt, übersetzt und mit einer Einleitung versehen von Herbert Blume. Braunschweig 1985 (Bibliophile Schriften der Literar. Vereinigung Braunschweig 32).

Literatur zu den Illustrationen:

siehe unter Nr. 26B.6.1.