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24. ›Christus und die sieben Laden‹

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 3

Entstanden ist das erbauliche Exempel von Christus als Kaufmann wohl im Elsaß, vermutlich im Umkreis der Straßburger ›Gottesfreunde‹, im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts. Es handelt von einem Kaufmann, der Einsiedler geworden ist, den es jedoch wieder in sein weltliches Leben zurückzieht. Auf dem Weg dorthin begegnet ihm Christus als Kaufmann mit sieben Laden, gefüllt mit den kostbarsten Schätzen der Welt, nach deren Kauf der Einsiedler strebt. Statt eines Preises verlangt Christus symbolhafte Gegenleistungen, wobei der Einsiedler stets gestehen muß, daß er das Erwartete nicht erbringen kann. Reuig kehrt er jedoch in seine Klause zurück und empfängt dort in einer Erscheinung die Belehrung über die wahre Natur der Schätze: Sie sind zu erlangen um die Erfüllung der sieben Seligpreisungen (nach Mt 5,3–11), die als Stufengang der Vervollkommnung ausgelegt werden.

Die Beispielerzählung ist seit 1425 reich überliefert: Einschließlich der späten Druckabschrift des Valentin Holl in dessen Handschrift von 1524–26 (Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Cod. 2o 966 Stiftung Merckel) sind 34 handschriftliche Textzeugen bekannt. Druckausgaben datieren zwischen 1491 und 1572. Die handschriftliche Überlieferung weist den Text vornehmlich dem Gebrauch in Frauenklöstern zu. Illustrationen gehören nicht zur gängigen Ausstattung der Handschriften, lediglich zwei Codices aus dem zentralen alemannisch-schwäbischen Verbreitungsraum sowie zwei aus dem nördlichen Bayern, wo die Überlieferung einen zweiten Schwerpunkt fand, sind bebildert. Hinzu kommen mit dem Schaffhausener Cod. Gen. 10 und dem Züricher Cod. Car. C 28 zwei weitere alemannische Handschriften, in denen Bilder vorgesehen waren, aber nicht ausgeführt wurden. Bei der Übernahme in den Druck war der Text zunächst durchgehend wie in den Bilderhandschriften illustriert. In der Inkunabel von 1491 (Nr. 24.0.a) ist auch, wenngleich nur ganz am Rande, in den Text ein in den Handschriften nicht belegter Hinweis auf die Bebilderung eingeflochten (der Schluß der Einleitung weist voraus auf die erneute Bekehrung des Einsiedlers in disem weg vnnd wise also hie nach geschriben stat vnd ouch gefiguriret). Das Bildprogramm der Inkunabel setzt sich jedoch nicht durch. Es wird nur im gleichfalls in Basel entstandenen Nachdruck von 1513 (Nr. 24.0.g.) noch einmal aufgegriffen. Mit Ausnahme des auch im Text unabhängigen Drucks Augsburg: Johannes Schönsperger o. J. [um 1510: Von ainem Kauffman der gute war ...], der gar keinen Holzschnitt hat, begnügen sich alle weiteren Drucke des 16. Jahrhunderts mit einem Titelbild.

Die alemannischen Handschriften wie der Basler Frühdruck besitzen ein konstantes Bildprogramm, dessen Umfang und Motivik bestimmt ist durch die siebenteilige Folge der Ladenöffnungen und der Präsentation ihrer Inhalte (1. ein prächtiger Palast, 2. ein wohlbefestigtes, reiches Land, 3. ein paradiesischer Garten, 4. ein Tisch mit königlichen Speisen, 5. ein Gesundbrunnen, 6. ein Spiegel mit dem Anblick Gottes im Himmel, 7. die Insignien kaiserlicher Majestät). Hinzu tritt als achtes Bild stets die einleitende Darstellung der Begegnung von Christus und Einsiedler, die in den Drucken des 16. Jahrhunderts als singuläres Titelbild wiederkehrt. Anders ergänzt die oberpfälzische Handschrift London, The British Library, Add. 25089 (Nr. 24.0.2.) die Siebener-Sequenz. Durch eine breitere Bebilderung der Anfangs- und Schlußpassage des Traktats erhalten die beiden Bekehrungen des Kaufmanns bzw. Einsiedlers besonderes Gewicht, der Bildzyklus wird dabei auf zwölf Illustrationen erweitert. Dem Londoner Codex zur Seite zu stellen ist die nur fragmentarisch erhaltene Handschrift Nürnberg, Cent. V, App. 34a (Nr. 24.0.3), die zwar – soweit sich dies rekonstruieren läßt – den erweiterten Bildzyklus nicht in vollem Umfang enthalten hat, die jedoch charakteristische Bilddetails ausschließlich mit der Londoner Handschrift teilt (u. a. den Transport der sieben Laden auf einem treppenförmigen Tragegestell statt auf einem Karren).

Neben der literarischen Verbreitung des Motivs von Christus als Kaufmann in Form des Traktats, dessen Stoff von einem sonst unbekannten Sigelin auch als Predigtvorlage benutzt wurde (VL 8, Sp. 1236, ferner die Handschrift Stuttgart, cod. theol. et phil. 4o 59, 322v), steht als weitere die Aufnahme in die Gattung des bebilderten Einblattdrucks (vgl. z. B. Paul Heitz: Neujahrswünsche des 15. Jahrhunderts. 3. verm. Ausgabe 1909 [Einblattdrucke des 15. Jahrhunderts 1], Taf. 10). Diese Version ist jedoch im Verzicht auf die Stufenfolge der sieben Laden bzw. Seligpreisungen ganz anders akzentuiert.

Editionen:

Deutsche Volksbücher. Aus einer Zürcher Handschrift des fünfzehnten Jahrhunderts. Hrsg. von Albert Bachmann und Samuel Singer. Tübingen 1889 (StLV 185), Nachdruck 1973, S. 247–258, 390–398 (nach der Züricher Handschrift; s. u. Nr. 24.0.6.). – Lehrhafte Litteratur des 14. und 15. Jahrhunderts. Hrsg. von Ferdinand Vetter. Tl. 2: Geistliches [Berlin/Stuttgart 1890] (Deutsche National-Litteratur. Hrsg. von Josef Kürschner 12,2), S. 78–80 (Auszug aus der Züricher Handschrift). – Reinhard Frauenfelder: Christus als Kaufmann. Eine Legende aus dem Kreise spätmittelalterlicher Gottesfreunde. Mit acht zeitgenössischen Holzschnitten. Das Bodenseebuch 17 (1930) S. 73–82 (Übertragung ins Neuhochdeutsche).

Literatur zu den Illustrationen:

Wolfgang Stammler: Christus als Kaufmann. In: RDK 3 (1953) Sp. 669–673. Wolfgang Stammler: Christus als Kaufmann. In: Stammler (1962) S. 103–106.