KdiH

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59.2.8. Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 1.15 Aug. 2º

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 7

Datierung:

Um 1460 (Stildatierung Saurma-Jeltsch).

Lokalisierung:

Hagenau: Werkstatt Diebold Laubers.

Besitzgeschichte:

Vorbesitzer: Sigismund Held (Exlibris vorderer Spiegel); seit der Erwerbung durch Herzog August d. J. von Braunschweig und Lüneburg (1579–1666) in Wolfenbüttel.

Inhalt: Historienbibel Ib
1r–272vb Alte Ee
1r–10v Register
11r–12vb Prolog
12vb–14vb Zweiter Prolog und Engellehre
15r Bild
15va–272vb Prosakompilation aus Historienbibel Ia und IIa
bis Kap. Von dem wissagen tobias
274ra–389vb Neue Ee
274ra–280ra Register
281r–386va Prosaauflösung des ›Marienlebens‹ von Bruder Philipp
386va–387va ›Antichrist‹ Daniel wissaget vnd sprichet der ende crist kumme von tribu …
387vb–389vb ›Jüngstes Gericht‹ Daniel wissaget von dem júngsten tage …
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, A + 389 Blätter + Z, jeweils zwei Einzelblätter auf einen Falz geklebt, so dass daraus ein Bogen entsteht (unbeschrieben: 273r–v), 385–389 × 260–265 mm, zweispaltig, 30–34 Zeilen, Bastarda, eine Hand (identisch mit Solothurn [Nr. 59.2.6.] und Hamburg [Nr. 59.2.2.]), rote Kapitelzählung, Kapitelüberschriften, Kapitellombarden über vier Zeilen, Unterstreichungen (Eigennamen, lateinische Passagen), Strichel.

Schreibsprache:

elsässisch.

II. Bildausstattung:

101 kolorierte Federzeichnungen, 64 zur Alten Ee, 27 zur Neuen Ee. Zwei Initialen, 11r R, 281r M. Maler M, L und K der Lauber-Werkstatt. Aufteilung nach Saurma-Jeltsch (2001) Bd. 1, S. 139, Anm. 511: 62v–66r (Lage VII), 112r–121r (XII), 157v–160r (XVI), 178r (XVII), 195v–199r (XX) und 211r–214r (XXII) von Maler M, alle übrigen von Maler L, Ausnahme: Vertreibung 20v vermutlich von Gruppe K der Lauber-Werkstatt.

Format und Anordnung:

die Initialen übergroß, mehr als eine Spaltenbreite und ca. 2/3 der Schriftspiegelhöhe umfassend, 11r R mit Rankenwerk und Schachbrettmuster, 281r M nur mit Rankenwerk. Die Illustrationen halb- bis gelegentlich nahezu ganzseitig, im Text oder mit Kapitelüberschrift, die auch als Bildüberschrift fungiert, dem Text des Kapitels vorangestellt. In kräftiger Pinselstricheinfassung über einfacher Federlinie, die sich sehr genau an das Format des Schriftspiegels hält.

Bildaufbau und -ausführung:

Die sorgfältig gezeichneten Figuren agieren vor hügelig ansteigendem Terrain, beliebt sind dekorative Einzelbäume mit getupftem Laubwerk, der Hintergrund bleibt in der Regel frei, nur gelegentlich erscheinen in Bildkompositionen des Malers L am Horizont breit angelegte Stadtkulissen (81v, 88v); auch Himmel ist nicht angedeutet. In Innenräume erhält der Betrachter Einblick durch große Bogenöffnungen, die zugleich als Architekturrahmen fungieren. Die Modellierung erfolgt durch flüchtige Strichel für Schattenpartien und bedachtsame Farbschattierung. Gewandfältelungen sind – im Vergleich etwa mit der nahverwandten Solothurner Handschrift [Nr. 59.2.6.] – in sehr viel komplizierteren Brechungen arrangiert.

Den die Gesamtwirkung des Kodex prägenden Maler L hält Saurma-Jeltsch (2001) Bd. 1, S. 139–141 mehr noch als den nur mit geringem Anteil beteiligten Maler M für eine besonders innovative Kraft, die in die Lauber-Werkstatt um 1460 einen neuen Stil einführte: Präzise Trennung von Text und Bild als voneinander deutlich abgesetzte Medien, variantenreiche und differenzierte Zeichnung, die auf kräftigen Kontur verzichtet, geschlossenes Arrangement, sorgfältig nuancierte, in Schichten aufgetragene Farbgebung, wobei für die zum Schluss eingesetzte Binnenzeichnung deckende Farben verwendet werden.

Bildthemen:

siehe Saurma-Jeltsch (2001) Bd. 2, S. 122 f., Bd. 1, S. 246–257 (Konkordanz); Rapp (1998) S. 259–264 (Teilkonkordanz). – Trotz konzeptionell enger Verwandtschaft mit den Bildfolgen in Solothurn und Hamburg erlaubt sich der Zeichner der Wolfenbütteler Handschrift gelegentlich Alleingänge in der Bildthemenwahl (z. B. 17r: anstelle der sonst üblichen Erschaffung Evas zeigt die Wolfenbütteler Handschrift die Erschaffung Adams, 20v: anstelle der verhinderten Opferung Isaaks zeigt sie den Gang Isaaks zum Opferaltar, 178r: anstelle von Sauls Tod durch das eigene Schwert zeigt sie die Beweinung von Sauls Leichnam). Typisch für Wolfenbüttel sind aber auch die narrativen Ausschweifungen bei der Formulierung der vorgegebenen Themen, die manchmal Anzeichen für besondere Textnähe aufweisen; so z. B. 110r, wo die Anbetung des goldenen Kalbes erweitert ist um die Darstellung von dessen Herstellung: Aaron (und Mirjam?) sammeln die Kleinodien der Israeliten ein, die eingeschmolzen werden, um daraus ein Kalb zu gießen.

Die Verwirrung der Bildfolge im Bericht über Hagar und Ismael steht in direktem Zusammenhang mit der falschen Bildthemenzuordnung in der Solothurner (und der Straßburger) Handschrift: In Wolfenbüttel ist nicht nur anstelle des Bildes von Hagar und dem Engel dasjenige Hagars mit Ismael und dem Engel eingefügt, das das Thema von Hagars und Ismaels Errettung durch den Engel (vgl. 54r) vorwegnimmt; darüber hinaus ist dieses Bild auch noch falsch platziert worden; es geht der Darstellung von Sara, wie sie Abraham erlaubt, zu Hagar zu gehen, voraus statt ihr zu folgen (50v–51r).

Farben:

breite Palette an Grün- und Brauntönen, daneben Rot, Blau, Schwarz.

Literatur:

von Heinemann (1890–1903) 1, S. 49 f. – Merzdorf (1870) S. 40 f. (Hs. C); Kautzsch (1895) S. 101 ff. u. ö.; Vollmer (1910) S. 236; Vollmer (1912) S. 94, Nr. 34 u.ö.; Fechter (1938) S. 128; Landolt-Wegener (1963/1964) S. 225 u. ö., Taf. 49c (319r). 53a (329r); Stedje (1968) S. 106 (Hs. C); Traband (1982) S. 90 f.; Saurma-Jeltsch (1990) S. 37 u. ö.; von Bloh (1993) S. 276 f. u. ö., Abb. 87 (11r). 88 (13r). 89 (15r). 90 (17r); Rapp (1994); Rapp (1998) S. 103–105, Nr. 3.2.22., u. ö., Abb. 26 (Textseite 285r); Saurma-Jeltsch (2001) Bd. 1, S. 139–141 u. ö., Bd. 2, S. 122 f., Nr. 80, Abb. 121 (11r). 168 (88v). 170 (74v). 275 (55v). 281 (64v). 292 (306v). 294 (308v), Taf. 30/2 (211r). 30/3 (15r).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 9: 110r. Herstellung und Anbetung des goldenen Kalbes.

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Abb. 9.