KdiH

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59.2.4. Regensburg, Fürstlich Thurn und Taxis’sche Hofbibliothek, Ms. 175

Bearbeitet von Ulrike Bodemann

KdiH-Band 7

Datierung:

Ca. 1470–1475 (Wasserzeichen).

Lokalisierung:

Elsass (Hagenau), Umkreis Diebold Laubers (Text).

Besitzgeschichte:

Aus der Benediktinerabtei Neresheim (Eintrag Vorderdeckel – jetzt abgelöst – und Ir: Imp. Mnrii. Neresheim – 17./18. Jh.).

Inhalt: Historienbibel Ib
1r–252va Alte Ee
1ra–vb Prolog
2ra–4ra Zweiter Prolog und Engellehre
4rb–252va Prosakompilation aus Historienbibel Ia und IIa

bis Kap. Wie Josias für das volcke gott opfferte von hochvart darumbe verhenget gott das er vssewtzig wart
darin: 179va–184va ›Hoheslied in Minneliedern‹ Et reliqua Mich kußte mynneklicher kuß …

253ra–284vb Marquard von Lindau, ›Auszug der Kinder Israel‹, deutsch

unvollständig wegen Blattverlusts

285ra–346v Neue Ee
285ra Registerfragment

nur die letzten zwei Titel Von dem Endecrist und Von dem Jüngsten geriht vorhanden

285v Bild
286ra–346v Prosaauflösung des ›Marienlebens‹ von Bruder Philipp

unvollständig, Abbruch im Kap. Also vnser herre erstunt an dem Österlichen tage vnd siner muͦter erschein, auch die ursprünglich folgenden Textteile ›Antichrist‹ und ›Jüngstes Gericht‹ fehlen

I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, 346 Blätter (fehlende Blätter: mindestens zwei Blätter nach 10, mehrere Blätter nach 153, ein Blatt nach 154, mehrere Blätter nach 172, mindestens ein Blatt nach 194, ein Blatt nach 196, mehrere Blätter vor 285, ein Blatt nach 286 und 342, mindestens zwei Blätter nach 343 und 344, mindestens drei Blätter nach 292, mindestens vier Blätter nach 345, mehrere Blätter nach 346; dazu zahlreiche defekte Blätter mit Text- und Bildverlust; seit der Restaurierung Ende der 90er Jahre vorn und hinten je ein altes und ein neues Vorsatzblatt außerhalb der Zählung), je zwei Einzelblätter auf einen Falz geklebt, so dass daraus ein Bogen entsteht (ob dies durchgängig der Fall ist oder – vergleichbar mit der Straßburger Handschrift [Nr. 59.2.7.] – nur teilweise, lässt sich nach der Restaurierung nicht mehr entscheiden), 367 × 258 mm, zweispaltig, 32–34 Zeilen, Bastarda, eine Hand (nach Rapp identisch mit Straßburg), in der ersten Zeile cadellenhaft verzierte Versalien, rote Kapitelzählungen, Kapitelüberschriften, Kapitellombarden über drei bis vier Zeilen, Strichel, Unterstreichungen (Eigennamen, lateinische Passagen u. a.). Ledersinakeln an allen Bildseiten (wie Solothurn [Nr. 59.2.6.]).

Schreibsprache:

elsässisch.

II. Bildausstattung:

77 erhaltene kolorierte Federzeichnungen, 52 (von ursprünglich vielleicht 56) zur Alten Ee, 25 (von ursprünglich ca. 30) zur Neuen Ee. Zwei Initialen: 1ra R und 286ra M. Ein Zeichner.

Format und Anordnung:

die Initialen 1ra und 286ra gut viertelseitig über 20 Zeilen, mehr als die linke Spaltenbreite umfassend, die Illustrationen meist halbseitig oder etwas größer, nicht selten aber auch ganzseitig; zusammen mit der Überschrift, die als Bildtitel fungiert, dem Text des Kapitels vorangestellt, doch gelegentlich auch im fortlaufenden Text. Eingefasst in schwarzer, sehr gerader Begrenzungslinie (Feder und Lineal), dazu außen breiterer Pinselstrich, der erst nachträglich angebracht wurde und den angrenzenden Text ausspart. Manchmal überschreitet das Bildformat die vorgegebene Breite des Schriftspiegelrahmens deutlich.

Bildaufbau und -ausführung:

strenge und klare Linienführung in unabgesetzten Federzügen, sehr akkurat auch die kurzen Kringel und Strichel für die Haartrachten. Kaum modellierende Schraffuren oder Strichelungen (nur für nachträgliche Angaben von Schattenpartien). Kantige, wie gemeißelte Faltenwürfe. Plastizität wird durch Farbschattierung (häufig Grau) und Aussparung des Papiergrunds erzeugt. Konturen mehrfach nachgearbeitet (26v, 55v u. ö.). Figuren mit runden flächigen Gesichtern, langen breiten Nasen; in figurbetonter Kleidung, die Frauen mit sehr schmaler Taille; lange Gewänder voluminös in kantigem Faltenwurf (69r, 71r u. ö.) und wie vom Wind aufgebauscht (89v, 219r), Israeliten oft mit Ballonhüten. Die Figuren agieren großformatig in der vorderen Bildebene, dem Betrachter möglichst nahe, mit ausführlichen Landschafts- und Architekturrequisiten, die oft bis nahe an den oberen Bildrand reichen, diesen gelegentlich auch überschreiten. Zuweilen räumliche Landschaftserweiterungen (304r Verkündigung an die Hirten). Hintergrund meist freistehend, öfters ist der Himmel durch waagerechte Pinselstriche angedeutet. Innenansichten sehr streng und symmetrisch aufgebaut (296v, 298r, 317v u. ö.) und leicht »hochgeklappt« wirkend; dabei punktuell eine auffallende Detailfreude: z. B. in dem ansonsten kargen Raum des Passahmahls (77v) die rosettenförmig gedrechselten Tischbeinfüße, vor der Bettstatt Davids und Batsebas (153v) der Nachttopf und die abgestellten Schuhe, die Verkündigung (298r) mit detaillierter Innenraumausstattung. Die Platzierung der Figuren im Raum führt gelegentlich zu erfindungsreichen Lösungen: So sind in der ansonsten konventionellen Abendmahldarstellung (342v Johannes auf Jesu Schoß, das Haupt auf dem Tisch ruhend; Jesus reicht Judas das Brot) zwei Apostel in Rückenansicht zu sehen, deren Köpfe durch perspektivische Nimben mützenartig verdeckt werden. Durchgängig sind Rüstungen sehr genau gezeichnet, z. B. 115r im Kampf Gideons dieser in einer Kombination aus Beinharnisch, Kettenhemd, darüber Wams mit Schlitzärmeln, geöffnetem Visierhelm, beachtenswert auch die unterschiedlichsten Handwaffen in diesem Bild. Auffallend in der Farbgebung: Im Schlussteil der Handschrift kommt Blau nicht mehr vor (so auch schon 97v–113v) und wird gegebenenfalls (Himmel) durch Braun ersetzt.

Initialen: Buchstabenkörper grün, mit violettrotem bzw. umgekehrt violettrot mit grünem Filigranrankenwerk.

Bei der Handschrift könnte es sich ähnlich wie bei der unbebilderten Colmarer Historienbibel (Nr. 50.2.1.) um ein »Halbfertigprodukt« aus dem Umfeld Diebold Laubers handeln: Für die Entstehung in unmittelbarer Nähe der Lauber-Werkstatt spricht neben der für die späteren Lauber-Historienbibeln der Gruppe Ib charakteristischen Einrichtung der Handschrift (z. B. auffallend großer Abstand zwischen den Kapiteln, übergroße Initialen zu Beginn der Alten und Neuen Ee) auch deren zumindest teilweise Zusammensetzung aus Lagen, deren Blätter im Großfolioformat aus je zwei auf einen Falz montierten Quartblättern zustande kamen. Hinzu kommt die von Rapp zu Recht vermutete Identität des Schreibers mit demjenigen der Straßburger Historienbibel (Nr. 59.2.7.). Mit Illustrationen versehen wurde die Handschrift womöglich erst nachträglich, da eine Beziehung des Buchmalers zur Lauber-Werkstatt vorerst nicht nachzuweisen ist. Im Illustrationskonzept der Handschrift wird jedoch ein Kategorienwechsel zum Abschluss gebracht, den Saurma-Jeltsch im Bemühen des Malers L vorbereitet findet (siehe zur Londoner Handschrift [Nr.59.2.3.]): Bild und Text treten sich als eigenständige Medien gegenüber.

In der Versuchung Jesu (331r) ist der Bildteil mit dem Satan nachträglich herausgerissen worden.

Bildthemen:

siehe Rapp (1998) S. 259–264 (Teilkonkordanz). – Die in Regensburg überlieferte Textredaktion ist eng mit derjenigen der Straßburger (Nr. 59.2.7.) und der Colmarer Handschrift (Nr. 59.2.1.) verwandt. Dies überträgt sich auf die Konzeption des Bildprogramms, wobei Colmar und Straßburg sich jedoch näher stehen als eine von ihnen der Regensburger Handschrift. Für manche Themenwahlen wie 26v Ninias lässt ein Bildnis seines toten Vaters herstellen, 35v Opfer Abrahams und Segen Gottes, 69v Die Israeliten durchqueren das Rote Meer, gibt es in der Überlieferung der Redaktion Ib gar keine Parallelen. Dass sich Regensburg in der Themenausführung individuell zeigt (Opfer Abrahams mit Dreifaltigkeitskreuz am Himmel, Durchquerung des Roten Meeres mit Säule Gottes), erstaunt angesichts der vermutlich erst nachträglichen Bebilderung nicht. Manche Details jedoch lassen vermuten, dass es sehr wohl Bezüge gab: Bei der Gestaltung der Alexander-Thematik etwa wirkt sowohl Alexanders Meerfahrt ( 236v) wie eine Weiterentwicklung der Solothurner Version (vgl. Nr. 59.2.6.; Alexander in der Tauchkugel ist hier nicht zu sehen, sondern seine Frau, die Leine haltend, und – im Vorgriff auf das folgende Kapitel – deren Liebhaber) wie auch Alexanders Greifenflug (238r Alexander von heraldisch akzentuierten Greifen emporgehoben).

Farben:

mattes, leicht ins Oliv gehendes Grün, weniger häufig helles Kupfergrün, leuchtendes Blau, Braunviolett, Grau (viel), Braun (meist sehr durchscheinend), Inkarnat blasses Orangerosa, leuchtendes Rot kommt so gut wie nicht vor (selten Lippenrot, ausnahmsweise Flammen, 71r und 86r Rotes Meer), sehr blasses Gelb.

Literatur:

Merzdorf (1870) S. 41 f. (Hs. Q); Vollmer (1912) S. 91 f., Nr. 29; Stedje (1968) S. 109 (Hs. Q); Palmer (1983) S. 109; von Bloh (1993) S. 271 f. u. ö., Abb. 57 (2v); Rapp (1998) S. 92–95, Nr. 3.2.19. u. ö., Abb. 30 (288v).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Taf. I: 236v. Alexanders Meerfahrt.

Abb. 6: 62r. Joseph wird von seinen Brüdern verkauft.

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Taf. I.
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Abb. 6.