KdiH

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43.1.48. Darmstadt, Hessisches Landesmuseum, Graphische Sammlung, Inv.-Nr. GR. 3229; Inv.-Nr. GR. 3235–3237; Inv.-Nr. GR. 3243–3245; Universitäts- und Landesbibliothek, Hs 1916

Bearbeitet von Regina Cermann

KdiH-Band 5

Datierung:

Um 1470 (Achten/Knaus [1959]).

Lokalisierung:

Köln.

Besitzgeschichte:

Nach Achten/Knaus (1959) vielleicht aus dem Kölner Augustinerinnenkloster St. Maria Magdalena. Über Baron Hüpsch (1730–1805; vgl. Lust und Verlust [1995] S. 45–76, 355 f., 527–545) an Landgraf Ludewig X. von Hessen-Darmstadt gelangt (ältere Signaturen der Sammlung Hüpsch: 183, 66). Im 19. Jahrhundert wurden Graphiken aus Handschriften der Hofbibliothek systematisch herausgeschnitten und an das Kupferstichkabinett überwiesen (vgl. Lehrs [1889] S. 250).

Inhalt: Mariengebetbuch (Gegenstück zu Nr. 43.1.155a.?)

1r–8v

leer

9r–70r

Marienpsalter (150-teilig), Prolog O here wils op doen mynen mont …, 10v Selich is der man der da lieff haet den namen …, 65v Litanei

70v

leer, unregelmäßig ausgeschnittenes Loch mitten im Blatt, ca. 6,7 mm hoch, Klebespuren

71r–85v

Rosenkranz (dat gulden seltergyn vnser lieuer vrouwen), Augustinus zugeschrieben, bricht 85v ab … xlviij. Gegroit systu … de sunne mit den sternen verduiste

nach 85 [GR. 3244r]

Schluß vom Rosenkranz Mariens (50-teilig), … hertzen. l. [Geg]roit systu blenckende sc[…] / moder gotz …, [Hij e]ndet dat gulden seltergyn / … vrouwen sere suuerlichen

86r–89v

14 Benediktionen Mariens

nach 85 [GR. 3244v]

Holzschnitt: Anna selbdritt (Schreiber 1210), s. Nr. 43.1.87., 424v. Danach gepauste Miniatur: Darmstadt, Landesmuseum, Grapische Sammlung, AE 330; seitenverkehrter Kupferstich vom Meister mit den Blumenrahmen oder dem Meister des Dutuitschen Ölbergs (nicht bei Lehrs): Darmstadt, Universitäts- und Landesbibliothek, Hs 1852, 99v (vgl. Schmitt [1995] Abb. 3), Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 1272 Helmst., 62v (vgl. http://diglib.hab.de?grafik=1272-helmst-00001/)

90r

Rosenkränzchen

90v

leer

nach 90 [GR. 3235r?]

leer

91r–99v

Rosenkranz (62-teilig)

nach 90 [GR. 3235v?]

Holzschnitt: Verkündigung (Schreiber 48)

99v–110r

Mariengebete: 99v ›Sieben himmlische Freuden Mariens‹
(Überführungs-Typus; 1.–3. Freude, Anfang der 4.), 100r–102v, ›St. Bernhards Mariengruß‹, 102v–103v Mariengruß, 103v–104v weiterer Mariengruß, Schluß fehlt, 105r–107r Fünf Schmerzen Mariens, 107r–109r ›O intemerata‹, deutsch, 109r–110r Bittgebet, 110r Rubrik, Gebet fehlt Item eirst saltu lesen l. Aue maria Ind dan dit na gescr. gebet lesen mit ynnicheit

nach 99 [GR. 3237r]

›Sieben himmlische Freuden Mariens‹, Schluß (5.–7. Freude), ›Salve regina‹, lateinisch, Schluß fehlt

nach 99 [GR. 3237v]

Holzschnitt: Darbringung im Tempel (Schreiber 118), vgl. Nr. 43.1.67.

nach 104 [GR. 3245r]

Mariengruß, Anfang fehlt … [b]armhertzicheit. God gruesse dich eyni/ge rode rose bloeme maria, van wilch/er de propheten menchveldelichen gepro/phentiert hauen. Ind sonderlingen de / prophete ysaias, de sachte, It soilde yp/gaen eyne roede vs der wortzelen yesse

nach 104 [GR. 3245v]

Holzschnitt: Pietà (Schreiber 979)

110v

Spuren eines Holzschnitts: Madonna auf einem Kissen unter einem Portal sitzend (Schreiber 1065?), vgl. nach 160

110v–117v

›Goldene Tagzeiten Mariens‹ (vgl. Nr. 43.1.26., 227v–246v; Nr. 43.1.39., 2v–18r; Nr. 43.1.74., 55r–70r), bricht 117v in der Komplet ab

nach 110

Holzschnitt: ?

nach 117 [GR. 3236r]

›Goldene Tagzeiten Mariens‹, Ende der Komplet

118r–123r

Gebet zu den Gliedern Mariens (›Krönlein Unserer Lieben Frau‹)

nach 117 [GR. 3236v]

Holzschnitt: Geburt Christi (Schreiber 74), s. Nr. 43.1.87., 17v

123v–140v

Vier Mariengebete, darunter Bonaventura, ›Corona beatae Mariae virginis‹, deutsch (124r–127v)

123v

Holzschnitt: Anbetung der Hl. Drei Könige (Schreiber 110a)

140v–150r

Gebete zur Weihnachtszeit: 140v–141v Zehn Punkte zur Betrachtung des Kindes in der Krippe In der kyrsnacht ouerdencke dese na geschreuene puntgyn … Dat eirste puntgen, … bricht 141v ab Ind we dat hij dyn here ind dyn god dyn schepper ind …, 142r–144r Gebet zum Jesuskind, 144r–145r Gebet zu Christus, 145v–150r drei Gebete zu Maria, eines zu Joseph

nach 141 [GR. 3229r]

Anleitung zur Anbetung des Kindes, Anfang fehlt … dyn verloeser is. Ind dat hij dit van vn[vs]/sprechlicher mynnen omme dynen willen / alsus hart ind bitter woulde annem[en] / ind liden

nach 141 [GR. 3229v]

Holzschnitt: Christkind in einer Blüte (Schreiber 817), s. Nr. 43.1.152., 44v

150v

Zwei Aussprüche über Maria, einer von St. Bernhard

150v–154r

Veilchenkranz Mariens

154v–155v

›72 Namen Mariens‹ (Kornrumpf [2004] Sp. 1707)

156r–160v

Gebet, der hl. Birgitte offenbart O Myn vrauwe myn leuen eyn conynckyne der hemelen

nach 160 [GR. 3243r?]

leer

160v–163r

Leidenskränzchen (anaphorisches Tagzeitengebet) Ihesus xpūs vnse leue here … diende zo vesper zyt …, Ihesus xp̄s Alle hillischeit knede

nach 160 [GR. 3243v?]

Holzschnitt: Madonna auf einem Kissen unter einem Portal sitzend (Schreiber 1065), vgl. 110v (Schmitt [1995] Abb. 10). Danach gepauste Miniatur (ohne Portal): Darmstadt, Landesmuseum, Graphische Sammlung, AE 334; Kopien als Metallschnitt (Schreiber 2492) und Teigdruck (Schreiber 2823: Paris, Bibliothèque Nationale, Département des Estampes, Ea 1 rés., in 4°; vgl. Hébert [1982–1983] Bd. II, S. 373, Nr. II, mit Abb., und Schreiber 2824b), seitenverkehrter Kupferstich (ohne Portal): Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 85.14. Aug. 12°, 245v (vgl. http://dbs.hab.de/grafik/)

163v–166v

leer
I. Kodikologische Beschreibung:

Landesmuseum: Papier, 7 Fragmente (allseits beschnitten), 72–99 × 48–86 mm, Bastarda, eine Hand, einspaltig, 7–20 Zeilen, Rubriken, rote Strichel, Unterstreichungen, Caputzeichen, einzeilige rote und blaue Lombarden.

Universitäts- und Landesbibliothek: Papier, 166 Blätter, moderne Bleistiftfoliierung, 141 × 104 mm. Lagenformel: IV8, 6 VI80, VI–290 (nach 85 [GR. 3244], 90 [GR. 3235]), VI–I101 (nach 99 [GR. 3237]), V–1110 (nach 104 [GR. 3245]), VI–2120 (vor 111, nach 117 [GR. 3236]), VI132, VI–1143 (nach 141 [GR. 3229]), VI155, VI–1166 (nach 160 [GR. 3243]). Reste von Lagensignaturen 45r diij, 59r ei[ij], 60r e[iv], 71r f[iij], 72r fi[v] etc. Haupthand: Bastarda (begegnet in Nr. 43.1.155a. wieder), einspaltig, 20 bis 22 Zeilen, Rubriken, Unterstreichungen, Caputzeichen, ein- bis dreizeilige rote und blaue Lombarden, zwei- bis sechszeilige blaue Initialen mit z. T. ausgespartem Ornament und rosafarbenem Fleuronnée (10v, 21r, 25v, 31r, 36r, 40r, 46r, 50v, 64v, 71r, 86r, 91r, 105r, 107r, 111r, 118r, 124r, 128r, 133r, 142r, 147r). Zwei verwandte gleichzeitige Schreiberhände: I. 90r, 150v–155v, 160v–163r, II. 156r–160v.

Schreibsprache:

ripuarisch (Achten/Knaus [1959]).

II. Bildausstattung:

Acht, ehem. elf Holzschnitte (bei Escherich [1916b] fälschlicherweise als Metallschnitte bezeichnet): einer intakt in der Handschrift verblieben (123v), acht herausgeschnitten (als ganze Blätter), sieben davon in die Graphische Sammlung gelangt (einst hinter Blatt 85, 90, 99, 104, 117, 141, 160), einer wohl verloren (nach 110), zwei weitere vermutlich durch unsachgemäßes Herausschneiden (70v) bzw. Ablösen (110v) zerstört.

Format und Anordnung:

Die Holzschnitte wurden entlang der Umfassungslinien ausgeschnitten, mittig auf leere verso-Seiten zu Beginn neuer Texteinheiten geklebt und erst dann koloriert. Annähernd im gleichen Format Schreiber 48, 74, 110a, 118, 979, 1065 (65–73 × 56–60 mm), etwas größer Schreiber 817 (90 × 79 mm), schmaler Schreiber 1210 (65 × 44 mm). Bis auf Schreiber 817 besitzen die Holzschnitte schmale Rahmenleisten mit schwarzen Eckquadraten. Die Fragmente in der Graphischen Sammlung waren bis 1999 fest aufgezogen, so daß eine Zuordnung und Rekonstruktion erst nachfolgend möglich wurde. Unsicher ist die Plazierung von GR. 3235 nach Blatt 90 und GR. 3243 nach Blatt 160, weil hier die Rückseiten unbeschrieben sind und GR. 3243 motivisch nicht zu dem – obzwar von anderer Hand geschriebenen – Text passen will. Da aber das vor 111 fehlende Blatt auf der recto-Seite beschrieben gewesen sein muß (vgl. Rubrik auf 110r) und die ursprünglich auf 70v und 110v vorhandenen Holzschnitte beschädigt, wenn nicht gar vollends zerstört sein dürften, kommt kaum eine andere Lösung in Frage.

Bildaufbau und -ausführung:

Vier Holzschnitte, Schreiber 48 (Verkündigung), 74 (Geburt), 110a (Anbetung), 979 (Pietà), gehören zur sog. Gulden puchlein-Gruppe (benannt nach München, Staatsbibliothek, Dauerleihgabe der Graphischen Sammlung, o. Sign.; vgl. Schreiber Folge 46, Weigmann [1918], Schmidt [1998] S. 72–80, Schmidt [2003] bes. S. 19–40, 348–353, Die Anfänge der europäischen Druckgraphik [2005] S. 44–47, Kat. Nr. 18–20, 43 f., 50), einer wohl um 1440 entstandenen und nachfolgend in zahlreichen Kopien vorrangig im fränkischen, bayerischen, schwäbischen Raum verbreiteten Holzschnittserie. In diesen Kontext gehört wohl auch das Jesuskind in einer Blüte (Schreiber 817), das nochmals in einer Handschrift aus dem Nürnberger Katharinenkloster zusammen mit anderen Kopien aus der Gulden puchlein-Gruppe vorkommt (s. Nr. 43.1.152., 44v; vgl. Schmidt [2003] S. 444 f., Abb. 68). Es unterscheidet sich von den übrigen Blättern nicht nur durch ein leicht größeres Format, sondern auch durch die Art der Rahmung (doppelläufige Linien). Von der Gulden puchlein-Gruppe abgerückt hatte Weigmann ([1918] S. 9 f.) bereits Schreiber 118 (Darbringung) und 1210 (Anna selbdritt). Zusammen mit Schreiber 1065 (Madonna unter Portalbogen) scheinen diese drei Holzschnitte Kölner Ursprungs zu sein:

Schon Escherich ([1916b] S. 8) hatte zwischen Schreiber 118 und Stefan Lochners 1447 datierter Tafel mit der ›Darbringung im Tempel‹ Parallelen gesehen (Darmstadt, Landesmuseum, Inv.-Nr. GK 24). Insbesondere die in einen voluminösen Mantel gehüllte, an den Stufen des Altars stehende Gestalt Mariens weckt diese Assoziation. Der gewölbte Innenraum und die mit Blattwerk gefüllten Zwickel in den oberen Ecken erinnern zudem an eine in der Nachfolge Stefan Lochners stehende historisierte Initiale (s. Nr. 43.1.67.; Abb. in: Blicke in verborgene Schatzkammern [1998] S. 91. Die der Gulden puchlein-Gruppe eigentlich zugehörige Komposition von Mariä Lichtmeß [Schreiber 115–116a] steht dagegen eher in französischer Buchmaler-Tradition, vgl. Meiss [1968] Abb. 287). Die Anna selbdritt (Schreiber 1210) taucht ein weiteres Mal in einem anderen Kölner Gebetbuch auf (Nr. 43.1.87., 424v) und begegnet seitenverkehrt als Kupferstich in einem dritten kölnischen Manuskript (Darmstadt, Universitäts- und Landesbibliothek, Hs 1852, 99v; Weekes [2004] Farbabb. 25). Unter Portalen situierte Figuren wie die Madonna (Schreiber 1065) kennt man von verschiedenen niederrheinischen Kupferstechern in der Nachfolge des Meisters der Berliner Passion (z. B. vom Meister des hl. Erasmus: Lehrs 84; Meister des Dutuitschen Ölbergs: Lehrs 45, 52, 58–64, Lehrs Bd. III, S. 240, Nr. 5b, Van der Stock [2002] Nr. 176; ehem. Israhel van Meckenem zugeschriebenen Blättern: Lehrs 10, 300, 302–304; vgl. auch zwei Holzschnitte in der Inkunabel ›Die Neue Ehe‹, Lübeck: Lucas Brandis, 20. 8. 1478 [Copinger 3349], Abb. TIB Bd. 82, S. 15 f., Nr. 40, 65 sowie die Messingplatte in Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Inv.-Nr. Pl.O. 2794, Abb. MAI Microfiche 7812, Feld B7). Die hier vorliegende Komposition mit der Madonna überdauerte zudem noch im Medium des Metallschnitts (Schreiber 2492), einer in Köln sehr beliebten Technik, und des Teigdrucks (Schreiber 2823, vgl. Abb. II bei Hébert [1982–1983] Bd. II, S. 373; Schreiber 2824b); die Portalarchitektur begegnet fast identisch nochmals in einem Kupferstich vom Meister der Liebesgärten (Lehrs 18; Abb. Hollstein Dutch & Flemish Bd. 12, S. 178). Sowohl die Anna selbdritt, als auch die Madonna wurden von niederrheinischen Buchmalern kopiert (Darmstadt, Landesmuseum, Graphische Sammlung, AE 330, AE 334), von denen einer, der vielleicht in Köln tätige Meister des Stundenbuchs der Eva von Nassau (s. Nr. 43.1.105.; vgl. Dickmann [2004] S. 237–242), auch Holzschnitte aus der Gulden puchlein-Gruppe gekannt hat (Darmstadt, Landesmuseum, Graphische Sammlung, AE 328 [nach Schreiber 208], AE 329 [nach Schreiber 356]).

Die süddeutsche Gulden puchlein-Gruppe war in Köln offenbar stärker präsent, als bislang angenommen: Hatte Schmidt ([1998] S. 77) nur einen Beleg anführen können, nämlich das hier vorliegende Gebetbuch, lassen sich diesem mittlerweile zwei weitere hinzugesellen, Nr. 43.1.87. (mit Schreiber 74, 876, 1210 sowie einem bei Schreiber nicht verzeichneten Holzschnitt [ähnlich Schreiber 546]) und Nr. 43.1.155a. (mit sieben bei Schreiber nicht vorkommenden Holzschnitten: ähnlich Schreiber 132, 227 bzw. 228, 283, 302, 335m, 356, 369), die beide wohl ebenfalls aus dem Kölner Augustinerinnenkloster stammen. Zudem existieren fünf Blätter mit einigen Zeilen Text in ripuarischer Mundart, die sich bislang keinem Codex zuordnen lassen (Nr. 43.1.49. mit Schreiber 284, 318, 369, 506, 876). Aus der populären Holzschnittgruppe hat neben dem Meister des Gebetbuchs der Eva von Nassau noch ein anderer Buchmaler Motive entlehnt und in ein Stundenbuch mit Kölner Kalender und Goldrispendekor übertragen (Nijmegen, Universiteitsbibliotheek, Hs. 292, 75v [nach Schreiber 506], 181r [nach Schreiber 847]). Außerdem hat der Meister mit den Blumenrahmen einige Kompositionen nachgestochen (Lehrs 49 [nach Schreiber 178], 53 [partiell nach Schreiber 369], 69 [nach Schreiber 335]).

Die in Köln gebrauchten Holzschnitte der Gulden puchlein-Gruppe gehören entweder zu Weigmanns (1918) VI. Kopienfolge, einer nicht sehr qualitätvollen Serie, die sich durch kleine schwarze Eckquadrate in den Rahmenleisten auszeichnet, welche zwar auch für Folgen V und IX charakteristisch sind, aber hier entsprechend dem ca. 2 mm kleineren Format schmaler ausfallen, oder zu den der Forschung bislang nicht bekannten Kopien in Nr. 43.1.87. und 43.1.155a., die ebenfalls die für Köln typische Rahmung zeigen, aber besser geschnitten sind. Möglicherweise sind beide Folgen in Köln entstanden.

Zwischen Nord- und Süddeutschland hat es offenbar einen regen Austausch von Bildmaterial gegeben: Die Kölner Darbringung (Schreiber 118) kehrt z. B. stark vergröbert in einem Blockbuch wieder, das wahrscheinlich um 1465–70 in Nürnberg fabriziert worden ist (s. Aderlaß und Seelentrost [2003] Nr. 140; Abb. Bouchot [1903] Taf. 95). 14 der im Blockbuch vorkommenden Kompositionen, die vordem noch in zwei Nürnberger Handschriften zu belegen sind (Schmidt [2003] S. 40–48, 66–69, 319–321, 344–346 u. ö.), tauchen unvermutet 1498 in einer Kölner Inkunabel auf (Köln: Hermann Bungart, 20. 12. 1498, GW M34266; Copinger 2340; Schramm Bd. VIII, Abb. 846 f., 849–852, 854–857, 859–862). Das Äquivalent zur süddeutschen Gulden puchlein-Gruppe stellt eine in Köln und am Niederrhein stark verbreitete Serie zum Leben und Leiden Christi dar (s. unter Nr. 43.1.47.), die zahlreich im Kupferstich, Metall- und Holzschnitt reproduziert wurde und vielleicht um 1475 durch den Zusatz »Sancta colonia + a + g« explizit für die Domstadt reklamiert worden ist. Aus dieser Serie hat z. B. Johann Amerbach in Basel 23 Szenen übernommen (GW 4175, Lehrs Bd. 3, S. 30, 54 f., Folge ›d‹, TIB Bd. 87, S. 136–139) und mit anderem Material vermischt (entgegen Schmidt [1998] S. 85, Anm. 71, gehört nur die Flucht nach Ägypten darin zur Gulden puchlein-Gruppe). Vice versa hat der Meister mit den Blumenrahmen Holzschnitte aus der Gulden puchlein-Gruppe nachgestochen (Nr. 43.1.145., 24v, 32v, 41v), die zusammen mit anderen Kupferstichen der »Kölner Kleinmeister« wiederum ihren Weg nach Süddeutschland gefunden haben (Nr. 43.1.101., Nr. 43.1.145.).

Weitere Holzschnitte aus der Gulden puchlein-Gruppe begegnen in Nr. 43.1.19., Nr. 43.1.142., Nr. 43.1.152., Nr. 43.1.185.

Bildthemen:

Die Holzschnitte wurden nicht immer textspezifisch eingesetzt; dies mag an der Verfügbarkeit des Materials, aber auch an den komplexen Gebetsinhalten liegen: Adäquat erscheint die Anna selbdritt (nach 85), um die Auserwähltheit der Gottesmutter zu illustrieren, die Verkündigung (nach 90), um die Realisierung des göttlichen Heilsplanes anschaulich zu machen, die Pietà (nach 104) zu den Schmerzen Mariens sowie das Kind in der Blüte (nach 141) zur Andacht in der Weihnachtszeit. Weniger glücklich ist dagegen die Darbringung (nach 99) zu einem Mariengruß des hl. Bernhard, in dem Maria als Sanktuarium Gottes gepriesen wird, die Geburt Christi (nach 117) zur Anrufung der Glieder Mariens, die Anbetung der Hl. Drei Könige (123v) zu fünf Freuden Mariens (sog. ›Corona beatae Mariae virginis‹, deutsch), die aus der Verkündigung, Geburt, Auferstehung, Himmelfahrt Christi und ihrer eigenen Himmelfahrt bestehen. Ungewiß sind die Motive, die dem Rosenkranz bzw. den ›Goldenen Tagzeiten‹ einst vorausgingen (70v, nach 110), unbekannt der Text, den die Madonna (110v) zierte, gänzlich unbefriedigend die Situierung der Madonna (nach 160) vor dem Leidenskränzchen.

Sollte vorliegende Handschrift ein Pendant zu Nr. 43.1.155a. darstellen, wurden hier konzentriert die Marienthemen versammelt, während man dort die Passion abgehandelt hat. Die Madonna unter dem Portalbogen hat man offenbar zweifach besessen (110v, nach 160), wenn das zerstörte Blatt – wie Schmitt ([1995] S. 303) vermutet – kein Nachschnitt gewesen ist.

Farben:

Sorgfältig koloriert mit Rot, Gelb, Grün, Grau, Rosa.

Digitalisat:

Darmstadt, Universitäts- und Landesbibliothek, Hs 1916: http://tudigit.ulb.tu-darmstadt.de/show/Hs-1916

Literatur:

Escherich (1916b) S. 8, Nr. 7–12 (Abb. aller Holzschnitte außer Schreiber 110a, 817); Achten/Knaus (1959) S. 261–264, Nr. 65. – Schreiber unter Folge 48, Abb. in TIB Bd. 161, Nr. 048, 074, 110-1, 118, Bd. 163, Nr. 817, 979, Bd. 164, Nr. 1065, 1210; MAI Microfiche 11832, Feld D2, D5 (GR. 3235v, 3236v, 3237v, 3245v, 3244v, 3243v; irrtümlich unter Köln, Wallraf-Richartz-Museum) bzw. unter http://www.bildindex.de; Weigmann (1918) S. 9 f. (Folge VI), 11; Hilg (1985) Sp. 385, 388, 390; Hilg (1992) Sp. 1167; Schmitt (1995) S. 300, 303 f., Abb. 4 (GR. 3244v), 10 (110v), 11 (GR. 3243v); Schmidt (1998) S. 77.

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Abb. 72: GR. 3237r. Textseite.

Abb. 73: GR. 3237v. Darbringung Christi im Tempel (Holzschnitt).

Abb. 74: 123v+124r. Anbetung der hl. Drei Könige (Holzschnitt). Textseite mit Fleuronnée-Initiale.

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Abb. 72.
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Abb. 73.
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Abb. 74.