KdiH

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26B.1.5. Praha, Národní Knihovna České republiky (Nationalbibliothek der Tschechischen Republik), VII.A.18

Bearbeitet von Kristina Domanski

KdiH-Band 3

Datierung:

1470–1480.

Lokalisierung:

Konstanz.

Besitzgeschichte:

Im 19. Jahrhundert im Besitz des Fürsten Gagarin, St. Petersburg, 1946 als Geschenk an den tschechoslowakischen Staat in die Nationalbibliothek Prag gekommen.

Inhalt:
1r–36v Ulrich Richental, ›Chronik des Konstanzer Konzils‹, unvollständig

fragmentarischer Bildteil mit lateinischen Tituli

Handschrift Pt

I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, [I] + 36 + [I] Blätter erhalten (in der ursprünglichen Anordnung folgten auf Blatt 6 die Blätter 23–36, dann die Blätter 7–22; die Blätter 35 und 36 sind jeweils verdreht eingebunden. Nicht foliiert, bis auf eine einzelne Bleistiftzählung 10r rechts oben), 370–380 × 245–255 mm, bei der Restaurierung 1989 beschnittene Ränder auf 408 × 280 mm ergänzt, Textualis, eine Hand, Bilderläuterungen umfassen bis zu sechs Zeilen.

Schreibsprache:

lateinisch (Bildtituli).

II. Bildausstattung:

67 Seiten mit kolorierten Federzeichnungen (3r, 3v–4r, 4v, 5r, 5v, 6r, 6v, 7r–10v, 11r, 11v, 12r, 12v, 13r, 13v, 14r, 14v, 15r, 15v, 16r, 16v, 17r, 17v, 18r, 18v–19r, 19v–20r, 20v–21r, 21v–22r, 22v, 23r, 23v, 24r [2], 24v–25r, 25v–26r, 26v–27r, 27v, 28r–29r, 29v–30r, 30v–31r, 31v, 32v–33r, 33v–34r, 34v–35v, 35r, 36r, 36v), 1r, 1v und 2r die Wappen der sieben Kurfürsten, 2v und 32r leer. Illustrationen von mehreren Händen einer Werkstatt ausgeführt.

Format und Anordnung:

Das Fragment gehörte ursprünglich vermutlich zu einer Aktensammlung mit angehängtem Bildteil, vergleichbar dem verbrannten, ehemals in Salem aufbewahrten Exemplar (Wacker [2002] S. 215. 245; Buck [2000] S. 593–602). Die überwiegend ganzseitigen Darstellungen werden bis auf wenige Ausnahmen (3r, 5v) von lateinischen Bilderläuterungen begleitet, 13 Illustrationen sind doppelseitig angelegt (3v–4r, 18v–19r, 19v–20r, 20v–21r, 21v–22r, 24v–25r, 25v–26r, 26v–27r, 29v–30r, 30v–31r, 32v–33r, 33v–34r, auch 34v und 35v bilden eine Doppelseite), einige Darstellungen erstrecken sich über mehrere Seiten (Einzug des Papstes: 6r, 6v, 23r, 23v, Fronleichnamsprozession: 7r–10v), einige in mehrere Register unterteilt (z. B. 6r, 6v, 23r, 23v, 11r, 11v und 13v). Nur Blatt 24r zeigt zwei Illustrationen zu verschiedenen Ereignissen. Rahmung der Illustrationen durch Beschneiden der Blattränder nur teilweise als einfache, mit schwarzer Tinte gezogene Linie erhalten, bei doppelseitigen Darstellungen sind beide Bildfelder einzeln gerahmt, etwa 3v–4r, 18v–19r, 24v–25r, 25v–26r, 26v–27r, 29v–30r. Abfolge und Aufteilung der Illustrationen in Register stimmt mit der Konstanzer Handschrift überein (Nr. 26B.1.3.), allerdings einige der dort nur halb- bis dreiviertelseitigen Illustrationen hier auf ganzseitiges Format vergrößert (5r, 5v, 14v, 15v, 17r, 18r, 27v, 35r, 36v).

Bildaufbau und -ausführung:

An der Herstellung der sorgfältig ausgeführten Illustrationen dürften mindestens zwei Zeichner mitgewirkt haben, die sich vor allem in der Ausarbeitung der Physiognomien und der Figurenproportionen unterscheiden. Gemeinsam ist ihnen die Verwendung schwarzer Tinte, eine ungebrochene Konturlinie in wechselnder Stärke, sparsame Binnenzeichnung, die bis auf wenige Angaben zum Faltenwurf aus kurzen parallelen Schraffuren in den Faltentälern und seltenen Kreuzschraffuren für verschattete Partien besteht. Den Zeichenstil haben bereits Kautzsch (1894b) S. 483–486 und Fischel (1964) S. 46 mit der New Yorker und der ehemals in Ettenheim aufbewahrten Handschrift verglichen (Nr. 26B.1.4. und Nr. 26B.1.1.).

Die hauptsächlich im vorderen Teil arbeitende Hand (3r–5v, 24v–36r) charakterisieren eine nur bei den Gesichtspartien zuweilen abgesetzte Konturlinie und ausgeprägte, mit wenigen feinen Federstrichen markierte Physiognomien, die vereinzelt karikierende Züge annehmen (z. B. 3v, 5r), sowie große anatomische Stimmigkeit der variantenreich wiedergegebenen Figuren. Glattere Konturen, eine weniger subtile Gestaltung der Gesichter und eine geringere Beweglichkeit der Figuren in anderen Illustrationen (15r–20r) sowie die vereinzelt unausgewogenen Figurenproportionen (z. B. 24r) deuten auf die Mitarbeit mindestens einer weiteren Hand hin. Auf die Entstehung der Handschrift in einem Werkstattzusammenhang verweist ebenfalls die Kolorierung der Bilder, die in zwei Partien ausgeführt wurde, da sich der ursprünglich vordere Teil der Handschrift (die Blätter 1–6 und 23–36) und ihr zweiter Teil (7–22) in Farbgebung und -auftrag deutlich unterscheiden.

Die Datierung der Handschrift mithilfe stilistischer Vergleiche fällt uneinheitlich aus. Kautzsch (1894b, S. 450) datiert um 1470, Fischel (1964, S. 46 f.) etwas später, bis um 1480. Pächt (1952/53, S. 177 Anm. 13) – und ihm folgend Ivo Hammer (in seiner unpublizierten Dissertation 1975, S. 155) sowie Konrad (Buchmalerei im Bodenseeraum [1997] S. 302) – halten eine deutlich frühere Entstehung bereits um 1450 für möglich (kritisch zu den dort angeführten Vergleichen Jeffrey Hamburger in: Splendor of the Word [2005] Kat. Nr. 25, S. 131 f. Anm. 10).

Bildthemen:

Der unvollständig überlieferte Bildzyklus bricht mit der doppelseitig angelegten Darstellung zur Versorgung des Konklaves mit Speisen ab, von der mit Bl. 22v nur die linke Hälfte erhalten ist (vergleichende Bildthementabellen bei Kautzsch [1894b] S. 492–495, Wacker [2002] Anhang I, Buck [2004] S. 438–443; Auflistung der dargestellten Themen bei Wacker [2002] S. XI f.). Bereits Kautzsch (1894b, S. 457–461) hat die große Übereinstimmung des Bildzyklus mit jenem der Konstanzer Handschrift festgestellt, die sich von der Auswahl und Abfolge der Illustrationen, über die Anordnung der Bildsequenzen – wie etwa die Untergliederung einiger Illustrationen in Register – bis hin zu ikonographischen Details wie Ausstattung der Figuren mit besonderen Attributen oder Gesten erstreckt. Gisela Wacker hebt die grundsätzlich konziliaristische Tendenz des Bildprogramms hervor, worauf bereits die Illustration zur Konzilseröffnung im Münster (24v–25r) hinweise. Die antithetische Gegenüberstellung der Prachtentfaltung der päpstlichen Kurie mit Beispielen der Bescheidenheit – etwa mit den beiden Totenfeiern für den Kardinal von Bari und den Bischof von Salisbury (12v–13r und 17r–17v) oder die Konfrontation des Papstes in prunkvollem Ornat mit dem demütig barhäuptigen Kaiser bei der Kerzenweihe (30v–31r) – lasse auf eine kritische Haltung gegenüber dem päpstlichen Klerus schließen. Ikonographische Analogien der Darstellungen des Jan Hus zur Passion Christi sprächen zudem für eine reformfreundliche Haltung, während der stark entwickelte physiognomische Realismus gemeinsam mit der Berücksichtigung der genrehaften Marktszenen einen Amtsträger – etwa einen Schreiber oder Notar – bürgerlicher Herkunft als Auftraggeber wahrscheinlich mache (Wacker [2002] S. 235–242. 249 f.)

Farben:

Im ursprünglich vorderen Teil der Handschrift (die Blätter 1–6 und 23–36) eine von Rot (Rosarot), Blau und Grün dominierte Farbigkeit, bei der laviert aufgetragene Farbtöne wie das helle Grün des Terrains mit deckenden Farbtönen, Kobaltblau und Grün, sorgfältig kombiniert werden. Im zweiten Teil der Handschrift (7–22) herrscht ein lavierender Farbauftrag aus Rot- (Orangerot)-, Blau- und Brauntönen vor, das deckende Grün fehlt fast vollständig.

Faksimile:

Concilium constantiense 1414–1418. Hrsg. von der Kaiserlich Russischen Archäologischen Gesellschaft in St. Petersburg. St. Petersburg 1874 (nur teilweise koloriert).

Literatur:

Kautzsch (1894b) S. 450. 457–461. 483–486. 496; Lehmann-Haupt (1929) S. 94; Pächt (1952/53) S. 176–178, Abb. 6 (28r, nach dem Faksimile); Fischel (1959) S. 326; Fischel (1964) S. 43. 46–48. 70 f., Taf. V (30v), Abb. 22–25 (3v, 5r, 14r, 11r); Ivo Hammer: Typologie und frühbürgerlicher Realismus. Die Biblia Pauperum Weigel Felix. Pierpont Morgan Library N.Y, Ms. 230. Diss. [masch.] Wien 1975, S. 155. 239 f.; Zsigmond (1987) Kat. Nr. Zs. 30, S. 45; Karel Stejskal / Petr Voit: Iluminované rukopisy doby husitské [Illuminierte Handschriften der Hussitenzeit] (Ausstellung Prag, Nationalbibliothek 1990). Prag 1991, Kat. Nr. 66, S. 69 f., Abb. 102 (24v); Konrad (1997) S. 116–120; Buchmalerei im Bodenseeraum (1997) S. 302, Kat. Nr. KO 57 (Bernd Konrad) mit Abb. (14v); Buck (1998) S. 70–74, Abb. 2 (5r); Thomas Martin Buck: Die ehemals St. Petersburger Richental-Handschrift (heute: Prag, Cod. VII A 18). Text und Ikonographie. Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 56 (2000), S. 593–602; Wacker (2002) S. 235–242. 249 f., S. XI f., Abb. 10. 15. 46. 55. 59. 63. 75. 77. 91. 103. 127. 145 (26v–27r, 28r, 18v–19r, 21r, 30v, 28v, 34v–35v, 25v, 10r, 17v, 12r, 24v–25r, sämtlich nach dem Faksimile); Buck (2004) S. 411–443; Konrad (2005) o. S., Kat. Nr. 12 mit Farbabb. (28v, Ausschnitt); Splendor of the Word (2005) S. 131 f. (Jeffrey Hamburger).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Taf. XXVb: 3v. Papst Johann XXIII. berät in Lodi über einen Konzilsort.

Abb. 194: 15r. Bischof von Mainz vor dem König / Erhebung Adolfs II. von Kleve zum Herzog.

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Taf. XXVb.