KdiH

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26B.1.3. Konstanz, Rosgartenmuseum, Hs. 1

Bearbeitet von Kristina Domanski

KdiH-Band 3

Datierung:

Um 1464.

Lokalisierung:

Konstanz.

Besitzgeschichte:

Spätestens seit Anfang des 16. Jahrhunderts in städtischem Besitz.

Inhalt:
1. Iv + 1r–150r Ulrich Richental, ›Chronik des Konstanzer Konzils‹

Handschrift K

Iv Psalm, 1r–129v Text- und Bildteil, 130r–150r Wappenteil; 150v–159v leer

2. 160ra–225va Anhang mit Urkundenabschriften zum Konzil in Basel für die Jahre bis 1438
I. Kodikologische Beschreibung:

Papier, [II] + 225 + [I] Blätter, darunter einige leere Seiten (86r, 104v, 105r, 106v, 116v, 117r, 134v, 150v–159v), Foliierung mit schwarzer Tinte rechts oben bis Blatt 150, danach Bleistiftfoliierung), 390 × 290 mm, gotische Kursive, im Chronikteil (1r–150r) ein (Kautzsch [1894b] S. 448) oder zwei Schreiber (Konrad [1993] S. 96, zur Diskussion um die Schreiber vgl. ders. in: Buchmalerei im Bodenseeraum [1997] S. 290), einspaltig, 40–48 Zeilen, rote, blaue oder grüne, zwei- bis dreizeilige Initialen an den Abschnittsanfängen, Rubrizierung; die Urkundenabschriften (160r–225v) von Johann Rastetter (225va: Deo / laus 1465 Johannem Rastettern), zweispaltig, bis zu 59 Zeilen, zwei- dreizeilige Initialen in Rot, Rubrizierung ausgeführt bis Blatt 174r und 224r–v.

Schreibsprache:

alemannisch (Bodensee).

II. Bildausstattung:

105 Seiten mit kolorierten Federzeichnungen als Textillustrationen (5r, 5v–6r, 6v, 9r, 9v, 11r–12v, 13r, 15r, 15v–16r, 19v–20r, 20v–21r, 23r, 24r–25r, 32v–33r, 33v–34r, 34v, 36v–37r, 37v–38r, 38v–39r, 41v, 42r, 46v–47r, 47v, 49v–53v, 57v, 58r, 59v, 61v–62r, 66v–67r, 70r, 70v, 73v–75r, 75v–76r, 76v, 77r, 77v, 78r, 80r, 81v, 82v, 86v–87r, 91r, 91v–92r, 92v–93r, 93v–94r, 94v–95r, 95v–96r, 96v–97r, 97v, 98r, 98v, 99r, 99v–100r, 100v, 101r, 101v, 102r, 102v–103r, 103v–104r, 105v–106r, 120r, 120v–121r, 121v–122r), zudem zehn Wappen im Text (2r, 2v, 3r Wappen der sieben Kurfürsten, 13v drei Wappen der Bürgermeister von Konstanz), sowie drei jeweils mehrseitige Wappentafeln (84v–85v: 33 Wappen der Kardinäle beim Konklave, 88r–89v 30 Wappen der Vertreter der Nationen beim Konklave, 110v–116r 177 Wappen geistlicher Konzilsteilnehmer), an den Text anschließend ein vermutlich noch umfangreicher geplanter Wappenteil (130r–150r) mit 572 Wappen, einige der Wappen nicht vollständig ausgeführt. An der Ausführung der Textillustrationen waren mindesten drei, möglicherweise sogar fünf Hände einer Werkstatt beteiligt (siehe unten zur Bildausführung).

Format und Anordnung:

Die meist ganzseitigen Federzeichnungen sind häufig als Doppelseiten konzipiert (5v–6r, 15v–16r, 19v–20r, 20v–21r, 24r–25r, 32v–33r, 33v–34r, 36v–37r, 37v–38r, 38v–39r, 66v–67r, 86v–87r, 91v–92r, 92v–93r, 93v–94r, 94v–95r, 95v–96r, 96v–97r, 99v–100r, 102v–103r, 103v–104r, 105v–106r, 120v–121r, 121v–122r) oder schließen sich zu mehrseitigen Bildfolgen zusammen wie zum Beispiel beim Einzug des Papstes in Konstanz (11r–12v) oder bei der Fronleichnamsprozession (49v–53r), die sich über neun Bildseiten erstreckt. Zuweilen sind die Bildseiten in zwei Register (z. B. 57v, 58r) untergliedert, bei Prozessionen und Umzügen auch in vier Register (11r, 11v, 50r–51v). Die Unterteilung in Register wird aber nicht in jedem Fall durch eine Linie verdeutlicht, so etwa beim Begräbnis des Kardinals Landulf von Bari (61v–62r). Bei doppelseitigen Illustrationen werden die Bildfelder im vorderen Teil, d. h. bis 58r, wo ein Händewechsel stattfindet, einzeln mit einfacher Linie gerahmt (z. B. 32v–33r, 33v–34r, 38v–39r). Darstellungen von geringerem als ganzseitigem Format blieben meist ungerahmt (z. B. 9r, 15r, 23r, 42r, 59v, 70r). Auch die Illustrationen des zweiten Teils (ab 59v) weitgehend ungerahmt, allerdings werden die Darstellungen zu den Papstweihen (97v–102r) und zum griechisch-orthodoxen Gottesdienst (120r–122r) mit Architekturrahmen wie Rundbögen, Arkaden oder gotischen Eselsrücken versehen.

Bildaufbau und -ausführung:

Die sorgfältig von mehreren Händen ausgeführten Federzeichnungen zeichnen sich durch ein bemerkenswertes Streben nach lebhaftem Realismus aus, der sich in der gelungen wiedergegebenen Dynamik von Bewegungen (Reitergruppen 73v und 75v), den komplexen Raumgefügen (86v, 87r) mit detailliert geschilderten Architekturen (98v, 102r, 106r) sowie den differenzierten Gesten und Physiognomien ausdrückt, für die die unmittelbare Kenntnis niederländischer Werke der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts anzunehmen ist (Fischel [1959] S. 321–337).

Kautzsch (1894b, S. 481 f.) unterschied zunächst zwei Zeichner, 1: 5r–58r, 2: 59v bis Ende, wobei eine dritte Hand die ersten Zeichnungen teilweise überarbeitet habe. Dieser Unterscheidung zweier Haupthände entspricht der Einsatz der Kolorierung: Im ersten Teil ist die Abfolge mehrerer Arbeitsschritte zu beobachten, die für die Herstellung in einer Werkstatt sprechen. Auf eine (nicht mehr erkennbare) Vorzeichnung folgte eine erste Phase der Kolorierung mit stark verdünnten Farben in Braun-, Rosa- und gelblichen Tönen, mit der die Kontur flächendeckend ausgefüllt und auf eine gleichmäßige Verteilung der verschiedenen Farbwerte über die Bildfläche geachtet wurde. Nach der differenzierten Ausarbeitung der Zeichnung mit schwarzer, zeitweilig sehr dünner Feder erfolgte die Kolorierung mit den Farben Grün und Blau, die weniger stark verdünnt, oftmals nur für verschattete Partien eingesetzt, vielfach Papiergrund als lichte Stellen freilassen. Nur sehr sporadisch kam als letzter Schritt der Blauton nochmals deckend für Ornamente auf Gewändern oder Zaumzeug zum Einsatz. Im zweiten Teil der Handschrift sind die einzelnen Arbeitsphasen weniger deutlich voneinander abzugrenzen, die lavierten Farbtöne werden seltener für Gewänder verwendet, das Grün wird deckender und konturfüllend eingesetzt, die Farbpalette zuweilen um ein leuchtendes Rot erweitert. Die Federzeichnung des zweiten Teils kennzeichnet dabei durchgehend ein kräftiger Duktus und der ausgiebige Einsatz kurzer gebogener Striche für die Ausgestaltung der Binnenzeichnung.

Die Zahl der beteiligten Hände ist in der Nachfolge Rudolf Kautzschs weiter differenziert worden: Fischel (1964, S. 48 f.) ordnet bereits die Zeichnungen zur Hinrichtung des Jan Hus einer eigenen, etwas schwächeren Hand zu (57v–58r), Konrad (1993, S. 99 f.) unterscheidet hingegen insgesamt mindestens vier, eventuell sogar fünf Hände: 1. 5r–53v, 2. 57v–58r, 3. 59v–70r und 4. 70v–122r, letztere möglicherweise in zwei Hände zu unterscheiden (70v–106r und 120r–122r). Die Unterscheidung der Zeichner beruht dabei in erster Linie auf ihrer Handhabung von Schattierungen und der Ausarbeitung der Gesichter, wobei die vierte Hand außer durch ihre vielfältigen Schraffuren in dichten Strich- und Kreuzlagen oder auch in parallelen Bögen auch durch die Beweglichkeit der Figuren auffällt. In der älteren kunsthistorischen Forschung wurden die Federzeichnungen, insbesondere die qualitätvollen Zeichnungen des zweiten Teils auch mit dem sogenannten »Hausbuchmeister« in Verbindung gebracht (Dürkop [1932] S. 85–88), während zuletzt Konrad (1993, S. 102 f.) den vierten Zeichner der Werkstatt der Malerfamilie Murer in Konstanz zuordnete.

Bildthemen:

Der Bilderzyklus der Konstanzer Handschrift gehört zu den umfangreichsten, obgleich die einem Hinweis im Text zufolge geplanten Illustrationen zu den päpstlichen Pfründenverleihungen (110r) nicht einmal ausgeführt wurden (vergleichende Bildthementabellen bei Kautzsch [1894] S. 492–495, Wacker [2002] Anhang I; Buck [2004] S. 438–443; Auflistung der dargestellten Themen bei Wacker [2002] S. VIII).

Der Untersuchung Gisela Wackers (2002, S. 235–246) zufolge teilt das Konstanzer Bildprogramm mit der ehemals St. Petersburger und der Wiener Handschrift (Nr. 26B.1.5. und Nr. 26B.1.8.) eine konziliaristische Grundtendenz, die mit deutlicher Sympathie für Jan Hus und die Reformbestrebungen sowie einer kritischen Haltung gegenüber der imperialen Repräsentation der päpstlichen Kurie einhergehe. Dies komme einerseits durch die ikonographischen Parallelen der Illustrationen zum Prozeß gegen Jan Hus mit Darstellungen der Passion Christi, andererseits in der Gegenüberstellung der Demutsgesten des Königs mit der Prachtentfaltung des Papstes zum Ausdruck. Die verstärkte Berücksichtigung des profanen Geschehens und der Würdenträger des Reiches, das geringe Interesse für die geistlichen Ränge im Verbund mit der heraldischen Kennzeichnung des städtischen Patriziats und Adels verweise auf weltliche Adressaten. Aufgrund des ins Höfische gewendeten Stils des vierten Zeichners und des verstärkten Porträtcharakters bei der Wiedergabe König Sigismunds, Oswalds von Wolkenstein und anderer Persönlichkeiten hält sie eine Umorientierung der Auftraggeberschaft, der von patrizischen Bürgern politisch und geistig dominierten Stadt Konstanz, für möglich.

Farben:

Hauptsächlich Grün als Deckfarbe verwendet, Blau und Braunrosa, laviert aufgetragen, verschattete Partien in den Gesichtern laviert, wenig Gelb.

Faksimile:

German Wolf: Chronik des Conzils zu Costanz von Ulrich Richental, 1414–1418, in photographischen Wiedergaben. Stuttgart 1869; Ulrich Richental. Das Konzil zu Konstanz 1414–1418. Hrsg. von Otto Feger. Starnberg / Konstanz 1964 (Bl. I, 1r–150v) [neu erschienen 2002/2003 als interaktive CD, hrsg. von der Stadt Konstanz, mit einem Kommentar von Bernd Konrad]; Ulrich Richental. Chronik des Konstanzer Konzils. Hrsg. von Hermann Matzke. Konstanz 1965; Ulrich Richental. Chronik des Konstanzer Konzils 1414–1418. Hrsg. von Michael Müller. Konstanz 1984 (Bl. I, 1r–150v).

Literatur:

(Auswahl): Konrad (1993) S. 96–103, Abb. S. 97. 98. 100–102 (24v, 58r, 59v, 103r, 97v). – Pregitzer (1700) S. 8–9; Johann Marmor: Nachrichten über Ulrich von Richental. Correspondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Alterthumsvereine 13 (1865), S. 52–53; Franz Xaver Kraus: Die Kunstdenkmäler des Grossherzogtums Baden. Bd. 1: Die Kunstdenkmäler der Kreises Konstanz. Freiburg 1887, S. 281; Ruppert (1891) S. VIII; Kautzsch (1894b) S. 448 f. 457–461. 481–483; Johannes Dürkop: Der Meister des Hausbuches. Oberrheinische Kunst. Jahrbuch der oberrheinischen Museen 5 (1932), S. 83–160, bes. S. 85–88, Abb. 3 (74v–75r); Stange IV (1951) S. 12–14, Abb. 7. 9. 10 (9r, 59v, 25r); Fischel (1959) S. 321–337, Taf. 1. 4. 7. 8. 9 (74v–75r, 73v, 11v, 23r, 24v–25r); Fischel (1964) S. 37–55; Albert Knoepfli: Kunstgeschichte des Bodenseeraums. Bd. 2: Vom späten 14. bis zum frühen 17. Jahrhundert. Überblick. Baukunst. Sigmaringen 1969, S. 34. 44. 91. 264, Abb. 8 (75r); Zsigmond (1987) Kat. Nr. Zs. 28, S. 42 f.; Saurma-Jeltsch (1990) S. 52–56, Abb. 16–17 (121r, 73v); Andrea Löther: Rituale im Bild. Prozessionsdarstellungen bei Albrecht Dürer, Gentile Bellini und in der Konzilschronik Ulrich Richentals. In: Mundus in Imagine. Bildersprache und Lebenswelten im Mittelalter. Festgabe für Klaus Schreiner. Mit einem Geleitwort von Reinhart Koselleck. Hrsg. von Andrea Löther u. a. München 1996, S. 99–123, Abb. 3–8 (51r–53v); Konrad (1997) S. 116–120; Buchmalerei im Bodenseeraum (1997) S. 290–291, Kat. Nr. KO 44 (Bernd Konrad), Farbabb. S. 67. 117 (25r, 73v); Buck (1998) S. 52–63, Abb. 1 (9r); Wacker (2002) S. 235–246, S. VI–VIII, Abb. 2. 5. 16. 25. 26. 28. 32. 35. 61. 72. 78. 86. 90. 97. 98. 132. 138. 142. 152 (77r, 61v–62r, 25r, 102v–103r, 105v–106r, 97v, 66v–67r, 49v, 32v–33r, 24r, 5v–6r, 46v–47r, 6v, 75v–76r, 73v–74r, 74v–75r, 58r, 59v, 103v, 101v–102r); Buck (2004) S. 411–443; Konrad (2005) o. S., Kat. Nr. 7 mit Farbabb. (59v); Werner Paravicini: Das Schwert in der Krone. In: Institution und Charisma. Festschrift für Gert Melville zum 65. Geburtstag. Hrsg. von Franz J. Felten, Annette Kehnel und Stefan Weinfurter. Köln u. a. 2009, S. 279–304, Abb. 1–4 (20v, 74v, 77r, 74v).

Weitere Materialien im Internet:

Handschriftencensus

Farbabbildungen (Wikimedia Commons): 6r, 23r

Abb. 192: 92v/93r. Einzug ins Konklave.

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Abb. 192.